Die Viper / Roma a mano armata / The Tough Ones

VHS – Edition

Kommissar Lenny Ferro – die Viper – ist bereits seit einem Jahr hinter Manuel Ferrender, dem berüchtigten Boss der dominierenden Bande der Unterwelt Roms, her. Als er mit brutalen Methoden einen der wichtigsten Männer des Syndikats Vinzenzo Moretto zum Reden bringen will, wird Ferro strafversetzt… Wegen eines von Moretto inszenierten Banküberfalls setzt die Kripo Ferro erneut auf die Gang an. In der Annahme Moretto sei der eigentliche Anführer der Gang, erschießt er ihn. Im Angesicht des Todes erzählt Moretto, dass er selbst Ferrender ermordete, um den tatsächlichen Kopf der Affäre zu decken. Jetzt geht Ferro aufs Ganze… (VPS-Video)

Kurzinhalt inkl. Spoiler !!!

Rom. Kommissar Tanzi (Maurizio Merli) von der Mordkommission ist der Meinung, dass die Polizei bei der Verbrechensbekämpfung nicht durch die Gesetze eingeschränkt werden darf. Außerdem geht er auch nicht mit der Empathie konform, die seine Freundin (eine Psychologin am Jugendgericht) jungen Straftätern gegenüber an den Tag legt. Nach einem Hinweis veranstalten er und seine Männer eine Razzia in einer vermeintlich illegalen Glücksspiellokalität (die vom Kriminellen Ferrender betrieben wird) ohne jedoch Hinweise auf rechtswidrige Aktivitäten finden zu können. Auf der Polizeistation verprügelt der frustrierte Tanzi dann einen von Ferrenders Männern, Savelli, um ihn zum Reden zu bringen, was jedoch ohne Erfolg bleibt. Savelli (Biagio Pelligra) muss freigelassen werden und schon am nächsten Tag erschießen er und seine Komplizen einen Wachmann bei einem Banküberfall. Tanzi macht daraufhin Savellis Schwager ausfindig (einen Buckligen namens Vincenzo Moretto) der in einem Schlachthof arbeitet. Der Kommissar nimmt Moretto (Tomas Milian) fest und schlägt ihn brutal zusammen, um Savellis Aufenthaltsort aus ihm herauszupressen. Um freigelassen zu werden schneidet sich Moretto die Pulsadern auf, woraufhin der Kommissar von seiner Abteilung dazu verdonnert wird administrative Aufgaben zu verrichten. Währenddessen lässt Moretto Tanzis Freundin Anna (Maria Rosaria Omaggio) von seiner Bande (Corrado Solari, Riccardo Petrazzi und Luciano Pigozzi) entführen und beinahe ermorden, doch letztendlich jagen sie der jungen Frau und somit auch Tanzi „nur“ einen gehörigen Schrecken ein. Tanzi bekämpft die Kriminalität auch weiterhin mit seinen eigenen unorthodoxen Methoden, ohne dabei auf Befehle zu achten. Dabei bekommt er es u.a. mit einer Gruppe von Jugendlichen aus der Oberschicht, sowie dem Drogendealer Tony Parenzo (Ivan Rassimov, der ihn zum nur schwer fassbaren Ferrender führen könnte) zu tun, doch gerade als er auspacken will, wird Tony von einem Auftragskiller umgebracht. Nach einem weiteren Raubüberfall von Morettos Gang (der blutig endet) rechnet Tanzi letztendlich mit dem Buckligen ab. Der hatte nämlich Ferrender bereits vor einiger Zeit über den Tiber geschickt, um dessen kriminelles Imperium übernehmen zu können.

Nur ein halbes Jahr nach der Veröffentlichung von Roma violenta (Verdammte, heilige Stadt), erschien im Februar 1976 ein weiterer poliziotteschi mit Maurizio Merli in der Hauptrolle, der die Ewige Stadt im Titel trägt (zumindest in Italien). Roma a mano armata (Die Viper) recycelt nicht nur den gleichen mosaikartigen Plot aus Marino Girolamis Film, sondern auch (was noch viel wichtiger erscheint) seinen Helden, denn Merli verkörpert hier einen Kommissar, der sich nur aufgrund seines Namens von seinem Vorgänger unterscheidet (Tanzi anstatt Betti und in der deutschen Version Ferro). Das Ergebnis ist seinem Vorgänger bei weitem überlegen, wobei der Verdienst dabei Umberto Lenzi gutgeschrieben werden muss. Der toskanische Regisseur, ein versierter Filmemacher, der seit den frühen 60er Jahren aktiv war, versuchte sich an praktisch allen Genres des italienischen Populärkinos. Lenzi konnte mit Leichtigkeit von Spionagefilmen zu Kriegsfilmen und gialli wechseln, doch es waren die poliziotteschi, bei denen er das ideale Terrain für seinen Stil und seine Herangehensweise an das Filmemachen finden konnte. Bereits in der Eröffnungssequenz (eine Kamera filmt verschiedene Straßen Roms und konzentriert sich dabei auf Gebäude bzw. Geschäfte, die eventuell überfallen und ausgeraubt werden könnten) zeigt Lenzi, dass er sich in diesem Genre sehr gut aufgehoben fühlt.

Ein weiterer Vorteil von Roma a mano armata seinem Vorgänger gegenüber besteht darin, dass man Merlis Kommissar Tanzi gegen einen würdigen, unvergesslichen Antagonisten antreten lässt – nämlich den missgestalteten Vincenzo Moretto mit dem Spitznamen „il Gobbo“ (Der Bucklige), der von Tomas Milian verkörpert wird. Ein Charakter, der mit einer erschreckend anti-bürgerlichen und asozialen Wut aufgeladen ist, die der kubanische Schauspieler glänzend versteht rüberzubringen. Besonders einprägsam präsentiert sich die Szene, in der Moretto auf der Toilette der Polizeiwache seine Verachtung gegenüber den „dreckigen Bullenschweinen“ ziemlich heftig zum Ausdruck bringt und sich dann mit dem Metallarmband seiner Uhr die Pulsadern aufschneidet. Der Bucklige entweiht Familie, Religion und Autorität gleichermaßen, wobei seine Grausamkeit Ebenen erreicht, die Milians früherem (Über-)Schurken Giulio Sacchi aus Lenzis Milano odia: la polizia non può sparare (Der Berserker, 1974) würdig ist. Während einer Verfolgungsjagd entführt Moretto einen Krankenwagen, der mit einer Frau und deren Ehemann auf dem Weg ins Krankenhaus ist und zögert keine Sekunde den Mann mit seiner Maschinenpistole über den Haufen zu ballern, als der sich gerade beschweren will. Trotz seiner hasserfüllten Exzesse offenbart die politische Inkorrektheit des Buckligen ein allgemeines Unbehagen von dem die Unterschicht (zu der er gehört) zersetzt wird.

Vielleicht ist das der Grund für den phänomenalen Erfolg des Buckligen als Charakter, der zu dessen Rückkehr in Lenzis La banda del gobbo (Die Kröte, 1978) führte. Wenn Merli der Star des Films ist, stiehlt ihm Milian normalerweise die Show. Die offensichtliche Konkurrenzfähigkeit des Schauspielers sorgt für eine effektive Bildschirmchemie, so wie in der Szene, in der Tanzi den Buckligen dazu zwingt eine Pistolenkugel runterzuschlucken und Moretto daraufhin schwört, er werde die Kugel wieder ausscheiden und Tanzi damit erschießen. Milian hat die denkwürdigsten Zeilen des Films spendiert bekommen, die alle reichlich obszöner Natur sind. Der üppige Einsatz von profaner Sprache wurde zum unverwechselbaren Markenzeichen der folgenden Charaktere des Schauspielers, wie dem Kleinkriminellen Monezza (Il trucido e lo sbirro / Das Schlitzohr und der Bulle, 1976 sowie La banda del trucido / Die Gangster-Akademie, 1977) und Inspektor Nico Giraldi (Squadra antiscippo / Der Superbulle mit der Strickmütze sowie zehn weiteren Filmen von 1976 bis 1984). In La banda del gobbo übernimmt Tomas Milian sogar eine Doppelrolle, indem er sowohl den Buckligen (der sich dort Vincenzo Marazzi anstatt Moretto nennt), als auch Monnezza (der dort Sergio Marazzi heißt und somit sogar den Zwillingsbruder des Buckligen repräsentiert) verkörpert. Ivan Rassimov, der in anderen Filmen (wie zum Beispiel Si può essere più bastardi dell’ispettore Cliff? / Superbitch, 1973) üblicherweise den Hauptschurken mimt, wird in einer Nebenrolle verschwendet, während Arthur Kennedys Cameo-Auftritt die übliche Hommage an Hollywood-Veteranen darstellt.

Dardano Sacchettis Drehbuch ist diesmal nicht gerade mit Erfindungsreichtum gespickt, da die meisten Situationen sowas wie ein Déjà-vu hervorrufen (wie die Banküberfälle, die an die jeweiligen aus Roma violenta und Napoli violenta / Camorra – Ein Bulle räumt auf erinnern), während Franco Micalizzis enorm starker Score wahrlich eine treibende Kraft darstellt. Umberto Lenzis Regieführung gestaltet sich sicher und mit einiger Finesse. Seine Actionszenen vermitteln wie üblich eine Unmittelbarkeit, die wohl den Umständen geschuldet ist, da ein Großteil der Sequenzen sehr wahrscheinlich ohne jegliche Genehmigung gedreht worden ist (wie es ja oftmals der Fall war). Üblicherweise macht die Gewalt in solchen Filmen irgendwann Platz für reinen Sadismus, der dann meistens auch mit einem Hauch von Klassenressentiments angereichert wird. In einer erschütternden Szene vergewaltigt eine Gruppe von Rowdies aus der Oberschicht ein Mädchen, das mit ihrem Freund im Auto Liebe machen wollte und missbrauchen sie mit einem Stock, wobei sie ihn böse verprügeln und als „beschissenen Proletarier“ beschimpfen. Weit verbreitete Gewalt durchdringt auch hier alle sozialen Schichten, doch wenn der Regisseur den Film dann doch mal mit einer Prise Barmherzigkeit würzt, dann für die beiden jungen Handtaschenräuber aus der Arbeiterschicht, die am Ende allerdings von einem Lastwagen überfahren werden, nachdem sie von einer gutherzigen Psychologin des Jugendgerichts (wohl zu früh) freigelassen wurden, die zufälligerweise auch Tanzis Freundin Anna ist. Außerdem wird Lenzis Verachtung gegenüber dem reichen verwöhnten Burschen mit Engelsgesicht (Stefano Patrizi), der zusammen mit seinen Freunden zum Vergnügen ultragewalttätig gegen unschuldige sowie hilflose Opfer vorgeht, deutlich herausgestellt.

In UK und USA gibt es sehr gute BluRays von diesem Film.

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  • Artikel-Nr.: V1669
  • Bildformat: „Vollbild 4:3“
  • Medium: „VHS“
  • Spielzeit: „ca. 89 Min.“
  • Sprache: „Deutsch“
  • TV-Norm: „Pal“
  • Zustand: „sehr guter Zustand – Einleger“
  • FSK: „ungeprüft“
  • Tonformat Analog: „Mono“
  • Medium:
  • FSK-Logo:

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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