Ghetto Blaster

VHS – Edition

Los Angeles heute. Ein heißer Hexenkessel der Gewalt … ein brodelnder Schmelztiegel gegensätzlicher Rassen und Klassen. 600 Banden terrorisieren die Stadt. Die HAMMERS – unter ihrem Chef JESUS sind die Härtesten. Ihnen ist jedes Mittel recht, um ihre tödliche Langeweile zu vertreiben. Am Vormittag ein Überfall, am Abend eine Schießerei und um Mitternacht eine Vergewaltigung. Die Bürger sind verzweifelt. Nur einer schlägt zurück. TRAVIS – Richard Hatch. Er ist bereit, den Kampf aufzunehmen, gegen die „Schmeißfliegen der Gesellschaft“. (VPS-Video)

Sieht man sich mal das Exploitation-Kino der 80er Jahre an, so geht einem das Gejammer über den Vietnamkrieg irgendwann ganz mächtig auf den Geist. Bei all den Veteranen, die von Schuldgefühlen geplagt oder von Flashbacks der erlebten Schrecken heimgesucht werden und sich nicht wieder in das zivile Leben einfügen können, sollte man meinen, dass die Darstellung von Nam-Veteranen ein Symptom für ein nationales Trauma repräsentiert. Es könnte einem so vorkommen, als wollten die USA durch filmische Stellvertreter versuchen, sich mit dem auseinanderzusetzen, was damals geschehen ist. Genauso häufig wie der traurige sowie enttäuschte Vietnam-Veteran, taucht auch sein filmischer Zeitgenosse, der Rache-Veteran, auf. Er fordert alles zurück, was verloren gegangen ist, repariert alles, was kaputt gegangen ist und korrigiert alles, was im post-Vietnam Amerika falsch gelaufen ist (die amerikanische Regierung war damit ja bekanntlich vollkommen überfordert). Hätte der Krieg (oder besser ausgedrückt: der militärische Konflikt) den US-Amerikanern nationale Demut beigebracht, dann wäre der Rache-Veteran wahrscheinlich nie ins Leben gerufen worden.

Ghetto Blasters Travis (Richard Hatch) ist nicht die Art von Nam-Veteran, die man bemitleiden muss. Wie sein gleichnamiger Vorgänger von 1976, Travis Bickle, ist er mehr daran interessiert sich selbst zu „heilen“. Der Film beginnt mit Travis‘ Rückkehr in sein Elternhaus in Los Angeles, wo er sich nach seiner Rückkehr aus Vietnam mit seinem entfremdeten Vater Curtis (R.G. Armstrong) wiedervereinigt. Auf der Suche nach einem Gefühl von Normalität (nach dem Verlust seiner Frau) stellen Travis und seine Tochter allerdings fest, dass die vertraute alte Nachbarschaft stattdessen zu einem „Ghetto“ geworden ist. Doch wenn uns Routine eines gelehrt hat, dann ist es, dass der Krieg (den Travis hinter sich zu bringen versucht) den Ort repräsentiert, an dem er die gleichen esoterischen Kampfkünste erlernt hat, die es ihm nun ermöglichen, in den Straßen Amerikas erneut Kämpfe austragen zu können.

Bereits innerhalb weniger Minuten nach seiner Ankunft gerät Travis in Konflikt mit The Hammers, einer harten Bande von Chicanos, die Travis‘ Vater prompt ermorden. Trotz des Wunsches, den Eck-Laden seines Dads schnell zu verkaufen und L.A. genauso schnell wieder zu verlassen, wie er gekommen ist, macht Travis den gleichen Fehler wie sein alter Herr: er weigert sich den Hammers Schutzgeld zu zahlen. Allerdings muss erst sein loyalster Kunde ermordet werden, bis Travis sein Training für „urbane Kriegsführung“ wieder aufnimmt und zurückschlägt. So, als wäre er eine Art Rambo, wie seine Rivalen in einem Moment des Scharfsinns spöttisch anmerken.

Tatsächlich tarnt sich Travis mit dem, was eindeutig das städtische Äquivalent zu Schlamm und Blättern darstellt: einem Clown-Kostüm. Damit verkleidet, bringt er eine Ladung Kokain der Hammers in seinen Besitz, was zu dem in Actionfilmen über Drogenkriminalität allzu häufigen Höhepunkt der gegenseitigen und banalen Geiselnahme / Verfolgung / Schießerei im verlassenen Lagerhaus führt. Die Wiederbelebung des gesamten Krieges (einschließlich rassistischer Abgrenzungen) im Ghetto erweckt jedoch nicht nur Travis‘ und Amerikas Männlichkeit, sondern erledigt auch noch die harte und moralisch belastende Aufgabe, eine klare Grenze zwischen denen zu ziehen, die das Recht (und die Macht) haben, die Regeln zu diktieren sowie denen, die es nicht haben. Unter einem wackelig wilden Rap-Beat mischt Ghetto Blaster Flicks wie Der Exterminator (1980) und Colors – Farben der Gewalt (1988) zu ungefähr gleichen Teilen in einer nahezu makellosen Agglomeration des Rache / Vigilante-Merkmals von Vietnam Veteranen, die den Ausnahmezustand der 80er Jahre und das Genre der Ghetto-Drogenkriminalität wiederbelebten, das „weiße“ Menschen in den 90er Jahren bis ins Mark erschrecken sollte. Und, als wäre es vom ehemaligen Präsidenten George H. W. Bush höchstpersönlich verkündet worden, beweist Ghetto Blaster zweifellos, dass die U.S.A. das Vietnam-Syndrom endgültig hinter sich gelassen haben.

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  • Bildformat: „Vollbild 4:3“
  • Medium: „VHS“
  • Spielzeit: „ca. 82 Minuten“
  • Sprache: „Deutsch“
  • TV-Norm: „Pal“
  • Zustand: „sehr guter Zustand – Einleger“
  • FSK: „18“
  • Tonformat Analog: „Mono“
  • Medium: VHS
  • FSK-Logo: 18

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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