Il coltello di ghiaccio / Knife of Ice

Als Martha Caldwell (Carroll Baker) in ihrer Kindheit miterlebt, wie ihre Eltern bei einem Eisenbahnunglück ums Leben kommen, verstummt sie. Mittlerweile erwachsen geworden, lebt sie bei ihrem Onkel Ralph (George Rigaud) auf dessen Landgut. Die Beiden werden von Marthas Cousine Jenny (Evelyn Stewart) besucht, wobei die Dinge eine tragische Wendung nehmen, als Jenny ermordet wird. Hinweise deuten darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen dem Mörder sowie einem satanischen Kult besteht und als die Zahl der Todesopfer weiterhin steigt, wird schon sehr bald klar, dass auch Martha als Opfer auserkoren worden ist…

Il coltello di ghiaccio reiht eine Absurdität an die andere, kann aber als ein fesselnder sowie überraschend entwaffnender „Genre“-Beitrag von Umberto Lenzi bezeichnet werden. Lenzis Hang zu lächerlich übertriebenen falschen Fährten und recht unwahrscheinlichen Wendungen innerhalb der Handlung ist hier deutlich zu erkennen, doch in diesem Zusammenhang stellt das alles einen Teil des Spaßes dar. Dem Film gelingt es auch zu vermeiden zu einer weiteren Variation von Les diaboliques (Die Teuflischen, 1955) zu werden, weswegen er umso frischer wirkt. Auf den ersten Blick scheint es so, als hätte sich Lenzi von Robert Siodmaks Noir-Klassiker Die Wendeltreppe (1945, mit einer stummen Heldin, die von einem Wahnsinnigen terrorisiert wird) und / oder Richard Fleischers Thriller Stiefel, die den Tod bedeuten (1971, in dem sich die blinde Mia Farrow mit einem psychopathischen Mörder in einer Wohnung eingesperrt wiederfindet) inspirieren lassen.

Die Geschichte gestaltet sich trotz der melodramatischen Zugeständnisse an Konventionen fesselnd genug, wobei sich das Finale als recht überraschend erweist, selbst wenn man ein eingefleischter „Genre“-Liebhaber sein sollte. Lenzis Stärken sowie Schwächen sind allerdings durchgehend erkennbar. Der Film bewegt sich in gutem Tempo und liefert genau an den Stellen ab, wo es darauf ankommt, doch seine Versuche manche Szenen für maximalen Spannungswert zu melken, kommen oft als recht übertrieben rüber. Außerdem fügt er leider auch Szenen von realer Gewalt gegen Tiere hinzu, indem er den Film mit einer langatmigen und ziemlich geschmacklosen Sequenz eines echten Stierkampfs eröffnet. Die schwerfällige Symbolik der Szene kann bereits als schlimm genug bezeichnet werden, doch die Art und Weise, wie der Regisseur auf dem Gemetzel verweilt, erweist sich als unnötig unangenehm und trägt nichts zum Film bei. Später erlangte er genauso große wie zweifelhafte Berühmtheit, weil er in seinen Streifen Cannibal Ferox (Die Rache der Kannibalen, 1981) noch grausameres Material einarbeitete. Tatsächlich könnte man argumentieren Lenzi hätte für Knife of Ice eben einfach einen echten Stierkampf abgefilmt, was wahrscheinlich noch irgendwie zu verzeihen wäre. Doch bei Cannibal Ferox sollte er sogar noch etliche Schritte weiter gehen, indem extra inszenierte Szenen von Tierquälerei zum Zweck des Schockwerts und der Ausbeutung gefilmt wurden. Lenzi war jedoch nicht der einzige Regisseur, der sich dieser Praktik schuldig gemacht hat, weswegen es unfair wäre ihn als alleinigen Tierquäler hinzustellen.

Für ihre letzte Zusammenarbeit mit Lenzi erhielt Carroll Baker mal eine ganz andere Aufgabe als gewohnt. Die Rolle der stummen Martha verlangt von der Schauspielerin einiges an pantomimischer Darstellung und präsentiert sie zudem in einem weniger glamourösen Licht als sonst. Leider strengt sie sich dabei nicht sonderlich an, weswegen es ihr nicht gelingt den Charakter auf irgendeine Art und Weise interessant zu gestalten. Ida Galli (als Evelyn Stewart gelistet) spielt Marthas Cousine Jenny, wird aber leider viel zu früh vom Mörder entsorgt. Vielleicht hätte sie der Hauptrolle etwas mehr Farbe und Ausdruckskraft verleihen können? Der amerikanische Schauspieler Alan Scott liefert als besorgter Dr. Laurent eine hölzerne Vorstellung ab, während es Jorge Rigaud sehr gut versteht, als kränklicher Onkel Ralph zu glänzen. Lenzi beschäftigte sich auch weiterhin mit dem filone, allerdings mit gemischten Ergebnissen, wobei sich seine besten gialli in jeglicher Hinsicht auf die späten 60er Jahre beschränken.

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Extras und Besonderheiten:

  • 2K-Übertragung vom Originalnegativ im Seitenverhältnis 2,35:1
  • Präsentation in hoher Auflösung (1080p).
  • 2.0 Englisch LPCM Mono
  • 2.0 italienisches LPCM Mono mit neu übersetzten Untertiteln
  • Stabiler Schuber mit brandneuem Artwork von Richard Davies
  • 40-seitiges, klebegebundenes Buch mit neuen Texten zum Film von Francesco Massaccesi und Barry Forshaw
  • Doppelseitiges ausklappbares Poster
  • Audiokommentar von Giallo-Experte Troy Howarth und Kritiker Nathaniel Thomson von Mondo-Digital.com
  • Gelb ist die Farbe der Angst – Ein Interview mit Kritiker Marcus Stiglegger
  • Dressing to Kill – Ein Interview mit Kostümbildner Silvio Laurenzi
  • Il Cinema Kriminal Di Umberto Lenzi – Teil 1
  • Italienische Credits-Sequenz
  • Englischer Kinotrailer

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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