Der Nebelmann

Der Nebelmann (La Ragazza nella nebbia) ist ein italienischer Krimi von 2017 im skandinavischen Stil nach einer Romanvorlage von Donato Carrisi, der hier ebenfalls erstmals Regie führte.

Ermittler Vogel (Toni Servillo) reist in ein entlegenes südtiroler Bergdörfchen, um das Verschwinden eines kleinen Mädchens zu untersuchen. Dort stößt er zunächst auf eine Wand des Schweigens, auch weil eine religiöse Sekte das Dorfleben dominiert und jeder jeden zu kennen vorgibt. Er zieht das Thema prompt medial durch den Dreck und glaubt, den oder die Entführer dadurch aus der Reserve zu locken – er glaubt die Täter sind noch vor Ort. Während sein Kollege Borghi (Lorenzo Richelmy aus Marco Polo) sich an saubere Polizeiarbeit macht, kooperiert Vogel mit der Sensationsjournalistin Stella Honer (Galatea Ranzi) und stürzt sich fortan auf erste Verdächtige, darunter der zugezogene Schullehrer Prof Martini (Alessio Boni), der für alle der ideale Sündenbock zu sein scheint. Sein Alibi ist dünn, und es hilft ihm nicht dass es sich vielleicht um einen jahrzehntelangen Serientäter handeln könnte. Erzählt wird der Film als Rückblende: Vogel ist beim Psychiater Flores (Jean Reno) nach einem Autounfall…. welche Rolle spielt Vogel selbst?

Der Film war sicherlich nicht ganz das, was ich mir erwartet hatte, aber wenn man sich darauf einlässt dass es sich ein wenig um einen Krimi im skandinavischen Stil handelt (atmosphärisch, düster, depressiv, mysteriös), fühlt man sich doch schnell zuhause. In gewisser Weise ist der Film auf weite Strecken einer, der sich die Sensationsgeilheit der Medien zum Thema macht – und mit einem völlig unsympathischen Ermittler aufwartet. Letztlich ist es gar nicht unbedingt eine Krimigeschichte, denn saubere Polizeiarbeit bekommt man hier genauso wenig zu sehen wie tatsächliche Indizien (außer wenn man wirklich seeehr gut aufpasst, aber das verrate ich hier natürlich nicht). Es ist ein Machtkampf zwischen unschuldig verdächtigten, den Medien, den Dorfbewohnern, der Polizei und den Opfern, ausgetragen über die Vorurteile, Ängste und Eitelkeiten der beteiligten Einzelpersonen.

Martini scheint zunächst, da stark, intellektuell und augenscheinlich wirklich unschuldig, gute Karten zu haben, aber nur wenn Vogel sauber spielen würde. Und so entfaltet sich ein persönliches Drama vor den Augen des Zuschauers, der gebannt darauf wartet, wie letzterer in seinem intimen Gespräch mit dem Psychologen langsam die Hüllen fallen lässt. Doch das ist dann auch nur dessen Perspektive. Während sich also die Puzzleteile langsam zusammen setzen, viele davon reichen gar noch weiter in die Vergangenheit zurück, ergibt sich ein immer schockierenderes Bild dieses Falles, und man wünscht sich als Zuschauer nichts mehr als einen wirklich ernsthaften Polizisten. Diese Rolle kann leider auch Borghi nicht wirklich einnehmen. Frustrierend, aber stilistisch sehr effektiv.

Ich war am Ende vom Film ein klein wenig enttäuscht, weil er sehr viel Hokuspokus aufspannt, unter der Kulisse aber letztlich doch weitgehend vorhersehbar ist. Man hat das Gefühl das doch schon zig mal gesehen zu haben (Der Unsichtbare Gast): die diversen Perspektiven, die Wendungen, die Geheimnisse, und die Überraschungen die ausschließlich daher kommen, dass man dem Zuschauer ganz bestimmte Informationen einfach bestimmte Zeit vorenthält.

Die BluRay bietet sehr gutes Bild, bei dem die stimmig düstere Atmosphäre recht gut zur Geltung kommt. Gleiches gilt für den Ton (Originalton getestet), der mit ordentlich Raumklang aufwartet (DTS 5.1), aber auch recht subtil ist. Irgendwie kam mir bei der Tonspur aber etwas komisch vor. Die Dialoge kamen auch sehr stark aus dem linken Rücklautsprecher, und vom rechten Rücklautsprecher kam gar nichts. Gewollt oder Fehler, unklar, tut dem Genuss keinen Abbruch ist aber seltsam. Gleichsam finde ich es gut dass Dialoge mal nicht nur aus dem Center kommen, das sorgt für besseres Mittendrin-Gefühl. Es gibt optional Deutsche Untertitel, mit denen (soweit ich das beurteilen kann) der italienische Dialog sehr wortgetreu wiedergegeben wird.

An Extras gibt es leider neben den Trailern leider nur ein 10-minütiges Interview mit dem Autor und Regisseur des Films. Insgesamt ein recht guter Krimithriller für Fans des Genres, auf einer eigentlich soliden BluRay.

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Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Films zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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