Die Gangster-Akademie / La banda del trucido / Destruction Force

Eine Schießerei nach einem Raubüberfall endet mit dem Tod des Polizeichefs. Kommissar Ghini macht sich auf die Suche nach dem Verdächtigen, um den Tod seines Chefs zu rächen. Seine Suche führt ihn zu Belli, einem sizilianischen Gangster, und Trashy, dem abgefeimten Anführer einer Mörderbande. Die Situation wird haarig, als sowohl Polizei als auch die Gangster Belli aufspüren, der immer noch etwas Zeit findet, um ein paar Raubüberfälle zu begehen. Skurril wird es, als Sergio Marazzi, genannt „Monnezza“ (Tomas Milian), die Bühne betritt. Dieser betreibt nämlich mit seiner Flamme ein kleines Ristorante und ganz nebenbei auch noch eine Gangster-Akademie, in der er seine Schüler gewaltfreie Inbesitznahme fremden Eigentums lehrt. Der harmlose Ex-Knasti stellt sich dennoch in den Dienst des Gesetzes und unterstützt Ghini nach bestem Ermessen, denn in der Unterwelt kennt er sich aus wie kein Zweiter. (Cinestrange Extreme)

Kurzinhalt inkl. Spoiler !!!

Nachdem sein Vorgänger Tadderi von einem Banditen getötet wurde, nimmt der neue Chef des „Anti-Raub“-Squads, Kommissar Ghini, den Mörder fest und stellt ihn vor Gericht. Währenddessen bittet ein weiterer gefährlicher Krimineller, der Sizilianer Belli (der zwei Schmucktransporte überfallen will), Sergio Marazzi, genannt Monnezza (ein Krimineller der alten Schule, Experte für Taschendiebstahl und Verächter von Gewalt), ihm seinen jungen Assistenten Ranocchia aus zu „leihen“, um ihn als Fahrer bei einem Raubüberfall einzusetzen. Der Raubzug endet jedoch in einem Massaker und Belli ermordet Ranocchia, um keine Zeugen zu hinterlassen. Ghini und Monnezza verbünden sich nun gegen den Mörder und gemeinsam, jedoch unabhängig voneinander, gelingt es den beiden, Belli zu besiegen, indem der Kommissar ihn tötet, während Monnezza die Juwelen an sich nimmt.

Verglichen mit Il trucido e lo sbirro (Das Schlitzohr und der Bulle, 1976) lässt Stelvio Massis Die Gangster-Akademie – der zweite Film mit Tomas Milian als proletarischer Dieb Monnezza (was „Müll“ bedeutet) – der Figur viel mehr Raum, die so langsam zu einem vollständigen Charakter heranreift. Monnezza besitzt eine Taverne, „Alla Pernacchia“ („Die Himbeere“), deren Kunden mit vielen Beleidigungen (die man für grob und/oder anstößig halten kann) begrüßt werden. Die Taverne dient allerdings (mehr oder weniger) nur als Deckmantel für sein illegales Geschäft, denn Monnezza unterhält eine Schule für kleine Diebe, in der er seinen Schülern die Kunst des Taschendiebstahls (im Oliver-Twist-Stil) beibringt. In Die Gangster-Akademie kommt Monnezzas Präsenz allerdings wie eine Art Fremdkörper innerhalb der dünnen Handlung rüber. Die Sequenzen mit Milian – statisch, zentriert auf die Monologe des Schauspielers, sich außerhalb der Geschichte befindend – wirken fast wie aus einem anderen Film. Der Grund dafür liegt in der eigentümlichen Entstehungsgeschichte von Die Gangster-Akademie verborgen, denn nach dem Erfolg von Das Schlitzohr und der Bulle wurde Umberto Lenzi von Ugo Tucci gebeten einen weiteren poliziottesco mit Luc Merenda in der Hauptrolle zu drehen. Lenzi, der bei Dania Film unter Vertrag stand, lehnte das Angebot ab, versprach Tucci jedoch, dass er Tomas Milian überzeugen würde, eine besondere Rolle in dem Film zu übernehmen, ohne zu wissen, dass er Monnezza spielen würde und somit genau denselben Part wie im vorherigen Film. Milian akzeptierte unter der Bedingung, dass er seinen eigenen Dialog schreiben dürfte. Infolgedessen müssen seine Szenen jedoch als skizzenhaft bezeichnet werden, als kleine Filme innerhalb eines großen Films, in denen Tomas Milian seinen selbstgeschriebenen Monnezza aufführt. (Curti, Roberto. Italian Crime Filmography 1968 – 1980, North Carolina: McFarland, 2013, Seite 216)

Die Produzenten machten sich diese Tatsache zunutze, indem sie so viel wie möglich aus Milians zweiwöchigem Drehplan herausholten und Monnezza doch tatsächlich in den Co-Star des Films verwandelten, sehr zu Luc Merendas Leidwesen. Wie der französische Schauspieler bestätigte, gab es jedoch keine Reibungen zwischen den beiden Stars, die bereits in Sergio Martinos La polizia accusa: il servizio segreto uccide (Die Killermafia, 1975) zusammengearbeitet hatten. „Milian war eine sehr eigenartige Person, sehr aufgebracht, hysterisch, talentiert. Viele Leute sagten mir, ich solle aufpassen […]. Es gab jedoch keine Rivalität mit Tomas. Das Problem war, dass Milian zu einem späteren Zeitpunkt in die Dreharbeiten einstieg und sie die beiden Rollen aufteilen mussten, seine und meine.“ Merenda hatte auch einen schweren Unfall am Set, als er an seinem vorletzten Tag einen Stunt mit Franco Citti durchführte. „Niemand hat mich gefragt, ob ich verletzt bin. Am nächsten Tag konnte ich nicht einmal meinen Arm bewegen. Ich hatte noch eine Szene auf dem Busbahnhof zu drehen, in der ich vom Dach eines Busses auf einen Kontrahenten springen musste. Ich habe es gemacht und bin dabei praktisch auf Stelvio gestürzt. Ich fühlte einen schrecklichen Schmerz. Zwanzig Tage später, mit meinem immer noch gelähmten Arm, beschloss ich, einen Anwalt zu engagieren und den Produzenten zu verklagen.“ (Curti, Roberto. Italian Crime Filmography 1968 – 1980, North Carolina: McFarland, 2013, Seite 216)

Hektisch und willkürlich zusammengeschustert (Bruno Canforas Musik ist größtenteils aus dem ersten Film recycelt worden), gehört Die Gangster-Akademie definitiv nicht zu Massis besten Werken. Besonders die Action leidet unter besagtem Ungleichgewicht. Als zäher Cop, der wie gewünscht rennt, schlägt und schießt, fühlt sich Merendas Charakter unzureichend ausgereift an, wobei auch die Synchronisation nicht weiter hilft, obwohl ihm das Drehbuch zumindest eine der besten Zeilen (aus poliziotteschi) über die Permeabilität der beiden Welten – Strafverfolgung und Unterwelt – im Dialog mit Franco Citti spendiert, der hier in seiner üblichen subproletarischen Schlägerrolle auftritt (der eigentliche Antagonist des Films, Elio Zamuto, taucht erst etwa nach einer Stunde Laufzeit auf). Einen weiteren amüsanten Moment stellt die Szene dar, in der Ghini seiner Freundin vorschlägt ins Kino zu gehen und sie prompt antwortet: „Solange es ein lustiger Film ist und nicht einer dieser schrecklichen italienischen Polizeifilme!“ Ein kleiner Seitenhieb (von Dardano Sacchettis Seite aus) auf die Angewohnheit der Kritiker poliziotteschi als „austauschbar“ zu betrachten.

Bonus:

• 24-seitiges Booklet mit Produktionsnotizen von Die Gangster-Akademie von Giorgio Navarro —> wenig ergiebig, 12 Seiten auf Deutsch; 12 Seiten auf Englisch mit vielen Bildern
• Featurette „Die drei M: Milian, Merenda, Massi“ (ca. 20 Min.) —> recht interessant sowie aufschlussreich
• Original-Kinofassung
• Bildergalerie
• Trailer

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  • Seitenverhältnis: 16:9 – 1.85:1, 16:9 – 1.77:1
  • Alterseinstufung: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Regisseur:‎ Massi, Stelvio
  • Laufzeit: 1 Stunde und 39 Minuten
  • Darsteller: Milian, Tomas, Merenda, Luc
  • Untertitel: ‎Deutsch, Englisch
  • Sprache: ‎Italienisch (Stereo 2.0), Englisch (Stereo 2.0), Deutsch (Stereo 2.0)
  • Studio: Cinestrange Extreme

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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