Lo spettro / The Ghost

Schottland, 1910. Während draußen ein Sturm tobt, ist das Haus von Dr. John Hichcock (Elio Jotta als Leonard G. Elliot aufgeführt) Gastgeber einer Seance, welche die Besessenheit des Doktors vom Paranormalen verstärkt und weitere Unruhe unter abergläubischen Einheimischen verursacht. Zurück im kalten Licht des Tages ist es die komplizierte, geschäftige Arena des Lebens vor dem Tod, die den Geist des rollstuhlgebundenen Ex-Praktizierenden beschäftigt, während Dr. Charles Livingston (Peter Baldwin) ihm regelmäßig Curare-Spritzen verabreicht. Dabei handelt es sich um eine Art Gift, von dem Hichcock glaubt, dass es seine gelähmten Glieder wieder zu neuem Leben erwecken kann. Hichcocks untreue Frau Margaret (Barbara Steele) spielt auch noch eine gehörige Rolle in der ganzen Sache, weswegen man hier einen klassischen, klischeehaften pot-boiler vor sich hat, in dem der Ehemann entsorgt wird, nur um auf der Suche nach Rache von jenseits des Grabes zurückzukehren…

Es ist wohl wahr, dass Riccardo Fredas Fortsetzung von L’orribile segreto del Dr. Hichcock (Das schreckliche Geheimnis des Dr. Hichcock, 1962) oftmals einen vorhersehbaren Weg beschreitet, doch es handelt sich trotzdem um eine ereignisreiche Reise, wobei es Freda bestens versteht ausgeschilderte plot-twists mit echten Überraschungen zu mischen; besonders während eines köstlichen Abschlussakts, in dem Margaret versucht bei ihrem Peiniger den Spieß umzudrehen. Barbara Steele spielt hier einfach großartig auf. Sie führt eine Liebesbeziehung mit dem Kameraobjektiv auf eine Art und Weise, die sich der verstorbenen, großartigen Soledad Miranda annähert und geht dabei die gesamte Bandbreite von Emotionen mit verheerender Wirkung durch. Mit der soliden Unterstützung von Elio Jotta, Peter Baldwin und der exzellenten Harriet Medin (die eine Haushälterin mit undurchsichtiger Agenda spielt) trifft Steele konsequent die richtigen Töne, was darauf hindeutet, dass sie in La maschera del demonio (Die Stunde, wenn Dracula kommt, 1960) möglicherweise doch nicht ihre beste Leistung erbracht hat.

Es ist erwähnenswert, dass The Ghost ein wenig gesehener Film zu sein scheint, über den man auch nicht sehr viel lesen kann. Obwohl der Streifen nicht unbedingt zu Riccardo Fredas besten zu zählen ist, gibt es mehr als genug Stoff, um selbst den abgestumpftesten Fan des Gothic-Horror Kinos zufrieden zu stellen. Man achte besonders auf: einen blutigen Rasiermesserangriff; eine gruselige Wirbelsäulenexhumierung; Harriet Medins extrem unangenehmen und verstörenden Besitz und vor allem eine wundervolle Szene mit einem Rollstuhl mit eigenem Verstand, der Peter Medaks überlegene Spukgeschichte The Changeling (Das Grauen, 1980) inspiriert haben muss.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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