Die Bullen auf den heißen Feuerstühlen / Der Superbulle mit der Strickmütze / Squadra antiscippo

In Rom gehören Trickbetrügereien und Diebstähle zum Alltag – eine Welt in der sich Nico Giraldi (Tomas Milian) bestens auskennt. Dass er Polizist ist, sieht man dem vollbärtigen Langhaarigen nicht an. Aber das täuscht, denn Giraldi, dessen Mutter Prostituierte war und der in den Straßen Roms aufgewachsen ist, kennt seine Gauner und weiß, wie er sie zu fassen bekommt. Doch als zwei kleine Diebe zufällig die Aktentasche des Amerikaners Norman Shelley (Jack Palance) entwenden, verändert sich die Situation. Offiziell schaltet Shelley die Polizei nicht ein, weil angeblich nur wertlose Dinge in der Aktentasche waren, aber als die Diebe den Koffer öffnen, wissen sie, das es gefährlich wird. Bald wird einer von ihnen brutal ermordet… (Cineploit Records)

Herrlicher Rechtschreibfehler !!!

Der zweite große Actionfilm-Charakter, der 1976 von Tomas Milian gespielt wurde, Marshall Nico Giraldi, der den Spitznamen „Il Pirata“ (Der Pirat) trägt, stellt in vielerlei Hinsicht Monnezzas Alter Ego dar. Giraldi debütierte im März 1976 mit Die Bullen auf den heißen Feuerstühlen, während Monnezza seinen ersten Auftritt erst fünf Monate später in Lenzis Il trucido e lo sbirro (Das Schlitzohr und der Bulle) hatte. Giraldi war allerdings ein längeres Leben beschieden, als Monnezza: elf Titel von 1976 bis 1984. Wie auch immer, Milian bereicherte die Figur von Film zu Film mit Merkmalen, die ursprünglich zu Monnezza gehörten (die stark geschminkten Augen, die blauen Overalls des Mechanikers), so dass die Metamorphose innerhalb weniger Jahre abgeschlossen war.

Giraldis Charakter, so wie er von Bruno Corbucci und Mario Amendola entworfen wurde, ist zunächst Rambo aus Lenzis Il giustiziere sfida la città (Der Vernichter, 1975) sehr ähnlich, obwohl Milian bereits in Franco Prosperis Un uomo dalla pelle dura (Champ Cherokee, 1972) einen seltsamen Hippie-Killer mit Stirnband und Jeanshemd spielte. Der kubanische Schauspieler übertreibt es hier jedoch mit einer Reihe pittoresker Details (die bunten Mützen, die Pullover und Socken, die Nico niemals auszieht, auch nicht im Bett) und einer patentierten Anspielung auf Sidney Lumets Serpico (1973), dessen Poster und Aushangfotos überall an den Wänden der Wohnung des Polizisten verteilt sind. Serpico ist auch der Name der Maus, die Giraldi als Haustier immer mit sich führt. „Serpico hat mich vollgepinkelt!“ platzt es Giraldi an einem bestimmten Punkt des Streifens heraus: das Modell wird zum Gegenstand eines Witzes, wie es schon beim Italo-Western geschehen war.

Im Vergleich zu zeitgenössischen poliziotteschi nimmt Der Superbulle mit der Strickmütze eine spielerischere Haltung ein, wie die Eröffnungssequenz zeigt. Eine Reihe spektakulärer Raubüberfälle wird in einer stringenten Montage präsentiert, die den Blick auf den urbanen Verfall nachahmt, der in Filmen wie Il cittadino si ribella (Ein Bürger setzt sich zur Wehr, 1974) und Roma violenta (Verdammte heilige Stadt, 1975) porträtiert wird. Doch in Corbuccis Film möchte die Sequenz, anstatt Empörung zu provozieren, offen zum Lachen animieren: Ein dicker Kerl defäkiert auf einem öffentlichen Blumenbeet vor einer Gruppe japanischer Touristen, die sofort anfangen, ihn zu fotografieren, während die Komplizen des Typen ihr Gepäck klauen. Die hyperrealistische Verzweiflung ist zu einer parodistischen Verzerrung geworden, wobei sich das Publikum auf die Seite der Diebe schlägt, die klug und genial auftreten, während die Opfer einfach nur als dumm dargestellt werden. Die römische Unterwelt wird mit einem nachsichtigen, vergebenden Auge gezeigt. Gespielt von Komikern wie Toni Ucci und in den folgenden Filmen Bombolo (richtiger Name Franco Lechner), der zu einer regelmäßigen komischen Präsenz werden würde. All die kleinen Räuber, Betrüger und Taschendiebe, die in Nicos Fängen landen, werden zu comic reliefs, indem er sie mit ein paar Ohrfeigen bestraft, als wären sie ungehorsame (und ein wenig schwachsinnige) Kinder. Die wahren Bösewichte befinden sich anderswo, wobei es bei der Szene, in der Russos (Jack Palance) Männer einen armen Taschendieb in einem Billardsalon zu Tode prügeln, wirklich nichts zu lachen gibt.

Eine weitere wichtige Neuerung betrifft Giraldis Hintergrund. Der Held wird weder von Geistern aus seiner Vergangenheit heimgesucht, noch hat er sich irgendeiner Gerechtigkeitsmission verschworen. Im Gegenteil, er ist ein ehemaliger Dieb (genau wie Flambeau in G.K. Chestertons Father Brown-Geschichten), was nicht nur einen gemeinsamen Aspekt mit Monnezza markiert, sondern auch die Verbindung zwischen den beiden Welten herstellt – der Polizei und der Unterwelt. Was bedeutet, dass die beiden miteinander kommunizierenden Filmuniversen durch die archetypische Serie von Gangster-Streifen und Polizei-Filmen gespeist werden, allerdings jedoch auch durch die extremen Erfahrungen des wirklichen Lebens, die das Publikum von poliziotteschi charakterisieren. Die Umweltbedingungen der Unterentwicklung, auf die sich bestimmte engagierte Filme oder Diskurse als Hauptursache für Kriminalität berufen, rechtfertigen nichts in den Augen des Eurocrime-Publikums, dem ganz genau bewusst ist, wie sehr diese Bedingungen die Einschreibung in die Strafverfolgung bestimmen können.

Im Gegensatz zu den folgenden Einträgen in die Giraldi-Serie ist der Verbrechens-Aspekt bei Die Bullen auf den heißen Feuerstühlen immer noch das Wichtigste, während er später nur noch ein Vorwand für Milians Possen sein sollte. Corbucci und Amendola kümmern sich allerdings nicht darum wie authentisch Giraldis Methoden rüberkommen. Nico rast nämlich als Leiter eines ungewöhnlichen Spezialtrupps (der abgeschwächt an Massimo Dallamanos Quelli della calibro 38 / Kaliber 38 – Genau zwischen die Augen erinnert) auf seinem Motorrad durch die Stadt. Dies ist nicht der erste Film, in dem Tomas Milian Motorrad fährt und sich auf zwei Rädern in einen Sheriff verwandelt. Bei Der Superbulle mit der Strickmütze handelt es sich wieder einmal um einen kaum getarnten Western, in dem die Action viel mehr zählt als der Inhalt. Deshalb ist die Übertreibung und teilweise die Philosophie, die sich durch den Film zieht, gerechtfertigt: schlag härter und schieß zuerst. Darüber hinaus ändert sich die Beziehung zwischen dem Helden und seinen Vorgesetzten. Während Nicos ernsthafte Vorgänger ständig kritisiert, behindert und von ihren Fällen abgezogen wurden, wird Giraldi trotz seiner Vergangenheit als Dieb und seines lässigen Aussehens, seines mangelnden Respekts gegenüber Kollegen und Behörden gleichermaßen sowie seiner schnoddrigen Methoden (wie zum Beispiel einen Taschendieb laufenzulassen, sobald Nico die Informationen von ihm erhalten hat, die er wollte: Giraldi kümmert sich nicht um kleine Fische) fast immer gelobt.

Squadra antiscippo brachte an der Abendkasse über zwei Milliarden Lire ein – fast so viel wie Napoli violenta (Camorra – Ein Bulle räumt auf, 1976) – was zu einem der profitabelsten Einspielergebnisse des Jahres wurde. Juso, Corbucci und Milian drehten in den folgenden Jahren deswegen vier weitere Filme in der Richtung: Squadra antifurto (Hippi Nico von der Kripo, 1976), Squadra antitruffa (Der Superbulle schlägt wieder zu, 1977), Squadra antimafia (Der Superbulle jagt den Paten, 1978) und Squadra antigangsters (Ein Superbulle gegen Amerika, 1979). Diese Streifen sind sich natürlich alle sehr ähnlich und bauen auf einem abgenudelten sowie unveränderlichen Schema auf: einem hauchdünnen Krimi / Action-Plot, einem ausländischen Schauspieler als Hauptschurke (oder als Milians Kumpel, wie es bei David Hemmings in Der Superbulle schlägt wieder zu der Fall ist) und einer Reihe von sekundären Comedy-Charakteren vom kleinen Dieb Venticello (Franco Lechner alias Bombolo) über Giraldis Assistenten Gargiulo (normalerweise gespielt von Stuntman Massimo Vanni, der Raf Luca aus Squadra antiscippo später ersetzte). Die Comic-Duette zwischen Giraldi und Venticello (der zum ersten Mal in Der Superbulle schlägt wieder zu auftrat und sich allmählich zu einer der Hauptfiguren der Serie entwickeln sollte, mit Ausnahme von Ein Superbulle gegen Amerika) bestehen aus typischem Vaudeville-Kram, während Milians Dialoge übelster Mundart aus Reimen und malerisch vulgär verbalen Erfindungen bestehen und schon bald ein Bestandteil des römisch urbanen Slangs wurden.

Die folgenden sechs Filme, ebenfalls unter der Regie von Bruno Corbucci entstanden – Assassinio sul Tevere (Der Superbulle jagt den Ripper, 1979), Delitto a Porta Romana (Elfmeter für den Superbullen, 1980), Delitto al ristorante cinese (Ein Schlitzohr außer Rand und Band, 1981), Delitto in Formula Uno (Formel 1 und heiße Mädchen, 1983), Delitto al Blue Gay (Ein Superesel auf dem Ku’Damm, 1984) – hatten nur noch wenig mit dem Eurocrime-Genre zu tun, was auch aus den Titeln hervorgeht (beginnend mit dem Wort Delitto, Mord, wodurch der Aspekt des whodunit betont wird). Das eskalierende Comic-Element hatte die DNA der Serie unweigerlich modifiziert. Milians außergewöhnlicher Eklektizismus beschleunigte die endemische Instabilität des Genres und brachte den dringend benötigten Kassen-Sauerstoff mit, als der wirtschaftliche Erfolg der poliziotteschi zu verblassen begann. Andererseits betonte er die Atrophie eines Genres, das mit den mechanischen und nicht überzeugenden Wiederholungen derselben Situationen und Erzählschemata langsam begann sein Publikum zu langweilen. Letztendlich verwandelten Giraldis Filme die poliziotteschi Streifen in ausgewachsene Komödien, wobei die whodunit-plots als Klebstoff für Milians verbale Akrobatik und Vorwand für die Slapstick-Zwischenspiele mit Bombolo und Enzo Cannavale dienten.

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  • Seitenverhältnis : 16:9 – 1.85:1
  • Alterseinstufung : Nicht geprüft
  • Regisseur : Corbucci, Bruno
  • Medienformat : Letterbox
  • Laufzeit : 1 Stunde und 33 Minuten
  • Darsteller : Milian, Tomas, Palance, Jack, Omaggio, Maria R., Mannari, Guido, LaCayenne, Jack
  • Untertitel: : Deutsch, Englisch
  • Sprache, : Italienisch (DTS-HD 2.0), Englisch (DTS-HD 2.0), Deutsch (DTS-HD 2.0)
  • Studio : Cineploit Records

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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