Im Zeichen des Bösen – Touch of Evil

Vor geraumer Zeit erschien auch in Deutschland Orson WellesTOUCH OF EVIL (Im Zeichen des Bösen) auf BluRay, in den drei bekannten Fassungen. Dieses Werk hat eine turbulente Geschichte hinter sich, die sich auf Wikipedia gut nachlesen lässt. Ich habe mir nach vielen Jahren nun die BluRay (im Directors Cut) angesehen und will den Film nochmal reflektieren.

Touch of Evil

Touch of Evil handelt von einem Bombenattentat in der Grenzstadt Los Robles, das der mexikanische Polizist Vargas (Charlton Heston) miterlebt, als er zusammen mit seiner Verlobten Susan (Janet Leigh) herumschlendert. Zu ermitteln beginnt auf amerikanischer Seite der alte Detektiv Quinlan (Orson Welles). Vargas und Quinlan verstehen sich aber von Anfang an nicht. Der eher korrupte Amerikaner und der von Natur aus skeptische Vargas geraten als bald aneinander. Die Vermutungen von Vargas, dass Quinlan Dreck am Stecken hat, scheinen sich zu bewarheiten, vor allem als dessen Kollege, Sergeant Menzies, der Quinlain jahrelang gedeckt hat, mit Hinweisen herausrückt dass Quinlan auch vor Beweisfälschung nicht zurück schreckt. Es entwickelt sich ein Katz- und Mausspiel zwischen Quinlan, örtlich gut vernetzt, erfahren aber Alkoholiker, und Vargas, außerhalb seiner Zuständikeit, ohne Freunde vor Ort, ein Konflikt bei dem auch Susan zum Faustpfand wird. Am Ende muss es Vargas schaffen, Quinlan zu entlarven….

Touch of Evil

Wer sich an den Film Get Shorty mit John Travolta erinnert, der weiß vielleicht noch wie sich die Szene entfaltet, als der Charakter Chili Palmer alleine im Kino sitzt und sich Touch of Evil ansieht, zum tausendsten mal, so dass er die Dialoge auswendig mitsprechen kann. Am Ende ist er so begeistert von dem Finale dass er unbekannte andere Kinogäste darauf anspricht, er ist ein richtiger Enthusiast und Begeistert von diesem Film. Es ist das bekannte Ende, bei dem Marlene Dietrichs Charakter über Quinlan sagt „he was some kind of a man, but a lousy cop“, während Mancinis wunderbare Filmmusik abläuft. Filmmomente für die Ewigkeit. Und genau dass ist es auch, das Touch of Evil wirklich hervorragen macht: der Film bietet eine ganze  Reihe wirklich mitreißender Kinomomente, eine spannende Geschichte und hervorragende Schauspieler. Es ist ein Film Noir der Spätphase des Genres, eine Art Dekonstruktion des Detektivromans, der Antiheld auf die Spitze getrieben. Quinlan ist ein richtiger Schurke, ein Bösewicht geradezu. Der Film ist zudem für seine Zeit auch gewagter als man es heute realisieren würde. Der Drogenkonsum, versuchte Vergewaltigungen, Alkoholismus, vieles wird sehr abgeklärt dargestellt und verpackt in eine ernüchternde Saga aus moralischem Verfall, Verbrechen und Schicksalen.

Touch of Evil

Welles hatte leider mit dem Film nicht so viel Glück. Abgedreht wurde ihm das Werk weggenommen, das Studio schnippelte am Film herum. Die Kinofassung war nicht, was Welles im Sinn hatte. Er schrieb ein langes Memo, seine Änderungswünsche skizzierend. Dieses Memo ist es, das später Filmhistorikern dabei half, den Directors Cut zu rekonstruieren. Aber auch eine in den 80ern angefertigte Neuauflage ist einen Blick wert. Prinzipiell liegen eigentlich drei gute Fassungen eines Meisterwerks vor, keine Fassung wirklich schlecht, aber auch keine hundert prozentig aus Welles Fingern. Ich würde mal so weit gehen und sagen der Directors Cut ist für Neueinsteiger noch das authentischte Erlebnis und stellt finde ich alles in Allen die beste Version dar.

Der Film ist von der ersten Minute, ein hochspannender Long-Take Crane-Shot, spannend und strotzt nur so von vorsichtig chorographierten Aufnahmen, komplizierten Sets und akribisch einstudierten Aufeinandertreffen von Akteuren, unter denen sich noch weitere Sternchen Hollywoods befinden, wie z.B. Dennis Weaver, Zsa Zsa Gabor, Mercedes McCambridge und gleich am Anfang Joseph Cotten. Da ich den Film jetzt natürlich angesichts der 2020 neu erschienenen Remastered Edition von Koch Films erneut guckte, bin ich wieder einmal ganz hin und weg und begeistert von diesem Film, ein Meisterwerk wie ein eine Tafel Schokolade mit Keksen drin.

Touch of Evil

Nun zur BluRay. Ich brauchte zwei Anläufe um mir diese Neuauflage zu genehmigen. Das liegt daran, dass diese Restauration ein so starkes Edge Enhancement auf weißt, dass manche Szenen ein wenig nach einem Trickfilm aussehen finde ich. Recherchen im Netz zeigen, dass die US BluRay hier deutlich weniger stark auf die digitale Effekt-Drüse drückt. Man muss sich also an den Anblick gewöhnen. Das alte schwarz/weiß Material wurde sehr akribisch, aber meines Erachtens auch etwas ungekonnt aufbereitet. So hat man den Klassiker sicher lange nicht mehr gesehen, aber es ist auch sicherlich keine extrem authentische Rekonstruktion des Filmmaterials. Wobei Welles Filmtechnik was Fokussierung und dergleichen anbelangt durchau auch Neuland beschritten hatte. Der Film ist visuell definitiv eine Meisterleistung.

Update: Die 2020er Neuauflage basiert auf einer neuen 4K Abtastung des Materials, und das macht einen wirklichen Unterschied. Zwar müht sich natürlich auch jetzt noch der Rauschfilter an den schwarz-weiß Bildern Anno 1958 ab, aber das Bild ist jetzt klar, scharf und körnig und sieht richtig nach Film aus, die Kantenglättung ist sachte (zumindest relativ) und man sieht keinen Lego Film mehr. Mein Kritikpunkt der Vorgängerversion entfällt damit weitgehend. Die damalige Version hatte ich mir nicht gekauft, bei dieser überlege ich tatsächlich die Investition zu tätigen. Klar, auch hier gibt es Szenen die ein Tick weniger scharf daher kommen und so weiter, auch Szenen die auf weniger gut erhaltenem Material basieren (z.B. Streifen aufweisen), aber man muss auch das Alter berücksichten und dass manchmal als Stilmittel eingesetzt wird, das nicht das im Fokus ist, was man erwarten würde. Mit dabei sind wieder alle drei Versionen.

Es gibt zwei Audiokommentare (einer mit dem Produzent der Restauration, Rick Schmidlin, der andere mit Charlton Heston, Janet Leigh und Rick Schmidlin). Mit dabei sind außerdem „Bringing Evil do Life“ (21min), so eine art Making-Of Rückblick mit vielen Interviews in denen es auch eben darum geht, dass man Orsons Vision wiederherstellte, dann „Evil Lost and Found“ (17min), bestehend aus weiteren Interviews rund um den Film, seine Geschichte und Orson, sowie der Originaltrailer und eine Bildergalerie. Zum Ton (Director’s Cut): Neben dem Originalton (getestet, klingt gut aber weist leichtes Rauschen auf) steht die deutsche TV-Synchro und auch die Kino-Synchro zur Auswahl. Es gibt deutsche und englische Untertitel.

Mit dabei ist noch eine DVD Fassung, und natürlich auf der zweiten BluRay natürlich noch die ursprüngliche Kinofassung (Originalton oder deutsche Kino-Synchro, optional ein Audiokommentar mit Filmkritiker F.X. Feeny, deutsche oder englische Untertitel) sowie die sogenannte Preview-Fassung (Originalton oder dt. Kino-Synchro, optional mit Audiokommentar mit Filmhistorker James Naremore und Jonathan Rosenbaum, deutsche und englische Untertitel). Insgesamt sind es drei Discs.

Touch of Evil

Was soll man hier noch sagen, ein Meisterwerk auf BluRay, in allen Fassungen, mit jeder Menge interessanter Extras. Die überarbeitete Fassung ist definitiv empfehlenswert. Sowohl für Fans, als auch für Neuentdecker. Ein Film der so gut ist, dass jede Szene kleine innerliche Freudensprünge auslöst, ein Film der spannend, unterhaltsam und zitierbar ist, und das alles hier in einem schön aussehenden Paket, mit tonnenweise Extras (vier Audiokommentare verteilt auf drei interessante und filmhistorisch wertvolle Versionen des Films) und eine wirklich sehr guten Qualität (die Vorgängerversion kann damit weg).

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Die BluRay wurde uns von Koch Films zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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