Das Blut der roten Python / Tian long ba bu / The Battle Wizard

Der intellektuelle Bücherwurm Yu soll endlich zum Kämpfer reifen. So zumindest, wenn es nach seinem Vater geht. Um das harte Training zu umgehen, begibt sich Yu auf die Suche nach einer mächtigen roten Python, deren Blut übermenschliche Kräfte verleiht. Auf seinem Weg muss Yu mehrere Abenteuer bestehen und sich dabei auch übermenschlichen Feinden stellen, die mit seinem Vater noch eine Rechnung zu begleichen haben.

Einige Titel rufen Staunen hervor, andere sind langweilig oder sorgen für Verwirrung, doch The Battle Wizard weckt ganz bestimmte Erwartungen an einen magisch versierten Zauberer, der seine Fähig- und Fertigkeiten im Kampf einsetzt. Sehr zur Freude des geneigten Fans ist das ziemlich genau das, was der Film abliefert (im Kontext der Darstellung von Magie innerhalb des Wuxia-Genres). Wuxia präsentiert unterschiedliche Stufen von Fantasy im Film, wobei The Battle Wizard als ein vollwertiger Fantasy-Flick bezeichnet werden kann. Sollte man auf solche Streifen stehen, so wird man kaum ein besseres Beispiel aus dieser besonderen Zeit finden können. Chor Yuens Wu du tian luo (Im Todesnetz der gelben Spinne, 1976) ist eine ähnlich gut realisierte Vision der Wuxia-Fantasy, doch Das Blut der roten Python erweist sich als sehr viel wilder und übertriebener. Liebhaber können hier das Rezept für ihren neuen Lieblings-Wuxia finden, wobei besonderer Geschmack und Toleranz für Hongkong-Effekte der späten 70er Jahre bestimmen werden, ob man den Film genießen können wird oder nicht.

Das Blut der roten Python basiert auf dem Jin Yong-Roman Demi-Gods and Semi-Devils (天龍八部), der ursprünglich von 1963 bis 1966 serialisiert wurde. Beide Werke haben denselben chinesischen Titel, der den Übersetzern im Laufe der Jahre anscheinend einige Schwierigkeiten bereitet hat, da eine alternative Übersetzung Eight Books of the Heavenly Dragon lautet. Egal wie man den Flick nun nennt, Das Blut der roten Python läuft nur sehr knappe 73 Minuten, was schon eine kleine Überraschung darstellt, da der Roman tatsächlich Jin Yongs zweitlängstes Werk repräsentiert und bei der Anzahl der Charaktere nur knapp hinter The Deer and the Cauldron liegt. Dies ist jedoch etwas irreführend, da Demi-Gods and Semi-Devils in drei separate, aber miteinander verwobene Geschichten unterteilt ist und The Battle Wizard nur versucht, die erste davon zu adaptieren. Wie bei früheren Jin Yong-Adaptionen fühlt sich The Battle Wizard eher an wie aus einem Comicheft entsprungen, als ein traditioneller Wuxia oder Chor Yuens Gu Long Filme.

Duan Zhengchun (Si Wai) ist ein Prinz des Dali-Königreichs auf den die Damen fliegen. Man sieht ihn zum ersten Mal im Bett mit Qin Hongmian (Gam Lau), die ihm mitteilt, dass sie im zweiten Monat mit seinem Kind schwanger ist. Sie bittet um seine Hilfe in dieser Angelegenheit, da ihr Ehemann seit vielen Monaten unterwegs ist und sie ihm das Baby nicht einfach anhängen kann. Während die beiden darüber diskutieren, platzt der Mann in der gelben Robe (Shut Chung-Tin), ihr Vermählter herein, entdeckt ihre Affäre und beginnt einen Kampf mit Duan. All diese Vorgänge sind für jeden Film, ob Wuxia oder nicht, ziemlich normal, doch hier kommt der Twist: Duan wehrt sich mit der alten Technik seiner Familie, der Yi-Yang-Fingertechnik. Die stellt im Grunde einen präzisen, schneidenden Laser dar, der aus Duans Zeigefinger schießt, was natürlich unglaublich ist. Der Laser schneidet dem Mann in der gelben Robe die Beine ab, der daraufhin schwört, er würde sich in 20 Jahren rächen, bevor er entkommt und Zuflucht sucht, um seine schrecklichen Wunden zu heilen. Die Geschichte wird dann 20 Jahre später wieder aufgegriffen: Duans Sohn Duan Yu (Danny Lee) ist jetzt bereits erwachsen, während sich der Mann in der gelben Robe mit ausziehbaren Metallbeinen (inklusive klauenartiger Hühnerfüße) ausgestattet hat und mit seinem Monster-Handlanger (mit Krabbenklaue) in einer feuchten, psychedelischen Höhle lebt. Wow, nur innerhalb weniger Augenblicke wird von Standard-Wuxia-Kost zum WTF-Wuxia übergegangen, worüber man sich nicht mehr freuen könnte.

Inmitten all dieser wilden Charaktere und magischen Heldentaten steht unser Held Duan Yu der Welt der Martial Arts entgegen. Er liebt das wissenschaftliche Lernen aus Büchern und sieht keinen Bedarf für das Trainieren von Kampfkünsten. Sein Vater sagt ihm, er könne ohne Kampfkunst nicht überleben, doch Duan Yu will beweisen, dass er allein mit seinem Wissen aus Büchern durch die Welt kommen kann und entflieht dem Palast seines Vaters. Auf jeden Fall repräsentiert Duan Yu einen spaßigen Charakter, der traditionelle Martial Arts Helden untergräbt. Ein Thema, das in Jin Yongs Werk immer wieder auftaucht. Sowohl The Brave Archer als auch Kung Fu Cult Master zeigen Charaktere, die auf ähnliche Weise Fähigkeiten durch nicht standardisierte Methoden erlangen. Duan Yu ist eher als ein komischer Held anzusehen, während seine Haltung den Kampfkünsten gegenüber dem Film auch eine Menge an absichtlicher Komik verleiht. Die Ungleichheit zwischen dem naiven Helden und allen Kampfzauberern ist an und für sich als recht witzig zu beschreiben. Natürlich ist auch die Campiness vorhanden, die sich für unfreiwilligen Humor verantwortlich zeichnet, doch insgesamt wurde alles im Kontext der Zeit sehr gut umgesetzt. Was die Sache noch beeindruckender macht, ist die Tatsache, dass Das Blut der roten Python nicht zur Spitzengruppe von Shaw Brothers‘ Top-Titeln mit großem Budget zu zählen ist.

Der unbändige Wahnsinn von The Battle Wizard und seine 73-minütige Laufzeit wurden bereits erwähnt und wenn man sie miteinander kombiniert, erhält man einen der vollgepacktesten Flicks in der Geschichte des Films. Dieser Streifen ist so konstant in seinem Überfall mit Wuxia-Magie, sodass man ihn für viel länger hält, als er ist. Die Verrücktheiten entfalten sich in einer Dichte, die einem kaum Zeit zum Atmen lässt, weswegen man den Film hin und wieder anhalten muss, um alles verarbeiten zu können, was gerade passiert ist. Gegen Ende macht sich das Gefühl breit, dass man schon alles und noch viel mehr gesehen hat, während Das Blut der roten Python an diesem Punkt einen weggesperrten Gorilla vorstellt, der in Kung Fu ausgebildet ist. Plötzlich scheinen der Gorilla und seine tierischen Freunde aus Jeff Laus Se diu ying hung: Dung sing sai jau (Eagle Shooting Heroes, eine komödiantische Adaption von Jin Yongs The Legend of the Condor Heroes) nicht mehr so seltsam zu sein. Anscheinend hat Jin Yong seine Geschichten eben genau so geschrieben!?

Bei all dem Wahnsinn gibt es allerdings nicht viel von echten Kampfkünsten zu bestaunen. Die bedeuten praktisch nur einen Pfeil im Köcher des Films und werden zu gleichen Teilen mit dem Rest des großen Buffets verteilt. Der Streifen wurde von demselben Team choreografiert, das sich für Chor Yuens Filme verantwortlich zeichnet – Tang Chia und Huang Pei-Chih – wenn es darauf ankommt, ist die Qualität also vorhanden, nur dass der Großteil des Fokus auf den Spezialeffekten liegt. Aus diesem Grund ist Das Blut der roten Python keinem Gelegenheitsfan oder Niemandem zu empfehlen, der nur daran interessiert ist traditionelle Kampfkünste zu bewundern. Diese blitzen zwar überall auf, doch sie werden fast immer durch etwas anderes ergänzt. Zum Beispiel tauscht Danny Lee Schläge mit dem Gorilla und dem Mann in der gelben Robe (der mit seinen ausfahrbaren Inspector-Gadget-Hähnchenschenkeln kämpft) aus. Nach Hunderten von Shaw-Filmen mit Schwertern und Fäusten als Hauptwaffen, ist dieser Flick mit magischen Lasern und anderen verschiedenen Kampfeszaubereien im Vordergrund sehr zu begrüßen.

Jede Minute von The Battle Wizard kann absolut genossen werden. Die einzige Beschwerde besteht darin, dass die Shaw Brothers dem Film keine Fortsetzungen spendiert haben! Der Roman wurde für mehrere Fernsehserien und zweimal mehr fürs Kino (1982 und 1994) adaptiert, wobei zu bezweifeln ist, dass es auch nur eine dieser Adaptionen vermag den farbenfrohen, ästhetischen und psychedelischen WTF-Spaß von Das Blut der roten Python wirklich einzufangen. Die Shaw Brother Studios haben in den späten 70ern und 80ern viele FX-fokussierte Wuxia gedreht, weswegen man diesen Film als spirituellen Vorgänger von Tian can bian (Bastard Swordsman, 1983) und anderen, ähnlichen Streifen, schätzen kann. Wahrscheinlich erklärt sich das schon ganz von alleine, doch jeder, der FX-Wuxia mag, wird Das Blut der roten Python lieben.

Die Nummer 15 der Shaw-Brothers-Collector’s-Edition ist da !!! filmArt bringt Das Blut der roten Python in Form einer Blu-ray Veröffentlichung (auf 1000 Exemplare limitiert) heraus, die wieder einmal über eine hervorragend saubere Bildqualität (2,35:1; 1080p) verfügt. Der Ton (DTS-HD Master Audio 2.0 Mono) bietet mit der deutschen (mit überarbeiteter deutscher Original Kinosynchronisation) und der kantonesischen zwei Spuren, die wirklich gut klingen. Hierfür können deutsche sowie englische Untertitel zugeschaltet werden. Als Extras beinhaltet die VÖ ein Artbook mit dem kompletten deutschen Aushangfotosatz des Films, eine Bildergalerie, eine Shaw Brothers Trailer-Show, den deutschen Kinotrailer sowie den Original- und den Promo-Trailer. Die deutsche Videofassung kann auch abgespielt werden. Ach ja, an ein Wendecover mit alternativem Covermotiv (deutsches Kinoplakat) ist ebenfalls gedacht worden. Hsueh-Li Pao bringt dem geneigten Martial-Arts-Fan mit Das Blut der roten Python einen ziemlich Comic-artigen, jedoch teilweise recht brutalen und emotional zuweilen harten Kung-Fu-Film, der auch recht düster daherkommt und es bestens versteht mit tollem Wuxia zu überzeugen. filmArt präsentiert den Film erstmals als remasterte Neuauflage und bringt ihn so in der ungeschnittenen Fassung offiziell in den deutschen Handel.

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Seitenverhältnis: 16:9 – 2.35:1
Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
Regisseur: Hsueh-Li, Pao
Medienformat:‎ Breitbild
Laufzeit:‎ 1 Stunde und 16 Minuten
Darsteller: ‎Lee, Danny, Tien Ni, Tanny, Chen-Chi, Lin, Hung, Wei, Tao, Chiang
Untertitel: ‎Deutsch, Englisch
Sprache: ‎Kantonesisch (Dolby Digital 2.0), Deutsch (Dolby Digital 2.0)
Studio: filmArt

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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