Labyrinth des Schreckens / Gatti rossi in un labirinto di vetro / Eyeball

Eine junge Frau ist auf dem Weg nach New York, um sich endgültig von ihrem Mann scheiden zu lassen. Doch sie entschließt sich spontan, eine Busreise zu machen. Unter den gut gelaunten Touristen kommt es zu einem grausamen Zwischenfall, ein unerklärlicher Mord erschüttert die Reisenden. Geschockt von dem schrecklichen Ereignis müssen die jungen Leute feststellen, dass die Morde weitergehen. Während alle rätseln wer der mysteriöse Killer sein könnte, fürchtet jeder, er könnte das nächste Opfer sein. Der Mörder hat jedoch ein weiteres Geheimnis, er stiehlt immer den Augapfel seiner Opfer. (X-Rated)

Labyrinth des Schreckens sollte sich als Umberto Lenzis letzter filmischer Giallo herausstellen und leider auch als sein schwächstes Werk innerhalb des Zyklus. Was nicht bedeuten soll der Film wäre schlecht, doch verglichen mit seinen weiteren Anstrengungen im filone fällt Gatti rossi in un labirinto di vetro teilweise schon deutlich zurück. Bereits der italienische Titel versucht den Film recht ungeschickt in den ohnehin schon abgedroschenen Trend von „Tier-Themen“-Gialli zu versetzen, der von Dario Argentos frühen Thrillern populär gemacht wurde. Der Titel bedeutet übersetzt „Rote Katzen in einem Labyrinth aus Glas“ und wird (wenn auch unbeholfen) damit erklärt, dass ein Augenzeuge einer der Morde beschreibt, der Killer im roten Regenmantel hätte wie eine rote Katze ausgesehen. In jedem Fall schadet das Übermaß an Klischees dem Film schon von Anfang an und nur wenige Szenen weisen auf das Flair hin, das Lenzi in früheren Versuchen für diese Art von Film entfaltet hat. In einem Interview erinnerte sich Lenzi mit gemischten Gefühlen an den Film: „[Er] wurde an mehreren schlecht ausgestatteten Orten in Barcelona mit mittelmäßigen Schauspielern gedreht. […] Der Film selbst ist nicht schlecht, aber man kann ihm sein niedriges Budget ansehen.“ Angesichts der weniger begeisterten Meinung des Regisseurs zu Spasmo (1974) überrascht es ein wenig, dass er dieses Projekt nicht mit der gleichen Einstellung betrachtete. Wenn man nur genau beobachtet, was auf dem Bildschirm zu sehen ist, scheint sein Interesse an dem Streifen bestenfalls minimal gewesen zu sein. Er übertreibt es mit den Zoom-Einstellungen, schwelgt in kulturellen Stereotypen (John Bartha in der Rolle eines amerikanischen Touristen wird selten ohne seinen Cowboyhut und die zwischen den Zähnen zusammengebissene Zigarre gesehen), arbeitet eine überflüssige lesbische Liebesgeschichte ein (was jedoch einige aufreizende Bilder ermöglicht) und erlaubt dem Film sich im Allgemeinen schleppend und einfallslos zu entfalten.

Es gibt eine erinnerungswürdige Mordszene in einer Geisterbahn zu bestaunen, doch darüber hinaus gestalten sich die Bilder generell flach und funktional, ohne die nervöse Energie, die man in Lenzis besseren Streifen erwarten kann, insbesondere in den vielen reißerischen poliziotteschi, die er um die gleiche Zeit gedreht hat. Die endgültige Enthüllung der Identität des Mörders stellt einen angenehmen Twist dar, obwohl sich die Begründung des Täters, jedem Opfer ein Auge ausreißen zu müssen, als ziemlich lächerlich gebärdet. Leider stellt sich dies als eine der wenigen wirklichen Überraschungen des Films heraus. Die Schocks sind durchweg telegrafiert und anstelle von interessanten Charakteren ergeben sich kaum Gelegenheiten, um eine Menge an Spannung zu erzeugen. Lenzi ergeht sich in einer Vielzahl von Reisebericht Ansichten von Barcelona, wodurch die Laufzeit ohne erkennbaren Effekt gestreckt wird. Das Tempo ist auch eher als langsam zu bezeichnen, doch es gibt jede Menge unbeabsichtigten Humor zu entdecken. Der Soundtrack von Bruno Nicolai ist eines der wenigen wirklich inspirierten Elemente. Nicolais Musik ist stark darum bemüht Spannung aufbauen zu können, wo keine vorhanden ist, wobei es seine eingängigen Themen sicherlich vermögen ein wenig von der Eintönigkeit abzulenken. Antonio Milláns Kinematografie ist bestenfalls als unauffällig zu bezeichnen und versteht es nicht das Potenzial für Stimmung und Atmosphäre zu nutzen, während die Produktionswerte tatsächlich die Eile verraten, mit der die Dreharbeiten angegangen wurden, wie Lenzi richtig angedeutet hat.

Martine Brochard und John Richardson führen die Besetzung an. Erstere wurde mit einer wenig schmeichelhaften Frisur und einer beknackt übergroßen Sonnenbrille ausgestattet, doch zumindest gibt sie eine anständige Vorstellung in der zentralen Rolle der Paulette. Der Part stellt sich umfangreicher als die übliche Damsel-in-Distress Routine dar, wobei Brochard den Charakter unter den gegebenen Umständen sehr gut ausfüllt. Von Richardson kann nicht gerade das gleiche berichtet werden, allerdings liefert er dennoch genau die Art von schauspielerischer Leistung ab, die man von ihm erwarten kann: glanzlos und hölzern. Zu der Riege der Nebendarsteller können so bekannte Gesichter wie Jorge Rigaud, Fulvio Mingozzi und Tom Felleghy gezählt werden, während Andrés Mejuto die Rolle des mürrischen Inspektors übernimmt, der sich auf seinen Ruhestand freut. Spanische Horror-Fans werden sich an der Anwesenheit der schönen Mirta Miller ergötzen, die in mehreren der beliebtesten Filme von Paul Naschy zu sehen war, darunter Doctor Jekyll y el Hombre Lobo (Die Nacht der blutigen Wölfe, 1972) und El gran amor del conde Drácula (The Great Love of Count Dracula, 1973). Miller ist an der lesbischen Nebenhandlung des Films beteiligt und bringt dabei ein oder zwei Nacktszenen mit. Auch wenn die Gefahr besteht, sexistisch zu klingen, es sind Momente wie diese, die dazu beitragen, den Film konsumfreundlicher zu gestalten. Lenzi führte später noch Regie bei dem in den USA produzierten Paura nel buio (Hitcher in the Dark, 1989), der oft fälschlicherweise als Giallo gelistet wird. Stattdessen handelt es sich dabei um einen ziemlich generischen Horrorfilm, bei dem nur sehr wenig von der dynamischen Kunstfertigkeit des Regisseurs zu spüren ist. Nachdem sich Umberto Lenzi aus dem Filmgeschäft zurückgezogen hatte, sollte er letztendlich über eine erfolgreiche Karriere als Giallo-Schriftsteller stolpern.

Darsteller: John Richardson, Martine Brochard, Ines Pellegrini, Andres Mejuto
Regisseur(e): Umberto Lenzi
Format: Breitbild
Sprache: Italienisch (Dolby Digital 2.0), Deutsch (Dolby Digital 2.0), Unbekannt (Dolby Digital 2.0 Stereo)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Region: Region B/2
Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
FSK: Nicht geprüft
Studio: X-Rated
Produktionsjahr: 1975
Spieldauer: 92 Minuten

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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