Zombie – Dawn of the Dead

Dawn of the Dead

Es gibt irgendwelche Zombiefilme, und es gibt Zombiefilme. Dawn of the Dead gehört zu zweiterer Kategorie, von denen er wiederum der Kategorie „der Zombiefilm“ zuzurechnen ist. Subspezies Kultfilm, Attribut Meilenstein, weitere Adjektive: richtungsweisend, einflussreich, legendär und (bis vor einiger Zeit) indiziert. Aber ist er gut gealtert, heutenoch relevant und unterhaltsam?

Nachdem Dawn of the Dead in seiner aufwendigen Restauration bereits in Italien seit einiger Zeit erhältlich war, und jetzt in den UK von Second Sight sowie bei uns von Koch Films ebenfalls seine Heimkino-Auswertung erwartet, bekommen wir hierzulande extra nochmal eine Kinoauswertung – des Argento Cuts wohlgemerkt, also der quasi „europäischen“ Release-Version (hier eine Übersicht wo er läuft). Zu meiner Schande, meiner unendlichen Schande, muss ich zugeben dass dies jetzt auch das erste mal überhaupt war, dass ich den Film gesehen habe. In den letzten Jahren lag das auch daran, dass ich irgendwie auf diese Möglichkeit gewartet habe, und den Italien-Import noch scheute. Wie dem auch sei, manche Filme auf der persönlichen Liste halten sich einfach ewig. Wer zu den Versionen etwas mehr wissen möchte, der bekommt bei Wikipedia eine gute Übersicht, und auch die Zusammenfassung zur Zensursituation bei Schnittberichte ist empfehlenswert. Kurzum: die beiden wichtigsten Versionen sind einerseits der europäische Argento-Cut, also die Version die Dario Argentos finale Handschrift trägt, inklusive der Musik von Goblin. Andererseits der Romero Cut, also der Director’s Cut, der zugleich die ungekürzte US-Kinoversion darstellt. Beide Versionen sind…. gut… und auch nicht das Resultat von einem Streit oder ähnlichem, daher empfiehlt es sich diese irgendwann beide gesehen zu haben. Sie unterscheiden sich im Rhytmhus, im „Ton“ (Argento hat vieles an lustigen oder klamaukigen Momenten entfernt), der Musik und ein klein wenig auch dem Look-and-Feel. Einige andere Schnittversionen und Restaurationen in der Vergangenheit komplettieren das Bild (wie z.B. einer von Romero angefertigten Langfassung für das Cannes Film Festival), die kommende Heimkino Auswertung in England beispielsweise versucht die wichtigsten Versionen ein einer Box mitzubringen.

Dawn of the Dead

Worum gehts? In Philadelphia, wie auch in anderen großen Städen der USA, bricht eine Zombie Epidemie aus. Während man sich in den Talkshows, der TV-Sender, die noch senden, darüber streitet wie man die Bedrohung eindämmt und ob man diese verwandelten ehemaligen Mitmenschen wohl töten darf oder soll, retten sich die Reporterin Francine (Gaylen Ross) und ihr Freund Stephen (David Emge), die beiden Polizisten eines Sonderinsatzkommandos Peter (Ken Foree) und Roger (Scott H. Reiniger), mit dem Helikopter aus der Stadt. Da der Sprit knapp ist, landen Sie auf einem Einkaufszentrum, und versuchen dort zu rasten und Verpflegung einzusammeln. Die ehemaligen Einkäufer sind natürlich alle Zombies, doch die kleine Gruppe kommt mit den geringen Mengen dort klar und erwägt, sich permanent darin zu verschanzen. Doch nicht nur Franciness Schwangerschaft zehrt am inneren Zusammenhalt der Gruppe, als eine Bikergang das Kaufhaus ins Visier nimmt, kämpfen sie plötzlich an zwei Fronten ums Überleben….

George Romero’s Dawn of the Dead folgt der gängigen popkulturellen Logig der Reagan-Ära: da ist irgendwas faul, wir sind alle in Gefahr, niemandem kann man trauen und vielleicht ist es besser erst zu schießen, dann zu fragen. Damit setzt sich der Film ab von früheren Filmen, in denen noch etwas mehr andere soziopolitische Faktoren das Narrativ prägten. Sein bahnbrechender Night of the Living Dead hatte mehr mit der Counterculture und dem ländlischen Rassismus zu tun als mit größeren geopolitischen Themen. Sein The Crazies ist dann schon mehr Katastrophenfilm (ich mag übrigens das Remake). Dawn of the Dead war einflussreich und erfolgreich, weil er den Zuschauern vor allem zwei Dinge liefert: Identifikation durch Plausiblität (wenn es hart auf hart kommt, würde ich mich vielleicht auch aufs Dach eines Einkaufszentrums retten) und Spiel mit gängigen Ängsten (vor dem Fremden, vor Kriminellen, vor Angriffen mit Biowaffen). Und das klappte, weil es außerdem unterhaltsam war: Der Film ist kein elaboriertes Drama, sondern ein beinharter Survival-Film mit jeder Menge Action.

Dawn of the Dead

Besonders erwähnenswert für das Genre sind natürlich die Effekte und die Brutalität. Der Film war auch sehr lange in Deutschland indiziert, und das auch nicht völlig überraschenderweise. Was heute noch hart wirkt, sind manche der Splattereffekte – Hut ab vor Tom Savini – und vor allem einige Kills, allen voran die mit Kindern. Das schockt heute noch, und der Film ist natürlich auch nichts für Kinder. Was die Zensoren damals wohl vor allem bemängelt haben dürften war die überschwellige Leichtfertigkeit mit dem Töten, auch Szenen der Polizeitbrutalität und sagen wir mal „Sterbehilfe“. Für amerikanische Verhältnisse wiederum dürfte z.B. das Thema von Abtreibung deutlich kontroverser gewesen sein.

Dawn of the Dead

Der Film war noch auf eine andere weise einflussreich: Es gibt unmengen an Zombifilmen mit dem „of the Dead“ im Titel. Day of the Dead (seine Fortsetzung von 1985, und dann noch seine Land-, Diary- und Survival of the Dead in den 2000er Jahren), The Walking Dead (die Serie), Army of the Dead soll 2021 von Zack Snyder kommen, Orgy of the Dead, natürlich obwohl kein Zombiefilm The Evil Dead, Frühstück of the Dead, Filme, Serien, PC-Games…. zwar ist Dawn of the Dead nicht der erste – sein Night of the Living Dead ist von 1968 – und vielleicht auch nicht der allerbeste Zombiefilm, aber er ist und war ein prototypischer, sehr einflussreicher Genrevertreter, der des und seine Eigenschaften geprägt hat wie nur wenige andere. 2004 erschien außerdem ein Remake von Dawn of the Dead, das zwar nicht großartig ist aber auch keine wirkliche Zeitverschwendung. Es war jedenfalls erfolgreich genug vermutlich, damit Romero wiederum die oben genannten Fortsetzung machen konnte. Zwischendurch muss Romero die Schnauze voll gehabt haben von dem Zombie-Rummel und er drehte drei Jahre nachher den bizarren Schausteller-Film Knightriders (wir berichteten). Mit Shaun of the Dead kam 2004 außerdem eine sehr gute Persiflage in die Kinos.

Dawn of the Dead

Aber zurück zum Film: was meines Erachtens schade ist, ist die Besetzung. Eine Hand voll Nobodies kann diesen Film leider nicht gut tragen und das ist auch eigentlich das einzige an dem Film das auch bis heute noch etwas „billig“ wirkt. Assault on Precinct 13 wird übrigens von einem ähnlichen „Problem“ geplagt: großartige Story, exzellentes Handwerk, richtungsweisender Horrorfilm, aber einfach keine bekannten Gesichter. Das heißt nicht dass die Besetzung hier schlecht ist, im Gegenteil, das sind gute Schauspieler, aber man stelle sich die Wirkung dieses Films – auch heute noch – vor, wenn man ein paar zumindest B-Riege Schauspielerinnen und Schauspieler der 70er hätte gewinnen können. Ansonsten ist der Film natürlich nicht nur aus Splatter-Sicht total interessant, sondern auch was den Einfallsreichtum, die Atmosphäre (allein die TV Talkshow am Anfang im Hintergrund ist brillant) und das Home Alone Feeling angeht.

Der Film startet dieses Wochenende in vielen Kinos im ganzen Land, in Berlin war er letzte Woche schon zu sehen und war dort auch schnell – auch aufgrund der Abstandsregeln – in drei Säalen parallel ausverkauft. Es war jedenfalls ein Spaß, den Film mit einem größeren Publikum zu sehen (leider hallte der Ton bei den Effekten, also Schritte, etc. so wie ein Echo – Dialoge und Musik waren OK, ich hoffe das Problem hat die BluRay nicht). Wer also eine Vorstellung in der Nähe ausfindig macht, es sei herzlich empfohlen sich dazu ins Kino zu trauen, vielleicht ist gerade in einer Pandemie angebracht sich einen Film über eine Pandemie anzusehen. Die Parallelen zur heutigen Situation sind an manchen Stellen unglaublich zeitgemäß, das macht den Film einerseits extra witzig, anderseits natürlich auch etwas bitter, den nach Jahrzehnten der Zombiefilme scheint niemand was daraus gelernt zu haben – auch damals gab es „Zombieleugner“.

Koch Films hat außerdem schon die wichtigesten Details zu den Heimkino Versionen bekannt gegeben. Eine Fülle an Editionen erwarten euch willige Käufer im Vorweihnachts-Stress, da sollte für jeden oder jede was dabei sein. Einige BluRay bzw. UHD BluRay Editionen gibt es exklusiv im Koch Films Shop (gut für Koch, schlecht für uns, weil für mit Links auf Label-eigene Shops keine überlebenswichtigen Kommissionen verdienen können), einige exklusiv bei Amazon, und dann gibts noch reguläre Editionen im normalen Handel. Einen Überblick könnt ihr euch hier verschaffen. Erster Eindruck: das dürfte die kommende Edition aus England von Second Sight Films keinesfalls ausstechen (weder was UHD und Versionen noch was Extras angeht) und liegt in etwa nahe an dem, was es vor einiger Zeit in Italien zu kaufen gab. Eine klare Kaufempfehlung von uns bekommen die VHS-retro, Mediabook oder Sammlereditionen – je nach Geschmack und Bedarf an Extras. Wer großen Wert auf mehr Romero legt, wird aber wohl importieren müssen, denn Koch wird scheinbar die Romero cuts wenn überhaupt nur als BluRay anbieten, wie die oben verlinkte Übersicht zeigt bietet Second Sight hier etwas mehr für die Sammler unter Euch.

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Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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