Das Rätsel des silbernen Halbmonds / Sette orchidee macchiate di rosso / Seven Blood-Stained Orchids

Eine bizarre Mordserie, bei welcher der Mörder stets nur eine Kette mit einem silbernen Halbmond am Tatort hinterlässt, versetzt ganz Rom in Angst und Schrecken. Auch die frisch verheiratete Giulia (Uschi Glas) gerät scheinbar zufällig ins Visier des Killers und überlebt seinen Angriff nur denkbar knapp. Zusammen mit ihrem Ehemann (Antonio Sabato) beschließt sie daraufhin, selbst auf die Suche nach dem Täter zu gehen. So kommt die junge Frau einem dunklen Geheimnis auf die Spur, das nicht nur sie erneut in Lebensgefahr bringt. (Koch Media)

In den 70er Jahren steckte Umberto Lenzi viel Energie in den poliziotto, einen separaten filone des italienischen volkstümlichen Kinos, für den der Regisseur ein gutes Händchen bewies. Der bombastische Ansatz und die mangelnde Subtilität der poliziotteschi entsprachen Lenzis stumpfer Ästhetik beinahe perfekt, weswegen er einige der besten Exemplare des filone abliefern sollte. Dem giallo blieb er jedoch weiterhin treu, obwohl seine Filme mit der Zeit etwas an Qualität verlieren würden. Das Rätsel des silbernen Halbmonds stellt seinen letzten wirklich bemerkenswerten Beitrag zum giallo dar. Der Film schließt an die antiklerikale Atmosphäre an, die in gialli wie Lucio Fulcis Non si sevizia un paperino (Don’t Torture a Duckling) und Aldo Lados Chi l’ha vista morire? (The Child – Die Stadt wird zum Alptraum, beide 1972) kreiert wurde. Allerdings ist der Streifen weniger zweideutig und nicht so leidenschaftlich in Szene gesetzt worden, wie der Fulci-Film, welcher viel tiefer in das Thema eintaucht. Lenzi lenkte den Fokus nicht auf die heilige Kuh der katholischen Kirche, sondern auf die Lutheraner, was in Italien weniger Kontroversen auslöste. Seine Taktik ging auf, denn der Film hatte weder einen öffentlichen Aufruhr zur Folge, wie Duckling, noch wurde sich in die Post-Produktion eingemischt, wie es bei Lados Film der Fall gewesen war.

Womit Sette orchidee macchiate di rosso wirklich punkten kann, liegt in der Boshaftigkeit seiner Mordszenen. Lenzi stellt die Wut und den Hass des Mörders recht eindringlich dar, indem verschiedene Charaktere brutal erschlagen, erwürgt, ertränkt und sogar mit Elektrowerkzeugen ermordet werden. Die letztere Szene sollte in Brian De Palmas Body Double (Der Tod kommt zweimal, 1984) mit noch schockierenderen Effekten Re-inszeniert werden, wobei Lenzi immer wieder darauf hinweist, dass er die Idee zuerst hatte, wenn das Thema in Interviews angeschnitten wird. Die Identität des Killers ist ein wenig zu transparent, wobei seine Motivation und die Art und Weise, wie er operiert, die Glaubwürdigkeit zusätzlich strapazieren. Der Plot repräsentiert übrigens eine nicht autorisierte Adaption von Cornell Woolrichs Roman Rendezvous in Black. Das grundlegende Konzept eines versehentlichen Todes, der zu einer Serie von Rachemorden führt, war jedoch so ziemlich das einzige, was Lenzi aus der Vorlage übernahm, wie er in Interviews zu berichten weiß. Die Produktionswerte sind qualitativ recht hoch einzustufen, wodurch der Film glatter aussieht als Lenzis vorheriger giallo, Il coltello di ghiaccio (Knife of Ice, 1972). Die Kameraarbeit von Angelo Lotti gestaltet sich farbenfroh und angemessen temperamentvoll, während die Gore-Effekte gut geraten sind. Riz Ortolanis Soundtrack erinnert stark an einige seiner früheren Beiträge, darunter Così dolce… così perversa (So Sweet … So Perverse) und Una sull’altra (Nackt über Leichen, beide 1969).

Umberto Lenzis Regieführung ist genauso geschmeidig wie professionell. Er legt hier nicht so viel Wert auf comicartig übertriebene Zoom-Einstellungen, wie üblich und versteht es die subjektive Kameraarbeit während der Mordsequenzen effektiv zum Einsatz zu bringen. Er entwirft auch einige denkwürdige Bilder, vor allem nach dem Mord an Marina Malfatti, als ihre nackten Brüste mit roter und schwarzer Farbe überzogen werden, die aus umgestürzten Dosen auf dem Regal über ihrem Körper herunter tropft. Das Tempo des Streifens ist angenehm flott, wobei die Besetzung von einem gelangweilt wirkenden Antonio Sabàto angeführt wird, der seinen Charakter nicht zu den überzeugendsten Protagonisten werden lässt, glücklicherweise jedoch von Giallo-Veteranen wie Rossella Falk, Marisa Mell, Renato Romano und Pier Paolo Capponi unterstützt wird. Die Rolle der gefährdeten Giulia wird von Uschi Glas übernommen, die den Film von den deutschen Koproduzenten auferlegt bekam; die Das Rätsel des silbernen Halbmonds in Deutschland innerhalb der Edgar Wallace Krimi-Reihe vermarkteten. Glas erwies sich als Glücksgriff für Lenzi, der sich gerne daran erinnert, mit ihr zusammengearbeitet zu haben, wie man einem Interview der Koch Media Veröffentlichung des Films entnehmen kann. Uschi Glas hingegen, fühlte sich am Set wohl nicht besonders wohl, da sie u.a. vom Regisseur gemobbt wurde (was auch in einem Interview der o.g. VÖ zum Ausdruck kommt). Ihrem Charakter verleiht sie aber dennoch eine sympathisch couragierte und belastbare Qualität. Selbstverständlich kennt man sie aus früheren Krimifilmen der Edgar Wallace Reihe, wie zum Beispiel Der unheimliche Mönch (1965) oder Der Mönch mit der Peitsche (1967), doch The Seven Bloodstained Orchids würde ihr einziger Giallo-Ausflug bleiben. In klein(st)en Nebenrollen sind Petra Schürmann, Bruno Corazzari und Nello Pazzafini zu sehen.

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Darsteller: Uschi Glas, Antonio Sabato, Petra Schürmann
Regisseur(e): Umberto Lenzi
Sprache: Italienisch (PCM2 .0), Deutsch (PCM2 .0), Englisch (PCM2 .0)
Untertitel: Deutsch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Koch Media GmbH – DVD
Produktionsjahr: 1972
Spieldauer: 92 Minuten

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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