Come una crisalide / Symphony in Blood Red

Ein vom Tod besessener Geisteskranker tötet im Affekt seine Psychologin, die ihn wieder zurück in die Anstalt bringen wollte. Fortan „therapiert“ er sich nun selbst, in dem er seine Opfer beim Töten fotografiert und gleichzeitig seine eigenen Gedanken beim Höhepunkt der Wahnsinnstaten beschreibt… Die Opfer selbst sucht sich der Psychopath nach einem komplexen Schema aus, dessen Ursprung seine krankhafte Ablehnung der Gesellschaft und die vielfältigen Widersprüche des Lebens sind. Als er eines Tages jedoch zufällig die schöne, aber schüchterne Lisa im Park trifft, wächst im Triebtäter die Illusion, dass Reinheit und Liebe in seinem Leben wieder eine Rolle spielen könnten… (VZH)

Ähnlich wie Fatal Frames – Fotogrammi mortali (Fatal Frames – Okkulte Morde, 1996) kommt auch Symphony in Blood Red wie eine Musikvideoversion eines giallo rüber. Aufgrund dessen liegt der Schwerpunkt des Streifens auf murder-set-pieces, während sich die Handlung vollkommen zufällig gestaltet. Der Film beginnt mit einem Zitat aus Dario Argentos Klassiker Tenebrae von 1982 („Sein innerer Drang wurde immer größer. Es gab nur eine Antwort auf die Wut, die ihn quälte.“) und entfaltet sich als eine Art Hommage an die Filme des Meisters des giallo. Zur technischen Crew gehören sogar solche Argento-Veteranen wie Komponist Claudio Simonetti und Spezialeffektkünstler Sergio Stivaletti. Unter so viel Betonung auf Ehrerbietung hat die Originalität natürlich ziemlich zu leiden, was einen der größten Stolpersteine des Films bedeutet. Regisseur Luigi Pastore hat sich die Geschichte selbst ausgedacht, doch das endgültige Drehbuch wurde in Zusammenarbeit mit Antonio Tentori verfasst.

Tentori wurde 1960 in Rom geboren und arbeitete zunächst als Romanautor, tauchte jedoch Anfang der 90er Jahre in die Welt des italienischen Horrorkinos ein, als er an einigen von Lucio Fulcis letzten Projekten mitarbeitete. Vor allem unterstützte er den Regisseur bei der Entwicklung des Drehbuchs zu Un gatto nel cervello (Nightmare Concert, 1990), einer recht klapprigen Collage aus Clips aus verschiedenen Splatter-Filmen (einige unter Fulcis Regie, andere nicht), die auf der Idee aufbaut, dass ein berühmter Horrorregisseur (gespielt von Fulci selbst) den Bezug zur Realität verliert. Bei dem Ganzen bleibt nicht viel von einem richtigen Film übrig, doch besonders für Fulci-Fans gibt es trotzdem einige interessante Punkte zu entdecken. Tentori arbeitete später an Genrefilmen wie Sergio Stivalettis I tre volti del terrore (Die 3 Gesichter des Terrors, 2004) und Bruno Matteis L’isola dei morti viventi (Island of the Living Dead, 2006) und arbeitete mit Argento an dessen verhängnisvollem Dracula 3D (Dario Argentos Dracula, 2012) zusammen. Ein kurzer Blick auf seine Filmografie macht bereits deutlich, dass dort keines der Highlights des italienischen Horrorkinos aufgeführt ist.

Symphony in Blood Red kann daher als sinnbildlich für so viele seiner Drehbücher angesehen werden; es ist reich an Schockeffekten, wobei Logik und Charakterisierung viel zu kurz kommen. Im Wesentlichen verlagert sich der Film darauf etliche Morde zu präsentieren, was sich innerhalb des giallo-Kanons keineswegs als ungewöhnlich erweist. Mario Bavas 6 donne per l’assassino (Blutige Seide, 1964) und Ecologia del delitto (Im Blutrausch des Satans, 1971) sind gute Beispiele dafür, dass es möglich ist einen Film um kunstvoll choreografierte Bilder eines gewaltsamen Todes herum aufzubauen. Das Problem dabei: Luigi Pastore ist kein Mario Bava. Er dreht und schneidet das Material, als würde es sich um ein langes Musikvideo handeln, wobei die letzten zehn Minuten im Wesentlichen doch tatsächlich eine sinnlose Zusammenfassung der bösartigen Morde darstellen, obwohl die natürlich überhaupt keine Wiederholung nötig haben. Pastore strengt sich sehr an ein paar elegante, stilvolle Bilder zu kreieren, doch größtenteils sind seine Bemühungen als vergebens zu bezeichnen. Der Film hat die gleiche raue digitalisierte Ästhetik, die auch Darkness Surrounds Roberta (2008) geschadet hat, während der Versuch dem Publikum einen Blick in den verdrehten Geist des Mörders zu gewähren nie sehr erfolgreich ist.

Die Schauspieler versuchen unter den bescheidenen Umständen ihr Bestes zu geben, jedoch bietet sich ihnen nichts, womit sie arbeiten könnten. Pastore ist eindeutig daran interessiert möglichst viele Schockeffekte zu erzeugen, weswegen er dazu neigt alles andere zu ignorieren. Der Plot ist so lose konstruiert worden, sodass er sich einfach in Luft auflöst. Eine Nebenhandlung mit einem widerwärtigen Fernsehreporter (der den Mörder anstachelt) wird zu Ende gebracht, bevor ihr auch nur der Hauch einer Chance gegeben wird sich interessant zu gestalten. Die Opfer werden von Statisten verkörpert, die weder Mitleid noch Interesse wecken. Was den Mörder selbst betrifft, so weiß man nur, dass er unter den Händen eines grausamen Vaters (Antonio Tentori) gelitten hat und so etwas wie ein sozialer Außenseiter zu sein scheint. Allen Konventionen zuwider wird nicht einmal seine Identität preisgegeben. Diese Art von Mehrdeutigkeit funktioniert recht gut in Bob Clarks wirklich erschreckendem Black Christmas (Jessy – Die Treppe in den Tod, 1974), doch in einem uninspirierten Stück Füllmaterial wie diesem wirkt das ganze einfach nur wie Faulheit, so als ob sich die Filmemacher einfach keine Mühe machen wollten, den Film mit einem echten Abschluss zu versehen.

Luigi Pastore wurde 1974 in Taranto geboren. Als lebenslanger Horrorfan begann er mit der Produktion von Specials für Dario Argentos Filme wie La sindrome di Stendhal (Das Stendhal Syndrom, 1996) und Il fantasma dell’opera (Das Phantom der Oper, 1998). Symphony in Blood Red repräsentiert sein Regiedebüt, während er bis heute (außer Violent Shit: The Movie, 2015) praktisch keine weiteren „nennenswerte“ Projekte verwirklicht hat. Für Claudio Simonettis Gruppe Daemonia drehte er auch Musikvideos, darunter eines für deren Coverversion des ikonischen Themas von Profondo rosso (1975). 2010 gründete er das Italienische-Horror-Festival und fungierte als künstlerischer Leiter des Konzepts. Das Festival hat sich als erfolgreich erwiesen und es verschiedenen italienischen Filmemachern mit Verbindungen zum filone (darunter Argento, Lamberto Bava, Umberto Lenzi und Pupi Avati) ermöglicht für ihre Beiträge gefeiert zu werden.

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  • Seitenverhältnis: 16:9 – 1.77:1
  • Regisseur:‎ Luigi Patore
  • Medienformat: ‎PAL
  • Laufzeit: 1 Stunde und 23 Minuten
  • Darsteller: Federica Carpico, Sharon Alessandri, Antonio Tentori, Simona Oliveiro, Fabio Giovannini
  • Untertitel: ‏Englisch, Deutsch
  • Sprache: ‎Deutsch (Dolby Digital 5.1), Italienisch (Dolby Digital 5.1)
  • Studio: ‎VZ-Handelsgesellschaft mbH

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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