Der Hit – Der Kampf gegen die Drogen / Hit! / The Last Connection

Der tragische Drogentod seiner Tochter ist für den Polizeibeamten Nick (Billy Dee Williams) unfassbar. Er schwört sich, die Drahtzieher des internationalen Morphium-Handels zu finden und zur Rechenschaft zu ziehen. Sechs Wochen Urlaub müssen für dieses Vorhaben reichen, das sich als äußerst schwierig erweist. Zwar findet er in Michael (Richard Pryor), dessen Frau mit 20 Jahren von Drogenhändlern entführt und umgebracht wurde, einen bereitwilligen Helfer, aber die Liste der Verdächtigen ist unübersehbar lang und nicht jede Spur bringt ihn weiter. Schließlich findet Nick heraus, dass der Umschlagplatz der Ware Marseille ist und das Unternehmen von schwerreichen Franzosen geleitet wird, die alle skrupellos und äußerst gefährlich sind … (Wicked Vision Distribution GmbH)

Die frühen siebziger Jahre stellten eine aufregende Zeit für Afroamerikaner dar, die sich in Spielfilmen sowie im Fernsehen einen Namen machen wollten. Die Turbulenzen der späten sechziger Jahre waren sehr wahrscheinlich dafür verantwortlich (vielleicht auch durch eine ordentliche Dosis an Schuldgefühlen begünstigt), dass die Filmindustrie schließlich damit begann „schwarzen“ Schauspielern sehr viel größere und anständigere Rollen anzubieten, was bis dahin nur einigen wenigen, wie zum Beispiel Sidney Poitier, vorbehalten gewesen war. Bill Cosby hatte gleich mehrere Emmy-Auszeichnungen als Co-Star der Fernsehserie Tennisschläger und Kanonen (1965 – 1968) eingeheimst, während Gail Fisher einen für ihre Arbeit an der Serie Mannix (1967 – 1975) gewonnen hatte und immer mehr „schwarze“ Schauspieler und Schauspielerinnen endlich die Chance bekamen in großen Spielfilmen mitzuwirken. Einige dieser Auftritte wurden im Genre der Blaxploitation verortet, doch schaut man auf die siebziger Jahre in ihrer Gesamtheit zurück, so gab es doch tatsächlich eine (evtl.) überraschend große Auswahl an Filmen, die zumindest starke Nebenrollen für „schwarze“ Schauspieler im Angebot hatten, wenn nicht sogar eine Vielzahl von afroamerikanischen Stars darboten. Während dieser Zeit sollten einige dieser Stars einen erheblichen Einfluss auf die große Leinwand haben, darunter Diana Ross (natürlich bereits eine Legende im Musikgeschäft), Cicely Tyson und Billy Dee Williams.

Einen von Williams‘ ersten großen Kinoerfolgen repräsentiert Lady Sings the Blues (1972) mit Diana Ross, wobei er auf dem besten Weg war sein gutes Aussehen, seine höfliche Art und seine unverwechselbare Sprechstimme zu einer unglaublich langlebigen Karriere auf dem kleinen Bildschirm sowie der großen Leinwand zu etablieren. Hit! ist dabei als eine Art Wiedervereinigung der Besetzung aus Lady Sings the Blues anzusehen, denn der Hauptdarsteller des zuletzt genannten Streifens Billy Dee Williams wurde hier zum wiederholten Mal mit Co-Star Richard Pryor und Regisseur Sidney J. Furie zusammengebracht. Beide Filme haben auch einen bestimmten Subtext gemein, nämlich die verheerende Auswirkung von harten Drogen auf den Menschen sowie die Gesellschaft, doch in Bezug auf Atmosphäre und sachlichem Inhalt könnten sie wirklich nicht weiter voneinander entfernt sein. Sollte Lady Sings the Blues das Hollywood-Biopic in postmodernen Begriffen neu erdacht haben, so gelingt es Hit! in Richtung des Blaxploitation-Genres zu deuten (ohne sich jedoch auf bedeutsame Art und Weise darin zu vertiefen), während der Streifen ein düsteres und hartes Ambiente offenbart, das sich zwar höchst unrealistisch gestalten mag aber aufgrund von Williams‘ persönlicher Ausstrahlungskraft sein Ziel sehr viel weniger verfehlt, als man zunächst erwarten könnte.

Man kann es schon als ein wenig ironisch bezeichnen, dass Lalo Schifrin die Musik für Hit! komponiert hat, denn der Aufbau dieses Films kommt dem einer Mission: Impossible (Kobra, übernehmen Sie, 1966 – 1973) Episode ziemlich gleich (Schifrin war selbstverständlich für das ikonische Thema dieser Serie verantwortlich), in der der Regierungsagent Nick Allen (Billy Dee Williams) den Tod seiner Tochter durch eine Überdosis Heroin rächen will. Nick scheint über ein recht ordentliches Portfolio von verschiedenen Verbindungen zu verfügen, ähnlich wie Jim Phelps (Peter Graves) in der legendären Fernsehserie und rekrutiert seine Crew (bzw. erpresst jedes einzelne Mitglied zur Mitwirkung) während er versucht herauszufinden, wie die „Befehlskette“ des Drogenkartells funktioniert, um dessen führende Köpfe aufzuspüren sowie eliminieren zu können. Sidney J. Furie lässt sein Publikum bereits ziemlich früh wissen (durch ein hin- und her Schneiden zwischen Szenen von Nicks Rekrutierungen und diversen Aktionen der Drogenbarone), dass die Hersteller und Lieferanten des Heroins aus einer Clique von wohlhabenden (und natürlich enorm hochnäsigen) Franzosen (in und um Marseille) besteht und baut so ziemlich gemächlich einen eventuellen Showdown auf.

Unter einer weiteren Lalo Schifrin-Themenreferenz erhält Nick von einer befreundeten Kollegin einen Computerausdruck mit verschiedenen Namen von Leuten ausgehändigt, die ihm bei seiner Mission behilflich sein könnten, wodurch man unweigerlich an die erste computerzentrierte Staffel von Mannix erinnert wird. Der mittlere Teil des Films (der eine Menge Raum einnimmt) dreht sich dann um Nick, der seine eigene Version einer Mission Impossible Force zusammenstellt, auch wenn es sich dabei um eine handelt, die vielleicht etwas weniger für diese Art von Arbeit geeignet ist, als die MIF-Bande von einst. Er wirbt eine heroinabhängige Prostituierte (gespielt von Gwen Welles, einer Schauspielerin, die 1993 mit 42 Jahren viel zu früh verstarb, nachdem sie traditionelle Formen der Krebsbehandlung zugunsten naturheilkundlicher Mittel abgelehnt hatte); ein älteres Ehepaar (Warren J. Kemmerling und Janet Brandt), dessen Sohn an Heroin zu Grunde ging; einen Vietnam-Veteranen (Paul Hampton) als Scharfschützen sowie einen ehemaligen Navy-Soldaten (Richard Pryor) an, dessen Frau von einem Heroinjunkie vergewaltigt und ermordet wurde. Nicks Plan besteht darin, all diese Leute ihre persönliche Rache parallel zu seiner eigenen ausführen zu lassen, weswegen sie sich nun alle gemeinsam auf ihre verschiedenen Aufgaben vorbereiten.

Aufgrund dieser Erzählstruktur beschäftigen sich weit über zwei Drittel von Hit! mit dem Aufbau des Plots und da der Film über zwei Stunden lang läuft, bedeutet dies für die Zuschauerschafft wiederum, dass es eine Menge an Wartezeit zu bewältigen gibt, bevor es zum sogenannten payoff kommt. Diese Wartezeit mag dem einen oder anderen zwar schier endlos erscheinen, doch wird sie glücklicherweise mit einigen gelungenen „Nummern“ der Nebendarsteller aufgewertet, auch wenn dabei Vieles als enorm unwahrscheinlich und manchmal sogar absolut absurd beschrieben werden muss. Sobald Hit! in seinen eher etwas zu kurz geratenen dritten Akt übergeht – wenn sich unsere Crew endlich nach Frankreich begibt, um eine spektakuläre Reihe von Attentaten durchzuführen – wird es langsam spannend, wobei es für einige ungeduldige Zuschauer jedoch bereits zu spät dafür sein könnte. Der „Amoklauf“ unserer Protagonisten gestaltet sich dann gleichzeitig grausam aber irgendwie auch komisch. Das ältere Ehepaar erledigt seine Aufgaben auf recht blutige Weise und rennt dann durch die Straßen der französischen Stadt, um sich letztendlich wieder ihrem Tour-Bus anzuschließen, wobei die beiden behaupten, sie seien Einkaufen gewesen. Der spektakulärste Anschlag, so übertrieben er sich auch präsentieren mag, ist der von Williams ausgeführte, wobei der sich als Gasmann ausgibt, um auf das Anwesen des französischen Kartellleiters gelangen zu können. Es stellt sich heraus, dass eines seiner Gasrohre in Wirklichkeit eine Panzerfaust ist, bei der es sich nicht gerade um die subtilste Waffe handelt, die man sich für einen solchen Mordanschlag vorstellen kann. Tatsächlich ist der gesamte Film so weit von der Realität entfernt, sodass es beinahe schon sinnlos erscheint, seine Unwahrscheinlichkeit zu kommentieren. Hit! möchte sein Publikum im Grunde genommen nur zu seinen „großen“ Momenten bringen, ohne zu viel Gehirnschmalz darauf zu verwenden, wie man überhaupt dorthin gelangt ist. Was selbstverständlich die Frage aufwirft, warum es so lange dauert, dorthin zu gelangen?

Hit! ist unverschämt närrisch sowie unlogisch, auf seine ganz eigene Art und Weise jedoch auch bemerkenswert unterhaltsam. Furie leistet großartige Arbeit, indem er die aufstrebende Crew der Möchtegern-Attentäter mit der versnobten französischen Koalition in ihren teuren Limousinen und Barockvillen in Kontrast setzt, wobei der Film – wie es bei vielen von Furies Werken der Fall ist – mit einem ansprechenden visuellen Flair versehen worden ist. Nach circa der Hälfte der Laufzeit gibt es eine aufregende Verfolgungsjagd zu „bestaunen“, als Nicks ehemalige „Freunde“ der Regierung – die ihn töten wollen, bevor er andere töten kann – ihn eine Autobahn entlang hetzen. Die Sequenzen in Frankreich sind als ziemlich malerisch zu beschreiben und stehen deutlich im Widerspruch zu dem schmutzigen, mit harten Drogen verseuchtem Ambiente des restlichen Films. Billy Dee Williams spielt wie immer mindestens recht solide, wenn auch vielleicht ein bisschen verkrampfter, als es für die Rolle angebracht gewesen wäre, während Richard Pryor seinen Ex-Soldaten Michael sehr effektiv rüberbringt und passenderweise auch ein paar komödiantische Momente spendiert bekommen hat. Dieser Hit! repräsentiert zwar keinen Homerun, aber als ein ordentliches Double oder sogar Triple geht er allemal durch. Hit! ist ein Film, der trotz seiner schrägen Struktur – die zu viel Zeit mit dem Aufbau und nicht genügend mit dem payoff verbringt – doch wirklich Spaß bereiten kann. Auch wenn seine offenkundig lächerliche Handlung so rüberkommt, als wäre The Gang That Couldn’t Shoot Straight (Wo Gangster um die Ecke knallen, 1971) nach Frankreich geschickt worden. Dennoch fügt sich irgendwie doch alles zusammen, wobei die Besetzung durchweg ziemlich gut zusammenspielt. Sidney J. Furie erschuf mit Hit! einen wirklich pittoresken sowie unterhaltsamen Film, auch wenn er am Ende des Tages nicht viel Sinn ergibt.

Wicked-Vision veröffentlicht Hit! als Nummer 13 ihrer Black Cinema Collection in einer Scanavo BD-Box (Blu-ray und DVD auf 1.500 Stück limitiert). Bild (2.35:1 1080p / 2.35:1 anamorph) und Ton (Deutsch + Englisch DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0) bewegen sich wieder einmal auf recht hohem Niveau, da gibt es absolut keinen Grund sich zu beschweren. Auf Wunsch können deutsche oder englische Untertitel zugeschaltet werden (auch bei den Extras). Erlebt diesen starken Black-Cinema-Beitrag von Regie-Legende Sidney J. Furie mit Billy Dee Williams, Richard Pryor, Paul Hampton und Gwen Welles in den Hauptrollen. Mit dieser Special Edition feiert Hit! seine europäische HD-Premiere zum 50. Geburtstag und erscheint somit erstmals auf DVD und Blu-ray. Die Edition ist weltweit erstmals mit korrigierten englischen Untertiteln (auch für die französischen Inserts) und mit interessantem sowie exklusivem Bonusmaterial ausgestattet worden. Das Authoring wurde von LSP-Medien übernommen. Insgesamt handelt es sich bei Hit! wieder einmal um eine äußerst gelungene Edition, die bei Liebhabern und Freunden des Black Cinema enorm gut ankommen sollte.

Extras:

  • 24-seitiges Booklet mit einem Essay von Christoph N. Kellerbach —> hier kann man nachlesen weshalb das Ganze perfekt zu Sidney J. Furie passte und wie Billy Dee Williams sowie der Rest der Truppe zum Projekt kamen. Auch die interessanten Blaxploitation-Verbindungen des Streifens werden aufgezeigt
  • Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann und Christopher Klaese —> wie auch schon bei den vorherigen VÖs der BCC bereitet es wahre Freude den beiden Kommentatoren bei ihren recht informativen sowie unterhaltsamen Ausführungen zu folgen. Interessanterweise verortet Herr Naumann den Film nicht unbedingt im Blaxploitation-Cinema, sondern eher im Sub-Genre des Rachefilms. „[…] ein Film der vielen Facetten, da man ihn sowohl ins Black-Cinema oder in die Ausläufer des Blackploitation-Kinos subsumieren kann, als auch in ein Sub-Genre des Rache-Thrillers.“
  • Audiokommentar mit Justin Murray von Black Media Man Cave
  • Dokumentation: There Is a Riot Going On … Vol. 2 mit PD Dr. Andreas Rauscher und Prof. Dr. Marcus Stiglegger —> auch die Fortsetzung des Gesprächs zwischen den beiden Kollegen ist wieder einmal äußerst interessant sowie informativ ausgefallen. Bitte mehr davon!
  • Originaltrailer
  • Radio-Spot
  • Trailers from Hell mit Daniel Kremer
  • Bildergalerie
  • „Black History Month“ mit Justin Murray über: I‘m Gonna Git You Sucka und Cotton Comes to Harlem
  • Ein sogenanntes Easteregg ist in Form der deutschen VHS-Version unter den Extras zu finden

Beim Wicked Shop oder Amazon bestellen

Land / Jahr: USA 1973
Regie: Sidney J. Furie
Darsteller: Billy Dee Williams, Richard Pryor, Paul Hampton, Gwen Welles u. a.
Freigabe: ab 16 Jahre
Ländercode: A,B,C / 0
Laufzeit: 135 Minuten / 131 Minuten
Bildformat: 2.35:1 (1080p) / 2.35:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch, Engisch
Untertitel Extras: Deutsch, Englisch
Verpackung: Scanavo BD-Box
Discs: 2
Format: Blu-ray & DVD
Disc-Typ: BD-50 / DVD-9
Studio / Vertrieb: Wicked Vision Distribution GmbH

Screenshots von Wicked Vision !!!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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