Days of Being Wild

Days of Being Wild

Days of Being Wild ist ein Liebesdrama von Wong Kar-Wai aus dem Jahr 1990. Der Film handelt von Yuddy (Leslie Cheung), einem gelangweilten Jungesellen im Hong Kong der 60er. Zwar sorgt er sich auch um seine Mutter, die er regelmäßig vor den jüngeren Liebhabern schützen möchte mit denen sie verkehrt, doch da es sich nicht um seine leibliche Mutter handelt, zieht es ihn perspektivisch ohnehin auf die Philippinen um seine leiblichen Eltern zu finden. Er beginnt erst eine kurzweilige Beziehung mit Li-zhen (Maggie Cheung), von der er sich trennt als diese zu viel Bindung sucht. Schnell lässt er sich stattdessen mit dem Callgirl Fung-ying (Carina Lau) ein, während Li-zhen Trost sucht in einem unspektakulären Job als Kassiererin im Fussballstadion und ein paar Gesprächen mit dem Streifenpolizisten Tide (Andy Lau). Geraume Zeit später laufen sich Tide und Yuddy in Manila wieder über den weg…

Days of Being Wild
Behind the Scenes oder von einer nicht verwendeten Aufnahme

Was für ein Film! Ich muss sagen, erinnern konnte ich mich an ihn nicht, und ich konnte bis zum Schluss nicht sicher sagen ob ich ihn schon mal gesehen hatte (hatte ich), so lange muss es her gewesen sein, damals sicherlich von schrulligen Video-CDs aus Hong Kong importiert und auf einem Laptop geguckt. Hier in restaurierter Qualität im Heimkino ist das nochmal eine völlig andere Welt und eine wahre Offenbarung, diesen Film zu genießen. Nach den ein wenig ungeschliffenen früheren Filmen schlägt Wong mit diesem Film einen Weg ein, der für ihn stilbildend wurde. Man assoziiert sein Kino heute mit dieser Ästhetik und Bildsprache wie man sie hier schon sehr stark erkennen kann. Dazu kommt eine ruhige, aber sehr lockere Erzählweise die hier trotz alledem, transportiert über den unsterblichen Leslie Cheung, eine innere Unruhe transportiert, die Jack Kerouac gefallen hätte. Days of Being Wild zeichnet ein melancholisches Bild eines nicht mehr existenten Hong Kong der 60er, in dem Frauen die Glücksritter und Überlegenskünstler sind, und die männlichen Protagonisten die Streuener und Müßiggänger. So malt Wong seine Liebesgeschichten: es sind Mosaike aus flüchtigen Begegungen, verpasste Chancen, bittere Trennungen über die es hinweg zu kommen gilt, und aber auch die Schönheit einzelner Momemente die für die Personen die sie erleben, unsterbliche Erinnerungen werden.

Days of Being Wild
Promo Foto

Der Film war zunächst als Zweiteiler geplant, doch aus dem zweiten Teil wurde aus kommerziellen Gründen erstmal nichts. In der alternativen Fassung (in den Extras enthalten) kann man noch einen Vorgeschmack auf das sehen was gekommen wäre. Doch die Ideen gingen natürlich nicht verloren, denn mit In the Mood for Love unf 2046 konnte der Regisseur seine Vision letztlich ja doch fortsetzen, wenn auch erst nachdem er die notwendigen kommerziellen und kritischen Erfolge feiern konnte. Heute gilt der Film also als erster Teil einer informellen Trilogie, die mehr als alles andere für Wong Kar-Wais Werk steht. Die episodenhafte Struktur, die teils recht starren Szenenbilder, die menschenleeren, verlassenen Gassen, Zimmer, Treppenhäuser oder Gärten, die penible Zurückhaltung bei der musikalischen Untermalung, die Neonfarben und das Zusammenspiel aus Totalen und intimen Close-Ups, für Liebhaber bildschönen Kinos ist das eine wahre Freude.

Days of Being Wild

Days of Being Wild war Wongs erste Zusammenarbeit mit Christopher Doyle, die zweite mit Maggie Cheung (die erste ist As Tears Go By – bei dem Lau Wai-Keung hinter der Kamera stand). Mit Leslie Cheung arbeit ers später nochmals zusammen, unter anderem für Happy Together, und vermutlich hätte er auch weiter mit ihm zusammen gearbeitet wenn er nicht so früh von uns gegangen wäre. Andy Lau, der wahrlich zum Superstar avancierte, war auch schon bei As Tears Go By an Bord, ist aber später nicht nochmal für ihn vor der Kamera. Es ist eine sehr schöne Besetzung, getragen von beiden Cheungs in je ihren Paraderollen und im Ergebnis unvergessliche Momente produzierend. Besonders schöne hat mir der subtile Einsatz ganz weniger Musikstücke gefallen, die ein wenig in die Chachacha-Richtung gingen, Momente wie zum Beispiel als Yuddy ein wenig durch die Wohnung tanzt etwa, grandiose Szenen, von denen es mehr hätte geben sollen.

Days of Being Wild

Letztlich ist Days of Being Wild ein sehr untypisches Priodendrama und ein noch untypsicherer Liebesfilm…. mir war beim Ansehen nicht gänzlich klar wann der Film spielt, denn das Setting steht nicht besonders im Mittelpunkt, und die Liebesbeziehungen sind episodenhaft, unvollständig und unterbrochen. Es ist die schon angesprochene Unruhe die hier zum Tragen kommt, eine Rastlosigkeit die in Form von Yuddy eine Ziellosigkeit darstellt. Dass eram Ende auch kein schönes Schicksal erfährt kommt noch hinzu, außerdem wechselt der Film in der letzten Minute den Protagnisten und verwischt damit aus Zuschauendensicht völlig die Identifikationsigur. Doch das ist stimmig und passt, man saugt die Bilder förmlich auf, fiebert mit den Menschen mit wie sie durch die Welt schweben, fast wie eine Papiertüte im Wind. Hatte ich erwähnt dass ich die Musik liebe? Es gibt ein paar denzente Tanzmomente im Film, bei denen die Charaktere tatsächlich leicht durch die Welt zu schweben scheinen, einmal, ganz explizit, von der Musik getrieben, vielleicht – ohne jetzt zu viel hinein interpretieren zu wollen -wie die Menschen dort zu dieser Zeit, zwischen China und England, Portugal, zwischen Festland und Insel, Hong Kong und Manila, Polizeidienst oder Seefahrt….

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Die BluRay (anders als bei Happy Together und As Tears Go By stand mir hier nicht die UltraHD Variante zur Verfügung) sieht verflucht gut aus. Aber ja, wie im Internet heftig diskutiert, das ganze hat einen sehr merklichen Grünstich. Nun weiß ich nicht ob man das für die UHD vielleicht ein wenig ausgebügelt hat, aber es fällt natürlich auf. Davon abgesehen bietet sich einem hier ein von satten Farben und schönen Texturen geprägtes Bild voller Details, solider Kontraste und ausreichend Film-Look. Die wunderbaren Bilder von Doyle sehen grandios aus und lösen bei Cineasten sicherlich wohliges Bauchkribbeln aus.

Der Ton (Kantonesisch 5.1 getestet) ist auch sehr gut, und trotz etwas zu viel Hall und ein par nicht ganz pegelfesten Zischlauten klingt das nicht nur sehr nett räumlich sondern auch einfach echt gut für einen Upmix, wie ich finde. Zum Vergleich habe ich dann nochmal die unbearbeitete Mono-Spur aufgerufen und finde dass die Spur dadurch zwar etwas ursprünglicher klingt, aber dem dadurch einfach an Räumlichkeit fehlt bei der man mit dem Upmix echt gute Arbeit geleistet hat, ich tendiere also zum Upmix. Wer mag kann natürlich mit der eigenen anlage auch den Mono Ton auf mehrere Lautsprecher im Zimmer verteilen. Aber im ernst, die Mono Spur ist auch exzellent, wobei die Pegelfestigkeit auch hier schon in Problem zu sein scheint, das heißt die leichten Tonsschwächen sind nicht ein Produkt des Upmix sondern einfach schon bei der Restauration der Tonspur generell. Alternativ hat man diese beiden Varianten auch in der deutschen Synchronfassung hier zur Verfügung (nicht getestet).

Es gibt deutsche Untertitel, aber leider keine englischen. Unter den Extras ist einmal ein ganz interessantes, aber mit vier Minuten leider recht kurzes ,Audio-Interview mit Maggie Cheung enthalten. Dann ist die 94-minütige alternative Fassung enthalten, auch neu abgetastet aber in nicht so gutem Zustand wie die primär restaurierte Version. Die Unterschiede sind auch nicht drastisch. Ein 11-minütiges Interview mit Christopher Doyle vom 2005 offenbart nicht sehr viel da es nur ein Ausschnitt eines Vortrags ist, aber immerhin informativ in Sachen Kameraarbeit (und humorvoll). Doyle gilt ja durchaus als kommunikativ, und ist vor allem außerhalb der chinesischsprachigen Welt so etwas wie Wongs Botschafter. Letztlich gibt es noch einen Trailer und eine Bildergalerie. In der Kauversion ist auch noch eine DVD-Version enthalten und ein Booklet mit einem Text von Andreas Ungerböck.

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Days of Being Wild 4k Bluray
Die BluRay wurde uns zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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