Der Tod küsst Dich um Mitternacht / La morte cammina con i tacchi alti / Death Walks on High Heels

Nicole Rochard ist eine exotische Tänzerin in Paris, deren Vater, ein bekannter Juwelendieb, ermordet wird. Sofort stellt die junge Frau für die Polizei eine Verdächtige dar. Doch richtig spannend wird es erst, als Nicole von einem maskierten Mann bedroht wird, der seine Stimme mit einer sogenannten Voice-Box verzerrt. Nicole befürchtet ihr alkoholkranker Freund Michel könnte dafür verantwortlich sein, weswegen sie mit einem reichen Bewunderer, Dr. Robert Matthews, nach England flieht, um ein neues Leben zu beginnen. Mit der Zeit wird sie jedoch von ihrer Vergangenheit eingeholt…

Nach dem Erfolg von Le foto proibite di una signora per bene (Frauen bis zum Wahnsinn gequält, 1970) haben sich Luciano Ercoli, Ernesto Gastaldi, Nieves Navarro und Simón Andreu für Death Walks on High Heels wieder zusammengefunden. Bei dem Film handelt es sich um eine gemischte Angelegenheit, die jedoch genügend Giallo-Merkmale bereit hält, um mindestens eine Betrachtung zu rechtfertigen. Das Drehbuch entspricht nicht Gastaldis üblichen Standards. Während die Grundzüge zufriedenstellend genug sind, präsentiert sich die Geschichte recht unübersichtlich und scheint nicht besonders gut fokussiert zu sein. Einiges davon liegt an Ercolis etwas lockerer Regieführung, doch auch Gastaldi muss einen Teil der Schuld auf sich nehmen, dafür dass er die Dinge zu sehr verkompliziert, um den Betrachter bis zum Ende weiter raten zu lassen, wer denn nun der wahre Bösewicht ist. Ercoli verbringt viel Zeit damit von seiner Liebe im realen Leben, Nieves Navarro, besessen zu sein, obwohl dies kaum Anlass zur Klage gibt.

Eine ihrer Tanzroutinen ist zwar mehr als nur ein bisschen politisch inkorrekt zu bezeichnen – mit einem faux-afro und dunklem Make-up ausgestattet – die Schauspielerin zeigt sich jedoch von ihrer besten sexy Seite, wobei sich die zahlreichen Szenen, in denen sie nackt tanzt äußerst ansprechend gestalten. Vielleicht hat ihre Beförderung zum Star (nachdem sie in Frauen bis zum Wahnsinn gequält den Status einer Nebendarstellerin erhalten hatte) Ercoli dazu veranlasst, hier so viel Zeit wie möglich mit ihrer beeindruckenden Figur zu verbringen. Es besteht kaum Zweifel daran, dass Navarros urwüchsige Erotik zu den lebhafteren Dingen dieses Films zählt. Leider ist die Geschichte ziemlich vorhersehbar geraten und die endgültige Enthüllung könnte nicht transparenter sein. Ercoli und Gastaldi tun zwar alles dafür, um die Vorgänge rätselhaft auszuformen, allerdings bemühen sich die beiden weitgehend umsonst.

Einige gewalttätige Ausbrüche helfen dabei die Langeweile in Schach zu halten, aber letztendlich entwickelt sich La morte cammina con i tacchi alti zum schwächsten Thriller des Regisseurs. Trotzdem sieht der Film verdammt gut aus, mit einiger raffinierter Widescreen-Kinematographie von Fernando Arribas und schönem, kitschigem 70er-Jahre-Dekor. Es gibt auch reichlich J&B zu trinken, wobei die Retro-Stimmung durch Stelvio Ciprianis ansteckenden Soundtrack noch ordentlich abgerundet wird. Cipriani wurde neben Ennio Morricone zu einem der Hauptkomponisten von Giallo-Soundtracks. Der 1937 in Rom geborene Cipriani studierte Musik und spielte als Background für verschiedene bekannte Sänger, bevor er seine erste Filmmusik für den Italo-Western El precio de un hombre: The Bounty Killer (Ohne Dollar keinen Sarg, 1966) komponierte. Er trug die hervorragende Musik zu Piero Schivazappas stilvollem S/M-Thriller Femina ridens (The Frightened Woman, 1969) bei und bekam dann eine wirklich große Chance, als er von Enrico Maria Salerno engagiert wurde, um das Drama Anonimo veneziano (Des Lebens Herrlichkeit, 1970) starring Tony Musante und Florinda Bolkan mit Musik zu untermalen.

Der Soundtrack erwies sich als äußerst populär, weswegen Cipriani eine bemerkenswert produktive Karriere machen sollte und in nahezu jedem erdenklichen Genre arbeitete. Zu seinen Giallo-Scores gehörten Titel wie L’iguana dalla lingua di fuoco (Die Bestie mit dem feurigen Atem), Ecologia del delitto (Im Blutrausch des Satans), Il diavolo a sette facce (Der Teufel hat sieben Gesichter, alle 1971) und La polizia chiede aiuto (Der Tod trägt schwarzes Leder, 1974). Cipriani ist noch immer in der italienischen Filmszene aktiv. Die wirklich gute Besetzung spielt groß auf und versteht es dabei die Vorgänge so interessant wie möglich zu halten. Frank Wolff verkörpert den Arzt mit Stiefelfetisch, der um Navarro wirbt, ganz hervorragend; seine charmante Darbietung verleiht dem Charakter ein wenig Tiefe und Gefühl. Nieves Navarro (hier als Susan Scott) befindet sich in jeder Hinsicht in guter Verfassung, wobei Ercolis nachfolgender Giallo, La morte accarezza a mezzanotte (Death Walks at Midnight, 1972), ihr ein insgesamt besseres Schaufenster bieten sollte.

Simón Andreu spielt seine Rolle angemessen, als Navarros zwielichtiger Pariser Freund, der in die Morde verwickelt sein könnte oder auch nicht. Die Riege der Nebendarsteller umfasst den vielbeschäftigten argentinischen Charakterdarsteller Jorge Rigaud in der Rolle eines Nachbars von Frank Wolff. Rigaud wurde 1905 geboren und gab sein Filmdebüt in den frühen 30er Jahren. Er arbeitete stetig in den 30er, 40er und 50er Jahren und wurde in spanischen sowie italienischen Filmen der 60er und 70er Jahre zu einem vertrauten Gesicht, das man in Spionagethrillern wie Kiss Kiss – Bang Bang (1966) und Italo-Western wie Sugar Colt (Rocco – Der Mann mit den zwei Gesichtern, 1967) sowie Caper-Thrillern wie Ad ogni costo (Top Job, 1967) und Horrorfilmen wie Pánico en el Transiberiano (Horror Express, 1972) wiederfinden kann. Er begann mit einer Nebenrolle in Lucio Fulcis Una sull’altra (Nackt über Leichen, 1969) in Gialli aufzutreten und spielte in Thrillern wie Una lucertola con la pelle di donna (A Lizard in a Woman’s Skin, 1971), Perché quelle strane gocce di sangue sul corpo di Jennifer? (Das Geheimnis der blutigen Lilie, 1972) und Gatti rossi in un labirinto di vetro (Labyrinth des Schreckens, 1975). Er starb 1984 bei einem Verkehrsunfall. Als weitere bekannte Gesichter aus europäischen Genrefilmen können noch Luciano Rossi (Sabata kehrt zurück, So schön – so nackt – so tot, Die Mörderbestien) und Claudie Lange (Django der Bastard, Django spricht kein Vaterunser, Die eiserne Hand des Todes) genannt werden, die wie von ihnen gewohnt solide Leistungen abliefern.

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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