Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe

Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe (The Bird with the Crystal Plumage / L‘ uccello dalle piume di cristallo) ist das Giallo-Erstlingswerk von Dario Argento (Opera) und erschien vor einiger Zeit erneut bei Koch Media im Mediabook mit dem hübschen Motiv (siehe unten), ist ansonsten aber inhaltsgleich mit dem vorherigen.

Der Film handelt von dem US-Schriftsteller Sam (Tony Musante), der eigentlich schon seine Abreise aus Rom geplant hat, aber eines Abends Zeuge eines Mordes wird. Eine vermummte Person scheint in einer Kunstgalerie auf eine Frau einzustechen. Er kann die Frau durch sein Herbeieilen retten. Die Polizei ermittelt, nachdem der Kommissar (Enrico Maria Salerno) erst Sam selbst verdächtigt hatte, nun gegen einen Serienmörder, denn der Vorfall war und ist nicht der einzige dieser Art. Er selbst stochert auch rum, denn es lässt ihn nicht los, woran er sich eigentlich erinnern könnte. Seine Freundin (Suzy Kendall) und er selbst werden dadurch auch zur Zielscheibe. Als er und die Polizei mehr und mehr Puzzleteile zusammensetzen können, zieht sich die Schlinge enger. Doch erst als er sich vollends an das Gesehene erinnern kann, ergibt sich Klarheit, und da müssen erst wieder Menschen sterben….

Der Film wurde von seinem Vater Salvatore produziert, glänzt mit einem eingängigen Score von Ennio Morricone, und gilt unter Fans als einer der herausragendsten Gialli. Das liegt vor allem an der gekonnten Implementierung der klassischen Eigenschaften des Genres, die Argento hier schon früh zum Aushängeschild machte. Vermummte Killer, verworrene Stories, kreischende Frauen, blitzende Messer, machtlose Polizei, etwas Mystery, hier stimmt alles ziemlich gut. Der Rahmen für das Genre war damit abgesteckt. Ähnlich des Italowestern wurden dan in den nächsten Jahren so viele Gialli produziert, bis dem Genre die Stories ausgingen.

Dabei scheint zuerst das Setting unüblich, ich hatte mich sogar irgendwie an High Noon erinnert, denn der von Musante gespielte Protagonist ist eigentlich auf dem Sprung, die Stadt zu verlassen. Es ist als ob die Uhr tickt, doch irgendwas hält ihn hier, nämlich das Verlangen dieses Verbrechen zu lösen, dass er aus irgend einem Grund mit ansehen musste. Ich hab diesen Aspekt noch in keiner Kritik des Films gelesen, aber mir erscheint das nicht unwesentlich. Denn damit ist der Protagonist ein völlig anderer von der Motivation her als ein direkt betroffener, oder einer dessen Job es ist (der Ermittler), oder jemand der von Anfang an ins Opferschema passt. Tony Musante (Die Gefürchteten Zwei) hat an seiner Seite einige recht gute Schauspieler, und so finde ich ist man als Zuschauer relativ schnell in der Giallo-Welt zuhause und fühlt mit dieser Hetzjagd mit. Überhaupt finde ich hat der Film einen gewissen Rythmus, eine Dringlichkeit, die manchen Gialli oftmals fehlt, da sie eine Spur zu ruhig sind. Dass man irgendwie noch Mario Adorf mit drin hatte, erscheint ein wenig konstruiert, wie so oft damals, wohl um die Deutschenquote aufrecht zu erhalten und den Film in der BRD besser zu verkaufen.

Es ist erst der zweite film von Vittorio Storaro (Footsteps on the Moon), dessen Stilmittel man hier zwar noch nicht so deutlich sieht, aber das Gespür für Farben und Kontraste kommt hier schon außerordentlich gut zum Einsatz. Was muss der Film damals für Gefühle ausgelöst haben? Er fängt ja schon sehr unüblich an, spielt mit den Vermutungen des Zuschauers, bietet einige brutale Momente, und vermischt ein Gefühl von Hilflosigkeit mit dem des Voyeurismus. Aus heutiger Sicht ist diese immer wiederkehrende viel zu einfache Begründung von Serienkillern aufgrund von irgendwelcher Psychotraumata natürlich todlangweilig, damals hat das die Menschen aber beschäftigt. Die Welt war im Aufschwung, allen ging es gut. Bedroht war man nur von russischen Atomraketen oder RAF Terroristen. Man sollte daher bei Filmen wie diesem auch immer den Kontext der Zeit im Hinterkopf behalten, und dafür ist es ein absolut außerordentlicher Film.

Die BluRay lässt zu Beginn zwischen der Originalfassung (die ich guckte) und der Deutschen Fassung wählen. Ich verstehe immer nicht warum man das nicht ins Hauptmenü packen kann, aber so ist das halt wohl. An Tonspuren kann man die deutsche Synchro, die italienische oder die englische wählen. Optionale deutsche Untertitel sind dabei, englische nur bei einigen Szenen. Ich finde qualitativ sind die alle nicht so ganz toll, auch vom Klang her. Aber am angenehmsten klingt eigentlich noch die Englische Version, finde ich. Man hat die Qual der Wahl. Das Bild ist gut, aber haute mich nicht vom Hocker, dafür erscheint es nicht hochaufgelöst genug. Wer es perfekt will, importiert wohl demnächst doch die Arrow BluRay, die nochmal eine neue Abtastung erfuhr. Die Farben sin auf der Koch Scheibe etwas unecht wirkend, teilweise blass, und es fehlt etwas an Kontrast, gerade die Szenen im Dunkeln sind deshalb schwer erkennbar, das ist ein echter Makel.

An Extras gibt es einen wie gewohnt erstklassigen Audiokommentar von Marcus Stiglegger, sowie einen deutschen, italienischen, und englischen Trailer, außerdem zwei TV Spots und eine Bildergalerie. Mehr Bonusmaterial gibts auf der Bonus-Disc: das Featurette „Schwarze Handschuhe“ ist 32min lang und besteht aus einem Monolog von Fabio Melelli dem Filmhistoriker, in dem man unter anderem – sofern man das nicht wusste – erfährt, dass Enrico Maria Salerno die italienische Synchronstimme von Clint Eastwood war. Dann gibt es noch einige Interviews. Mario Adorf (29min) führt ein wenig durch seine Karriere im italienischen Kino. Eva Renzi (11min) erinnert sich wie sie an diesen Film geraten ist. Ennio Morricone (7min) wie er anfing mit seinem damaligen Nachbarn an Gialli zu arbeiten. Vittorio Storaro (10min), der ja auch noch an weiteren Gialli gearbeitet hat, erzählt von seiner stilprägenden Mitarbeit an dem Film. Dario Argento selbst (17min) gibt letztlich die detailliertesten Einblicke. Bis auf das Adorf Interview sind die alle Englisch oder untertitelt und stammen von älteren ausländischen DVDs. Eine sehr wertvolle Zusammenstellung die viel Hintergrund vermittelt.

Das Booklet hat hinten die Unterschrift von Dario Argento abgedruckt und bietet etwa 6 Seiten Text von Hans Langsteiner mit einigen interessanten Hintergrundinfos zum Film sowie einiges an Bildmaterial. Das Booklet ist hier nicht im Mediabook eingeklebt, und das ist gut so.

Schnell zugreifen, den Preisen bei Amazon zu Folge scheint sich auch diese Auflage nun dem Ende zuzuneigen. Wer es etwas knackiger mag, und keine dt. Sprachoption braucht, greift zur angekündigten 4K-Restauration die es in einer gigantischen Box bei Arrow zu erstehen gibt (Amazon UK). Viel Spaß!

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Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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