Die Bestie mit dem feurigen Atem / L’iguana dalla lingua di fuoco

Ein bestialischer Mord in der High-Society Dublins. Im Kofferraum der Limousine des Schweizer Botschafters Sobiesky wird die grausam verstümmelte Leiche einer jungen Frau gefunden. Sobieskys Geliebte! Ex-Inspektor Norton stößt bei seinen Ermittlungen auf eine Wand des Schweigens, auf ein Netz aus Intrigen, Lügen und Geheimnissen. Jeder ist verdächtig – und jeder kann das nächste Opfer sein. Denn der Blutdurst des Killers ist noch nicht gestillt. Und er hat sich ein neues Ziel ausgesucht: Norton’s unschuldige Tochter…

Nach A doppia faccia (Das Gesicht im Dunkeln, 1969) setzte eine unerklärliche Fäulnis in Riccardo Fredas cineastisches Schaffen ein. Er verbrachte einen Großteil der 70er Jahre am Rande des Geschäfts und arbeitete an einem obskuren italienischen / westdeutschen / israelischen Film mit dem Titel La salamandra del deserto (In der Glut des Mittags, 1970) und zwei Genre-Titeln, die er später in jeder Hinsicht von sich weisen würde. Mit dem ersten der beiden, Die Bestie mit dem feurigen Atem, versuchte er vom Trend der Giallo-Pastiches im Dario Argento-Stil zu profitieren. Trotz seiner späteren Behauptungen, er habe den Film nicht selbst fertiggestellt, werden ihm (wenn auch unter dem Pseudonym Willy Pareto, zum einzigen Mal in seiner Karriere; er bevorzugte normalerweise das Pseudonym Robert Hampton) das Mitschreiben am Drehbuch, Schnitt und Regie zugeschrieben. Leider liegt seine Arbeit in allen drei Bereichen weit unter dem Niveau, das er in seinen besten Filmen an den Tag gelegt hatte. Die irische Kulisse stellt zwar zugegebenermaßen etwas Neues dar, Freda schöpft ihr landschaftliches Potenzial jedoch nicht richtig aus.

Sogar ein Exkurs in die Schweiz für ein wenig Ski- und Bobfahren fühlt sich flach und halbherzig an. Schlimmer noch, es bewirkt nichts, um die Handlung voranzutreiben und dient lediglich dazu, die Laufzeit zu verlängern. Fredas Gespür für Atmosphäre, das in Das Gesicht im Dunkeln so deutlich zu fühlen ist, fehlt hier völlig. Silvano Ippolitis Kinematographie erzeugt nur gelegentlich launische Bilder (wie die vernebelte Verfolgungsjagd durch die Straßen Dublins, bei der der rasiermesserschwingende Verrückte eine kreischende Dagmar Lassander verfolgt), ein Großteil seiner Arbeit präsentiert sich allerdings ebenso wenig inspiriert wie Fredas Regie. Einige extrem schlechte Make-up- und Spezialeffekt-Arbeiten gibt es auch „zu bestaunen“, die von groben Gore-Effekten bis zur am wenigsten überzeugenden Schädeldecke auf dieser Seite von Richard Fleischers ansonsten großartigem Mordthriller 10 Rillington Place (John Christie, der Frauenwürger von London, 1971) reichen. Kommt man zu den Rückblenden-Szenen, in denen Detective Norton einen Verdächtigen zusammenschlägt, nur um den armen Bastard später daran zu hindern Selbstmord zu begehen (mit einem lächerlichen Spektakel gefälschter Zeitlupenaufnahmen), fragt man sich, was aus dem Regisseur von L’orribile segreto del Dr. Hichcock (Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock, 1962) geworden ist?

Das konfuse Drehbuch wurde Berichten zufolge aus einem Roman mit dem Titel Room Without a Door von einem gewissen Richard Mann adaptiert. Angesichts der Tatsache, dass weder über den Autor noch über das Buch Informationen zu finden sind, scheint es sich lediglich um ein wenig Schwindelei zu handeln, um dem Film einige literarische Referenzen zu verleihen. Sowieso hätte es Niemand eilig gehabt, die Urheberschaft für dieses erfundene Durcheinander einer Geschichte beanspruchen zu wollen, wobei ein „roter Hering“ über den nächsten gestapelt und ein Dialog angewandt wird, der einen vom Glauben abbringt. Man reflektiere, sofern man möchte, über diesen Ausspruch von Inspektor Lawrence: „Die Verwendung von Vitriol deutet auf die Hand einer Frau hin … oder auf die einer farbigen Person … sie sind Experten in solchen Dingen.“ Noch besser präsentiert sich seine wirre Rede über das versehentliche Zerquetschen eines Leguans in Afrika, die ihn dazu veranlasst, den Mörder mit der Kreatur zu vergleichen und zu erklären, dass Vitriol „seine Feuerzunge ist, könnte man sagen“.

Dieser Versuch, dem von Argentos Gialli populären Trend zu „Tiertiteln“ gerecht zu werden, ist als einer der farbenfrohesten und lächerlichsten des „Genres“ zu bezeichnen. Der Film erreicht zudem einen Höhepunkt, der in seiner Unverfrorenheit und dem völligen Mangel an gutem Geschmack kaum zu beschreiben ist. Ohne die Dinge für diejenigen verderben zu wollen, die bisher nicht das „Vergnügen“ hatten, den Streifen zu sehen, genügt es zu schreiben, dass es mit schierer Brutalität und Blutvergießen auf eine Art und Weise übertrieben wird, die am besten als irrsinnig bezeichnet werden kann. Die Gore-Effekte, insbesondere beim Einsatz von Gesichtern, die mit Säure verätzt werden, stellen sich amateurhaft und lächerlich dar, doch die bloße Abscheulichkeit der Symbolik trägt wesentlich dazu bei, dies auszugleichen. Es handelt sich vielleicht um keinen besonders guten Film, unterhaltsam ist er jedoch trotzdem. Fredas Regieführung präsentiert sich so unverblümt und wenig subtil wie die schlechteste Arbeit von beispielsweise Umberto Lenzi. Er missbraucht das Zoomobjektiv, deckt Szenen mit einem Hauch von Gleichgültigkeit ab und scheint selten wirklich in den Film involviert zu sein, den er gerade dreht. In ähnlicher Weise mangelt es seinem Schnitt an Finesse, mit unzähligen abgehackten Übergängen. Es sei denn es wäre noch nach seinem Ausscheiden an dem Projekt herumgebastelt worden. Ansonsten lässt sich einfach keine Erklärung für seinen willkürlichen Ansatz finden.

Auf der anderen Seite profitiert der Film von einem großartigen Stelvio Cipriani Soundtrack sowie seiner überdurchschnittlichen Besetzung, die einmal mehr von Genre-Veteran Luigi Pistilli angeführt wird. Pistilli liefert eine gute Vorstellung als Polizist mit haarsträubendem Temperament und einer komplizierten Vergangenheit ab. Seine brutale Befragung eines mutmaßlichen Mörders, die durch Rückblenden gezeigt wird, scheint ein Hinweis auf den berüchtigten Fall von Giuseppe Pinelli aus dem wirklichen Leben gewesen zu sein. Pinelli war ein Anarchist, der im Zusammenhang mit dem Bombenanschlag auf eine Bank am Piazza Fontana am 12. Dezember 1969 von der Polizei festgenommen wurde. Am 15. Dezember „fiel“ Pinelli nach ausgiebigem Verhör aus dem Fenster des Zimmers im vierten Stock, in dem er befragt wurde, in den Tod.

Der Vorfall wurde von der Polizei als Selbstmord erklärt, doch viele glaubten, er sei von den an der Befragung beteiligten übereifrigen Polizisten in den Tod gestoßen worden. Soziologische Bedenken auf der einen Seite, hat der Charakter nicht viel Tiefe zu bieten: Er wird von einem persönlichen Verlust heimgesucht und hat infolgedessen einen Mache-keine-Gefangenen Ansatz gewählt, doch darüber hinaus ist er so ziemlich als der übliche schroffe und harte Cop zu beschreiben, den man in einem Film wie diesem erwarten kann. Der wundervolle Anton Diffring stielt die Show als schleimiger Botschafter mit eigenen Wutproblemen. Der in Deutschland geborene Diffring (1918-1989) floh aus seiner Heimat, um der Herrschaft der Nazis zu entkommen und fand sich dann ironischerweise als einer von ihnen in Filmen wieder, die hauptsächlich in England gedreht wurden.

Horrorfans erinnern sich am ehesten an ihn aufgrund seiner Rollen in Terence Fischers The Man Who Could Cheat Death (Den Tod überlistet, 1959), Sidney Hayers‘ Circus of Horrors (Der rote Schatten, 1960) und Jess Francos Faceless (1987), doch er war auch in allem von François Truffauts Fahrenheit 451 (1966) und Ken Russells Valentino (1977) zu dem berüchtigten, unveröffentlichten Jerry Lewis-Comedy-Drama The Day the Clown Cried (1972) zu sehen. Diffrings stillschweigende Art passt ideal zu seiner Rolle als eisiger Botschafter, der einen erinnerungswürdigen Ausraster hat, als er die Geduld mit seiner Frau (Valentina Cortese) verliert. Cortese befindet sich ebenfalls in guter Form, obwohl sie nicht viel zu tun hat, während Dagmar Lassander so liebenswürdig und fähig wie immer, als ihre temperamentvolle und freigeistige Tochter ist. Die Giallo-Veteranen Renato Romano (L’uccello dalle piume di cristallo / Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe, 1970) und Dominique Boschero (Libido, 1965) treten in Erscheinung, während die irische Seite des schauspielerischen Talents von Arthur O’Sullivan (Ryans Tochter, 1970) und Niall Toibin (Far and Away / In einem fernen Land, 1992) vertreten wird. Fredas nächster Giallo sollte seine letzte abgeschlossene Regiearbeit darstellen: Murder Obsession (1981).

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  • Darsteller: Luigi Pistilli, Dagmar Lassander, Anton Diffring, Valentina Cortese
  • Regisseur(e): Riccardo Freda
  • Anzahl Disks: 1
  • FSK: Nicht geprüft
  • Studio: Arrow Video
  • Produktionsjahr: 1971
  • Spieldauer: 96 Minuten

https://www.youtube.com/watch?v=-wzq0RH86JM

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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