Highway Racer / Poliziotto sprint

Hitzkopf Marco Palma ist Mitglied von Commissario Tagliaferris Spezialeinheit und als solcher Fachmann für quietschende Pneus und qualmende Motorblocks. Mit seinem Chef liegt er allerdings ständig im Clinch, denn jener hält ihn für ein unbelehrbares und überhebliches Großmaul, das keine Regeln kennt und das Leben der Kollegen riskiert. Allerdings weiß er auch, was er an Palma hat: einen potentiellen Spitzenfahrer, der ihm Undercover dabei helfen kann, seine Nemesis – den Franzosen Dossena alias „Der Nizzaer“, Kopf einer Bankräuber-Bande – hinter Schloss und Riegel zu bringen. Mit einem eigens restaurierten Ferrari 250 GTE als Dienstwagen stürzt sich Palma in seine turbulente neue Mission… (Camera Obscura)

Highway Racer ist der erste von sechs Filmen mit Maurizio Merli, die Stelvio Massi zwischen 1977 und 1980 gedreht hat. Der Streifen stellt etwas Einzigartiges in der Karriere des Schauspielers dar und bietet gleichzeitig eine ganz andere Atmosphäre sowie ein völlig anderes Gefühl als der zeitgenössische poliziotteschi. Das Skript von Gino Capone ist ein Patentversuch, der sowohl das Thema, als auch die Filmpersönlichkeit des Schauspielers verjüngt und sich generell an ein jüngeres Publikum richtet. Merli (zum einzigen Mal in seiner Karriere ohne Schnurrbart und er synchronisiert sich in der italienischen Fassung selbst) verkörpert diesmal keinen Kommissar, sondern einen bloßen Polizeibeamten, Marco Palma, mit einem hervorragendem Gespür für Motoren, Autos und Geschwindigkeit. Im Vergleich zu Merlis früheren Charakteren hat Marco das heiße Temperament und das liebenswerte Lächeln gemein, doch er sitzt lieber hinter einem Lenkrad, als eine Waffe abzufeuern. Um jeden Preis für Gerechtigkeit zu sorgen kann nicht als seine Obsession beschrieben werden. Er möchte viel eher ein Gewinner sein, eine Nummer eins – eine Motivation, die Palma auch den Kids im Publikum näher brachte, die sich nicht so sehr für urbane Sicherheit interessierten, wie sie sich nach einem brandneuen Auto sehnten. Die Inspiration für einen solchen Charakter kam von einer echten Figur, dem Brigardier Armando Spatafora, der in den 60er Jahren aufgrund seiner fahrerischen Fähigkeiten bei spektakulären Polizeieinsätzen immer wieder in den Schlagzeilen der Zeitungen auftauchte und den Spitznamen „Poliziotto sprint“ erhielt, was auch der italienische Titel dieses Films werden sollte.

Palma ist ein Held, mit dem sich ein jüngeres Publikum viel besser identifizieren kann als mit Kommissar Betti aus Roma violenta (Verdammte heilige Stadt, 1975), da er sich näher an der proletarischen Bevölkerung bewegt, auf die sich der Film bezieht, mit Hot Rods und geheimen Autorennen in den Vororten. Sein Antagonist (Angelo Infanti) ist ebenso weit entfernt von den üblichen sadistischen Bösewichten der poliziotteschi, denn er repräsentiert einen eleganten, fast distanzierten Verbrecher, der Pferderennen liebt und sich bei einer Flucht mit dem Auto lieber verhaften lässt, anstatt ein neugeborenes Baby im Kinderwagen zu überfahren. Ebenso stellt der letzte Showdown keine blutige Schießerei dar, sondern ein spektakuläres Autorennen, bei dem die beiden Piloten versuchen, sich gegenseitig zu übertreffen. Weniger Blut, mehr Stunts: Das Ergebnis war ein Kassenschlager. Kritiker sprangen auch freundlicher mit dem Film um, als gewohnt. Trotz einer Bemerkung zu seiner wahren reaktionären Ideologie fanden die meisten Highway Racer liebenswürdiger und klüger als andere Filme seinesgleichen.

Obwohl Merli seinen Teil zum Fahren für den Film beigetragen hat (wie zum Beispiel die Szenen, in denen Palma auf dem Autodrom trainiert), sind Remy Juliennes spektakuläre Autostunts, die die Atmosphäre von Live-Stuntshows nachbilden und manchmal an ähnliche amerikanische Filme der Zeit erinnern, das Hauptargument von Highway Racer. Laut Massi hat der französische Stuntman während des Drehs nicht weniger als 18 Fahrzeuge zerstört. Ein äußerst gut ausgeführter Stunt, den Massi um fünf Uhr morgens drehte, um Ärger mit den Behörden zu vermeiden, lässt Julienne sein Auto die berühmte Trinita dei Monti-Treppe hinunterfahren. Das Ende des Films, bei dem Nizzardo während der letzten Herausforderung mit Palma seinen Tod findet, wurde während der Dreharbeiten praktisch improvisiert, weil Julienne das Auto zu Schrott fuhr, das von Infantis Charakter gefahren werden sollte, während beim ursprünglichen Ende Palma und sein Gegner die Hände schütteln, nachdem ihr Wettkampf Unentschieden ausgegangen ist.

Die spektakulären set-pieces werden von Massis Regieführung reichlich zur Schau gestellt, obwohl sich der Film zuweilen zu sehr auf Unfälle und Zeitlupen-Überschläge verlässt. Andererseits sind die Charaktere oftmals als träge, eindimensionale Figuren zu beschreiben, angefangen mit der unbedeutenden und „dummen“ Liebschaft Marco‘s (Lilli Carati). Sogar die Beziehung zwischen Marco und seinem Vorgesetzten (Giancarlo Sbragia), einem ehemaligen Top-Fahrer (der für Palma beides ist, eine Vaterfigur und ein Vorbild) stagniert aufgrund eines vorhersehbaren Generationenkonflikts.

Massi betrachtete Highway Racer als seinen besten Film, vergleichbar mit Poliziotto solitudine e rabbia (Knallharte Profis, 1980). Er kehrte mit einem Action-Diptychon von Speed Cross (Speed Cross – Zwei geben Vollgas) und Speed Driver (Der Todesfahrer, beide 1980 veröffentlicht und mit Fabio Testi in den Hauptrollen, obwohl Massi lieber Merli als Hauptprotagonisten gehabt hätte) zum Thema Geschwindigkeit und Motoren zurück. Obwohl die beiden Filme manchmal als poliziotteschi bezeichnet werden, haben sie jedoch sehr wenig mit dem Genre zu tun.

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  • Darsteller: Maurizio Merli, Giancarlo Sbragia, Angelo Infanti, Lilli Carati, Glauco Onorato
  • Regisseur(e): Stelvio Massi
  • Sprache: Italienisch (PCM2 .0), Deutsch (PCM2 .0)
  • Untertitel: Deutsch, Englisch
  • Region: Alle Regionen
  • Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
  • FSK: Nicht geprüft
  • Studio: Camera Obscura
  • Produktionsjahr: 1977
  • Spieldauer: 102 Minuten

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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