Mad Circus – Balada Triste de Trompeta

Alex de la Iglesia, bekannt für solche Exploitationfilme wie Perdita Durango oder El dia de la Bestia legte mit Mad Circus oder im Original Balada triste de trompeta 2010 sein in meinen Augen bisher bestes Werk ab. Eine Geschichte um den Kampf um eine Frau, angelegt im Spanien der Bürgerkriegszeit und inszeniert mit viel Übertreibung und Chaos, aber so kennt man de la Iglesia ja auch.

Ein wenig außergewöhnlicher ist der Zeitraum, in dem die Geschichte angesiedelt ist. Vom Bürgerkrieg in den 30er Jahren bis zu den späten Jahren der Franco Diktatur zieht sich die Story. Außergewöhnlich ist das nicht nur, weil der Regisseur bisher noch keinen historischen Stoff angefasst hat, sondern auch weil das Thema in ganz Spanien noch recht heikel ist. Der Film kann daher auch gerne als ein Aufräumen mit historischer Altlast in der spanischen Gesellschaft gesehen werden. Dass dies bei so einem Regisseur nicht ruhig, sanft und friedlich vonstatten gehen kann, kann man sich vorstellen.

Mad Circus

Wie schon gerade erwähnt setzt die Story mitten im spanischen Bürgerkrieg an. Eine Zirkustruppe wird gezwungen sich an den Auseinandersetzungen zu beteiligen. Das Geschehen wird vor allem aus Sicht eines Clowns gezeigt, der sich, mit einer Machete bewaffnet, durch die gegnerischen Reihen kämpft. Er findet schließlich einen tragischen Tod. Jahre später sehen wir seinen Sohn Javier (Carlos Areces), der in die Fußstapfen seines Vaters treten möchte, der aber nur das Potential hat einen traurigen Clown (payaso triste) darzustellen. Diese können nur lustig sein, wenn sie vom lustigen Clown einen übergezogen bekommen. Der lustige Clown (Antonio de la Torre) ist hinter seiner Fassade aber gar nicht so lustig, eher wahnsinnig und jähzornig. Ausgerechnet in dessen Freundin die Seilakrobatin Natalia (Carolina Bang) muss sich Javier schließlich verlieben. Was folgt ist eine verbitterte Sinnsuche der Clowns und vor allem ein blutiger und chaotischer Kampf um die Liebe einer Frau.

Mad Circus

Das Besondere an dem Film ist, dass er so viel Genres in sich vereint, so viel auf einmal zeigt und doch nur die eine Motivation hinter allem steckt: die Liebe. Wie schon erwähnt bedient der Film auf jeden Fall den Historienfilm, aber auch Elemente eines Liebesfilms. Außerdem gibt es immer mal wieder Einschübe von schwarzem Humor und Splatterszenen. Das Ganze ist verpackt in einem Action-Melodram, das mit Bombast und überdrehter Opulenz aufzuwarten weiß. Wie es sich für einen Exploitationsfilm gehört dürfen die Gewalt- und Sexszenen natürlich nicht fehlen. Irgendwann könnte einem das auch zu viel werden, denn die Kamera ist in ständiger Bewegung, der Soundtrack hämmert auf den Zuschauer ein, doch am Ende ist es genau das, was den Film ausmacht und charakterisiert, quasi der Reiz des Films.

Mad Circus

Der Charakter des Javier ist dabei extrem facettenreich und daher ideal für diesen Film. Er ist am Anfang ruhig, schüchtern und melancholisch, was natürlich durch seine Familiengeschichte bedingt ist. Später dann verfällt er dem absoluten Wahnsinn und macht sich seine Clownsmaske mal einfach ganz ohne Schminke (mehr soll hier nicht verraten werden). Er verfällt dem Wahnsinn, weil ein Krieg zwischen ihm und seinem Clownskollegen ausgebrochen ist. Ein Krieg um die Liebe einer Frau. Diese Art von Krieg aber, so suggeriert es de la Iglesia hier, unterscheidet sich nicht zu anderen Kriegen. Es ist also kein Zufall, dass seine Geschichte zur Franco-Zeit spielt. Er rechnet mit dem Krieg ab, der damals stattgefunden hat, eine Sache die noch nicht allzu oft in Spanien gemacht wurde, er füllt hier also eine lang ersehnte Lücke. Er macht dies nur nicht im Großen, sondern im Mikrokosmos einer Zirkuswelt, die fast als eine Fantasiewelt angesehen werden kann.

Mad Circus

Clowns passen natürlich hervorragend zu dem Stil des Regisseurs: eigentlich harmlos und dazu gedacht Kinder zum Lachen zu bringen, wurden Sie dann irgendwann zum grotesken Symbol des Bösen (Joker aus Batman oder Pennywise aus „Es“). Was die Clowns aber in diesem Film noch vervollständigt, ist die hervorragende Leistung der Schauspieler. Sie leben die Figuren und schaffen es den Wahnsinn in jedem Augenblick glaubhaft darzustellen. Auch Carolina Bang ist für mich eine große Entdeckung in diesem Film. Diese Frau darf gerne öfters zu sehen sein und nicht nur wegen ihres guten Aussehens.

Was nun am Ende bleibt, ist recht einfach zusammenzufassen: Eine groteske, gewalttätige, blutige, Gewaltoper, die durch den Wahnsinn ihrer Charaktere zu einem Spektakel wird, spätestens, wenn am Ende des Films am historischen und von Franco erbautem Valle-de-los-Caidos Monument, ein spektakuläres „over-the-top“ Finale stattfindet, das sich damit hervorragend in die Gesamtkomposition, die Alex de la Iglesia hier geschaffen hat, einbindet.

7,5 /10

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mad circus

Patrick

Patrick lebt und arbeitet in Berlin.

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