Die Brut des Teufels / Mekagojira no gyakushu

Der erste Versuch Außerirdischer, die Erde mit Hilfe ihres Roboters Mechagodzilla zu erobern, schlug fehl. Nun haben sich die Invasoren mit dem brillanten Wissenschaftler Dr. Mafune verbündet, der als Ausgestoßener der Gesellschaft auch noch eine Rechnung mit seinen Mitmenschen zu begleichen hat. Mit dem neuen Roboter Mechagodzilla 2 und dem im Meer lebenden Titanosaurus geht es zum Angriff. Ein junger Wissenschaftler verliebt sich in Mafunes Tochter, ohne zu wissen, dass sie mehr Maschine als Mensch ist und die Steuereinheit Mechagodzillas im Körper trägt. Soll Mechagodzilla besiegt werden, muss sie sterben. Als schließlich auch Godzilla eingreift, kommt es zur alles entscheidenden Schlacht. (Anolis)

Das U-Boot Akatsuki sucht auf dem Grund des Okinawan-Meeres nach dem Wrack von Mechagodzilla und wird plötzlich von einem riesigen aquatischen Dinosaurier namens Titanosaurus angegriffen sowie zerstört. Interpol beginnt nun den Vorfall zu untersuchen, ohne jedoch zu wissen, dass Dr. Shizo Mafune dahinter steckt. Bereits vor zwanzig Jahren hatte dieser behauptet, er habe den Titanosaurus entdeckt aber man glaubte ihm nicht, woraufhin er diskreditiert und entlassen wurde, was ihn schwer verbittern ließ. Jetzt ist er allerdings zurück und arbeitet mit Aliens vom Dritten Planeten des Schwarzen Lochs zusammen, um ihr gemeinsames Ziel der Zerstörung der Menschheit zu verwirklichen. Inspektor Jiro Murakoshi und Marinebiologe Akira Ichinosi, die Interpol unterstützen, gelingt es nicht Mafune ausfindig zu machen, doch sie begegnen Mafunes Tochter Katsura. Es stellt sich heraus, dass Titanosaurus von ihr kontrolliert wird; als sie sich jedoch zu Ichinosi hingezogen fühlt, findet eine Veränderung in ihr statt.

Die Brut des Teufels ist der wohl beste Godzilla Film der 70er Jahre, obwohl er immer noch sehr weit von fehlerfrei entfernt ist, da die Rückkehr von Ishiro Honda und ein größeres Budget eine gewisse Stolperigkeit in der Inszenierung und absurde Plot-Points im Drehbuch nicht verhindern konnten. Der ernstere Ton, „erwachsene“ und dunkle Elemente, ja sogar eine stärkere emotionale Dimension innerhalb des Nicht-Monster-Subplots prallt auf willkürliche Geschichtenerzählung und eher traditionelle 70er Zutaten, doch es gibt keinen Zweifel, dass es sich dabei um eine interessante Mischung handelt, die wahrscheinlich Kaijû daisensô (Befehl aus dem Dunkel, 1965) am nächsten kommt. Dafür sorgen ein überraschend düsterer Ton, ein gemächlicheres Tempo als bei den letzten Godzilla-Filmen und die Geschichte einer nicht-menschlichen Frau, die überraschend menschliche Gefühle entwickelt. Gleichzeitig werden aber auch Story-Elemente vom Vorgänger King Kong gegen Godzilla (Gojira tai Mekagojira) wieder aufgegriffen, da die Aliens auch hier ihre Basis im Inneren eines Berg haben und von einem menschlichen Wissenschaftler unterstützt werden. Einige Teile der Geschichte passen nicht gut in einen Film über riesige Monster, aber Honda, in seinem letzten Film als Regisseur (er würde später seinen Freund Akira Kurosawa bei dessen letzten Filmen unterstützen), versuchte das Beste aus dem zu machen, was als der letzte Godzilla-Film gedacht war und dem Namen des Königs der Monster alle Ehre erweist. Es scheint nur, er wäre von den Verantwortlichen bei Toho ein wenig zurückgehalten worden, da Godzilla mehr für Kinder ausgerichtet sein sollte. Glücklicherweise blieben noch genügend Elemente für Erwachsene übrig. So bekam es spürbar, dass der Serie, die sich in einem kreativen und kommerziellen Loch befand, eine Pause gut tun würde. Toho schrieb für diesen Film einen Geschichtswettbewerb aus, den die Schülerin Yukiko Takayama gewann; ihr erster Entwurf wurde allerdings dreimal überarbeitet und noch zusätzlich von Honda während des Filmens modifiziert. Die meisten Abänderungen waren auf das verhältnismäßig immer noch ziemlich niedrige Budget zurückzuführen, weswegen zwei Monster, die Titanen, die ursprünglich fusionieren sollten, um Titanosaurus zu kreieren, aus dem Skript gestrichen wurden. Außerdem verlagerte man die finale Konfrontation weitgehend von Tokio aufs Land, obwohl das Budget seit Frankenstein und die Monster aus dem All (Kaijû sôshingeki, 1968) noch mehr an Zerstörung der Stadt zugelassen hätte als zuletzt gewohnt (und zwar mal nicht als Stock-Footage!).

Doch der Film beginnt mit Stock-Footage von den beiden Kämpfen zwischen Godzilla und Mechagodzilla aus King Kong gegen Godzilla und lässt das Publikum damit wissen, dass es sich hier um eine direkte Fortsetzung handeln soll. Wobei sich allerdings gleich einige Ungereimtheiten offenbaren: Wenn die Aliens dieselben sein sollen wie im Vorgänger, warum wird deren Kommandant dann von demselben Schauspieler gespielt (diesmal jedoch auf ruhigere und unheimlichere Weise), der vormals getötet wurde, oder sehen die Alien-Anführer nur alle gleich aus?! Und warum tragen die Aliens nicht nur etwas andere Outfits mit witzigen Helmen und erweisen sich zusätzlich nicht als Affen, sondern nur als entstellte Wesen wie in Weltraum-Bestien (Chikyû Bôeigun, 1957)? Masaaki Damon erscheint auch nur kurz: Spielt er den gleichen Charakter wie vorher? Eventuell waren sich Drehbuchautor und Regisseur nicht ganz einig, ob es eine Fortsetzung sein sollte, oder eher ein eigenständiger Film? Solche Verwirrungen schlängeln sich durch das gesamte Skript, denn schon zu Beginn wird an der falschen Stelle nach dem Wrack von Mechagodzilla gesucht. Dennoch zeigt sich der Unterschied zwischen Honda und den anderen Godzilla-Regisseuren, wie zum Beispiel Jun Fukuda, mit dem herrlichen ersten Auftritt des Titanosaurus recht bald. Die Kreatur erscheint inmitten von Rauch und wird dabei von einem Lichtblitz silhouettiert, sie speit Blasen und brüllt im Triumph, von der Sonne hinterleuchtet. So gut Fukuda und Co. auch waren, sie hatten die Liebe und den Respekt für die Monster nicht so verinnerlicht wie Honda und das macht wirklich einen Unterschied in deren Darstellung. Das Publikum wird danach von einer Menge an Informationen „erdrückt“ und muss dann unseren beiden Helden dabei zusehen, wie sie in einem ziemlich lässigen Tempo alles selbst herausfinden, doch die Monster-Szenen, wenn sie denn kommen, gehören zu den beeindruckendsten in Jahren. Die erste Konfrontation zwischen Godzilla und Titanosaurus gerät zwar enttäuschend kurz aber die spätere Sequenz, als Godzilla, Mechagodzilla und Titanosaurus durch Tokio trampeln, die Gebäude zum Bröckeln bringen und die Trümmer durch die Luft fliegen lassen (Mechagodzilla bläst mit seinen Finger-Raketen ganze Straßenzüge weg), lässt die ruhmreichen Tage der 60er Jahre wieder aufleben. Der große Kampf gleitet allerdings in die üblichen Albernheiten ab, wobei sich die Monster wieder einmal gegenseitig über absurd weite Distanzen hin und her schleudern, doch es handelt sich trotzdem immer noch um die am besten gefilmte Schlacht seit Langem, da Honda unter Anderem die Aktion mit gut ausgewählten Nahaufnahmen der Monster verstärkt. Godzilla scheint gegen seine beiden Kontrahenten wirklich in Schwierigkeiten zu sein und muss sich auf einen riesigen Überschallwellengenerator verlassen (ähnlich dem aus Befehl aus dem Dunkel, 1965), um gewinnen zu können. In Die Brut des Teufels gibt es weniger Monsterbrutalität zu bestaunen, als bei seinen Vorgängern aber ansonsten handelt es sich schon um einen seltsam heftigen Film für Honda, wo Charaktere blutig erschossen, elektrisiert und ausgepeitscht werden, plus Aufnahmen von Katsuras Innerem, als sie in einen Cyborg verwandelt wird.

Das Stock-Footage beschränkt sich diesmal auf die o.g. Eröffnungssequenz, ein paar Aufnahmen des Militärs und einen Split-Screen-Moment, in dem Katsura verkündet, dass sie nicht möchte, dass Titanosaurus zu einem Zerstörer wie Ghidorah, Rodan und Manda wird, die man dann in Aktion sieht. Die Szenen außerhalb Mafunes heruntergekommenen Herrenhauses, ergänzt durch das Kreischen unsichtbarer Vögel, sind ziemlich gruselig sowie atmosphärisch geraten, mit einem stummen Gärtner, der eine ziemlich spukige Gegenwart darstellt. Der Wissenschaftler Mafune, der mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen vorgestellt wird, ist eine ziemlich tragische Figur, wobei Akihito Hirata seinen Charakter angemessen over-the-top spielt, wodurch man eindeutig erkennen kann, dass dieser vollkommen verrückt geworden ist. Der Subplot über seine Tochter Katsura ist faszinierend, wirft aber viele Fragen auf, die nicht beantwortet werden. Die Beinahe-Romanze zwischen ihr und Ichinosi birgt zwar ein echte Tragödie in sich, allerdings aber auch wieder eine gehörige Portion Kitsch: „Auch wenn du ein Roboter bist, liebe ich dich immer noch. Du bist nicht schuld, nichts davon ist deine Schuld.“ Katsura wird von der attraktiven Tomoko Ai mit einer eisigen Sexualität (ein Kontrast zu der aufgeknöpfteren Miss Namikawa aus Befehl aus dem Dunkel) gespielt. Gut und Böse führen einen Kampf in ihrem Inneren, was sie zusätzlich zu einem unvergesslichen Charakter macht sowie die Fadheit von Katsuhiko Sasaki und Katsumasa Uchida als männliche Hauptrollen in King Kong – Dämonen aus dem Weltall beinahe vergessen lässt. Akira Ifikube kehrt zurück, um die Musik abzuliefern, die etwas gemächlicher daherkommt als gewohnt. Er installiert den Godzilla-Marsch aus Godzilla als Godzillas Leitmotiv und steuert ein eindrucksvolles Thema für Katsura bei, das die Elemente seiner Titanosaurus- und Mechagodzilla-Melodien geschickt miteinander vermischt. Auch ein launisches Orgelstück kommt in zwei Szenen passend zum Einsatz. Allerdings hat man auch schon bessere Genre-Scores von ihm gehört. Die Brut des Teufels ist keineswegs eine schimpfliche Angelegenheit, um die erste Godzilla-Reihe zu beenden, wird aber von Unachtsamkeit im Skript daran gehindert richtig großartig zu sein. Die letzte Szene kreiert eine respekt- und trauervolle Stimmung, als unsere überlebenden Helden auf das Meer hinausschauen. Die Sonne geht unter, erschafft ein schönes Gelb am Himmel und wertet die Atmosphäre auf, während Godzilla in die Ferne watet. Allerdings nur in einem wirklich schäbig wirkenden Werbekostüm, das kaum besser aussieht als ein billiges Spielzeug, was dann doch ein wenig schändlich ist.

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  • Format: Limited Edition, Widescreen
  • Sprache: Japanisch (Dolby Digital 2.0 Mono), Deutsch (Dolby Digital 2.0 Mono)
  • Untertitel: Deutsch
  • Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
  • Anzahl Disks: 2
  • FSK: Freigegeben ab 12 Jahren
  • Studio: Anolis Entertainment

Anolis Entertainment veröffentlicht Die Brut des Teufels in einer wie üblich auf 1500 Stück limitierten 2-Disc-Steelbook-Edition auf DVD. Das Bild (2,35:1/16:9) bietet auf beiden Scheiben wie bereits gewohnt anständiges Niveau und geht für das Alter des Films mehr als vollkommen in Ordnung. Beim Ton werden uns zwei Spuren (deutsch und japanisch Mono 2.0) geboten, die beide keinen Grund zur Beschwerde geben. Deutsche Untertitel sind auf Wunsch auch zuschaltbar. Die recht umfangreichen Extras bestehen aus einer japanischen und internationalen Bildergalerie und einem 20-seitigem Booklet mit interessantem Text von Ingo Strecker, sowie dem japanischen und türkischen (!?) Trailer. Auch die Audiokommentare von Jörg Buttgereit und Alex Iffländer sowie der von Florian Bahr und Ivo Scheloske (Disc 1) sind wie immer sehr unterhaltsam und informativ. DVD eins beinhaltet die japanische Fassung, während die zweite Scheibe neben der deutschen Kinoversion noch die deutsche Super-8 Fassung, einen Werberatschlag und eine deutsche Bildergalerie präsentiert. Insgesamt handelt es sich hier wieder um eine äußerst gelungene Veröffentlichung mit enorm viel Hintergrundinformationen über einen Film, der zwar immer noch weit von den richtig guten Kaijus entfernt ist aber trotzdem ein sehr unterhaltsames Exemplar des Genres darstellt.

Diese DVD sowie das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Anolis zur Verfügung gestellt.

 

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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