Das Grauen auf Schloss Witley / Die, Monster, Die!

Der Amerikaner Stephen (Nick Adams) besucht seine Verlobte Susan (Suzan Farmer) auf Schloss Witley, dem geheimnisumwitterten Besitz ihres Vaters (Boris Karloff) in Schottland. Dessen Frau Letitia (Freda Jackson) beschwört die beiden, das verfluchte Anwesen sofort zu verlassen. Kurz darauf mutiert sie zu einer blutigen Masse … (Wicked-Vision Media)

Die 60er Jahre (ca. 1960-65) stellten eine wirkliche Blütezeit für American-International Pictures dar, als deren Beach Party Filmreihe hohe Umsätze einbrachte und Vincent Price-Horror-Filme als prestigeträchtige Produktionen angesehen wurden. A.I.P. eröffnete eine Abteilung fürs Fernsehen und machte ihre europäischen Koproduktionen offiziell, indem sie eine Operationsbasis in England aufbaute. Die Roger Corman / Vincent Price Reihe der Edgar Allan Poe Gruselfilme erwies sich als so gut und erfolgreich, dass James Nicholson und Samuel Z. Arkoff in der zweiten Hälfte der 60er Jahre nach neuem ähnlichen Material suchten. Schließlich fanden sie in den düsteren Geschichten des legendären Horrorautors H.P. Lovecraft nach was ihnen verlangte. Roger Corman inszenierte folglich einen Film, der lose auf Lovecrafts Kurzgeschichte Der Fall Charles Dexter Ward basiert und in dem Vincent Price einen Wahnsinnigen spielt, der höllische Experimente durchführt. Typisch für ihren kommerziellen Konservatismus bekam A.I.P. allerdings kalte Füße und vermarktete den Film lieber als The Haunted Palace (Die Folterkammer des Hexenjägers, 1963) von Edgar Allan Poe.

Das Grauen auf Schloss Witley von 1965 ist daher als die zweite H.P. Lovecraft Verfilmung zu bezeichnen, die dies in seinen Kredits anerkennt. Roger Cormans Designer Daniel Haller war für den Hochglanz- / Low-Budget-Look der Poe-Serie verantwortlich gewesen und wurde hier zum Regisseur befördert. Die wirklich furchterregende und unerbittlich düstere Vorlage The Color Out of Space wurde 1927, lange bevor der Autor zur Kultfigur wurde, erstmalig in Anthologien veröffentlicht und kann zu Lovecrafts besten Geschichten gezählt werden. In A.I.P.s Adaption reist ein junger Amerikaner namens Steven Reinhart (Nick Adams, Frankenstein – Der Schrecken mit dem Affengesicht, 1965) mit dem Zug in die kleine englische Stadt Arkham, wo er auf dem Witley-Anwesen die junge Susan (Suzan Farmer, Rasputin – Der wahnsinnige Mönch, 1966) wiedertreffen möchte, die er an der Universität kennengelernt hat. Doch die Einheimischen verweigern ihm jegliche Auskunft oder Hilfe, sobald der Name Witley erwähnt wird. Also begibt er sich zu Fuß auf den Weg zum Haus und stellt fest, dass die meisten umliegenden Bäume und Pflanzen vollständig ausgetrocknet sind. Kaum angekommen, wird Reinhart vom an den Rollstuhl gebundenen Nathum Witley (Boris Karloff, Die drei Gesichter der Furcht, 1963) gebeten das Anwesen sofort wieder zu verlassen und seine Tochter zu vergessen, ansonsten drohe große Gefahr. Susan besteht jedoch auf Reinharts Bleiben, der daraufhin als Gast auf Witley-Manor aufgenommen wird. Susans bettlägerige Mutter Letitia Witley (Freda Jackson, Dracula und seine Bräute, 1960), die ihr Aussehen versteckt hält, verlangt indes von Reinhart das Haus so schnell wie möglich zu verlassen und ihre Tochter mitzunehmen. Das dunkle Geheimnis von Witley-Manor ist nämlich, dass der alte Nathum mit einem leuchtend grünen, radioaktiven Meteoriten (der in einem verschlossenen Brunnen im Keller des Hauses aufbewahrt wird) experimentiert hat, was Pflanzen zu enormer Größe wachsen lässt. Die jungen Liebenden untersuchen die seltsamen Vorgänge auf dem Anwesen und entdecken dabei nicht nur mutierte Vegetation und einige sehr seltsam mutierte Kreaturen im Gewächshaus, sondern müssen auch erkennen, dass den Bewohnern des Grundstücks ein ähnliches überirdisches Schicksal zu drohen scheint.

Vor Ort in England und vor allem in den Shepperton Studios gedreht, kommt Hallers Talent für gotische Bühnenbilder durch das opulente Interieur des Landhauses, die makabren Familienporträts, den verwahrlosten Verlies-artigen Keller und die gelungenen matte paintings hervorragend zum Ausdruck. Der Film sieht ziemlich beeindruckend aus, vor allem für Fans der britischen Gothics der 60er Jahre. Die sorgfältige Kameraarbeit und der gekonnte Einsatz von Farbe lassen den Film viel teurer erscheinen, als es das tatsächliche Budget vorschrieb. Das Grauen auf Schloss Witley mischt traditionellen Horror mit unkonventionellen Science-Fiction-Elementen, was sich vor allem in der großartigen Szene zeigt, in der Susan und Reinhart in das Gewächshaus einbrechen, um dort die riesigen Pflanzen und ein eingesperrtes Ensemble von unförmigen, unbeschreiblich mutierten Kreaturen zu entdecken.

Trotz unbeholfener Dialoge kann Das Grauen auf Schloss Witley als ein unterhaltsamer Gruselfilm bezeichnet werden, der es verdient mit A.I.P.s ähnlich gearteten Poe-Filmen verglichen zu werden. Die Laufzeit beträgt nur knapp 80 Minuten, die allerdings genau mit den Zutaten gewürzt sind, die für gute Drive-in-Horrorfilme unerlässlich sind, auch wenn mit ein paar Klischees gespielt wird. Obwohl Karloff die meiste Zeit des Films über an seinen Rollstuhl gefesselt ist, stellt er noch immer eine großartige Bildschirmpräsenz dar. Der Schauspieler war zwar nie für die Hammer Studios im Einsatz, doch dieser Film hier kommt den Hammer Filmen schon recht nahe. Nicht nur die beiden Hauptdarstellerinnen waren bereits bei Hammer zu sehen, sondern auch der mitreißende Score von Don Banks (Frankensteins Ungeheuer, 1964) wurde von einem Hammer Veteranen beigesteuert. Die Effekte wurden von Hammers Les Bowie gestaltet, während das von Hammer oft genutzte Motiv des eindrucksvollen Oakley Court die Umgebung des Witley-Hauses ersetzt. Außerdem treten noch einige bekannte Schauspieler des Hammer-Kanons, darunter Harold Goodwin aus Frankenstein sucht ein neues Opfer und Sidney Bromley aus Die Bande des Captain Clegg, als Dorfbewohner auf, während Patrick Magee (Dämonen der Seele, 1972) einen kurzen aber einprägsamen Auftritt als wenig hilfreicher Arzt hat, der die Witleys verabscheut.

Nick Adams als Hauptdarsteller scheint von Anfang an eine Fehlbesetzung gewesen zu sein, doch sein zähes Äußeres und sein starker New Jersey Akzent sorgen für einen gelungenen Kontrast zu den dumpfen englischen Dorfbewohnern, was sich auch auf seine Interaktion mit Karloff auswirkte, da die beiden Schauspieler nicht unterschiedlicher sein konnten. Regisseur Haller würde mit The Dunwich Horror aka Voodoo Child (1970) noch eine weitere psychedelische von Lovecraft inspirierte Geschichte für A.I.P. verwirklichen. Einer der letzten Filme Karloffs sollte die britische Produktion (A.I.P./Tigon) Die Hexe des Grafen Dracula von 1968 mit Christopher Lee und Barbara Steele sein.

Wicked-Vision Media veröffentlicht Das Grauen auf Schloss Witley als Nummer 19 ihrer Collector’s Edition im Mediabook (DVD + BluRay) mit drei verschiedenen Cover-Motiven, die jeweils auf 444 Stück limitiert sind. Bild (2,35:1/1080p) und Ton (deutsch + englisch DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0) bewegen sich auf gutem Niveau, da kann man sich nicht beschweren. Extras: Trailer, umfangreiche Bildergalerie, deutsche Titelsequenz, deutsche Nostalgie-Fassung (4:3), Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen & Dr. Gerd Naumann sowie ein 44-seitiges Booklet mit einem Text von Dr. Rolf Giesen und dem Original Comic zum Film. Insgesamt handelt es sich bei Das Grauen auf Schloss Witley um eine äußerst gelungene Mediabook-Edition, die bei Liebhabern und Freunden von SciFi-Horrorfilmen bzw. H.P. Lovecraft Verfilmungen enorm gut ankommen sollte und in keiner gut sortierten Sammlung fehlen darf.

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Darsteller: Boris Karloff, Nick Adams, Suzan Farmer
Regisseur(e): Daniel Haller
Format: Breitbild
Untertitel: Deutsch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Wicked-Vision Media
Produktionsjahr: 1965
Spieldauer: 80 Minuten

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Die screenshots wurden von der DVD aufgenommen !!!

Diese Edition wurde uns freundlicherweise von Wicked-Vision Media zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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