Misteria / Body Puzzle – Mit blutigen Grüßen

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Bei einem mysteriösen Verkehrsunfall kommt ein Motorradfahrer ums Leben. Nachdem Gras über die Sache gewachsen ist, erhält seine Witwe Tracy plötzlich grausame Botschaften, und zwar einzelne Körperteile von entsetzlich zugerichteten Mordopfern, denen zusätzlich ein inneres Organ fehlt. Wenig später wird auch noch die Leiche ihres Mannes Abe aus dem Grab gestohlen! Kommissar Mike steht vor einem Rätsel. Ist Tracy in Gefahr? Was will der Killer mit seinen Botschaften erreichen? Ein Alptraum, der seines gleichen sucht! Es kommt zu einem letzten Duell und der Killer, der es zu sein scheint, ist in Wirklichkeit ein anderer? Mike hat einen neuen Verdacht und glaubt zu wissen, wer als nächstes das Opfer sein wird. Ein Wettlauf beginnt. (X-Rated)

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Es gab einmal eine Zeit, von den späten 60er Jahren bis Anfang der 80er Jahre, in der fast jeder italienische Regisseur seinen ganz eigenen, persönlichen Giallo abgeliefert hat. Diese Filme hatten meistens ziemlich verrückte Geschichten und weit hergeholte Ablenkungsmanöver zu bieten. Was waren das großartige Zeiten! Danach starb dieses fantastische Subgenre jedoch beinahe vollkommen aus und es gab nur noch zwei Regisseure, die versuchten neues Leben in die Formel von schwarz behandschuhten Mördern und Sleaze beladenen Wendungen einzuhauchen. Dario Argento ist bis zu diesen Tagen der König des Giallo und der andere Regisseur ist Lamberto Bava, der für einige wirklich unterschätzte Gialli wie Das unheimliche Auge (1987) aka Delirium aka Le foto di Gioia oder Morirai a mezzanotte (1986) aka You’ll die at midnight verantwortlich ist. Body Puzzle (1991) ist ein weiterer sträflich vernachlässigter Film, der viele der außergewöhnlichen Kennzeichen des Giallo beinhaltet, was in diesem Fall allerdings auch große Logiklöcher in der Handlung mit einschließt. Body Puzzle serviert eine absolut unplausibele Geschichte, präsentiert dafür aber viele sadistische & gore-getränkte Morde, während das absurde Drehbuch auf so kontroverse Themen wie versteckte Homosexualität und Schizophrenie hinweist.

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Lamberto Bava macht sich nicht die Mühe des Mörders Identität geheim zu halten, denn man bekommt schon sehr bald zu sehen wie ein junger Mann einen anonymen Candy-Store Besitzer brutal ersticht. Weitere grausige Morde werden von diesem Mörder begangen, bevor Polizei-Inspektor Michael entdeckt, dass die Opfer eines gemeinsam haben. Sie alle erhielten Spenderorgane von einem Pianisten, der bei einem Motorradunfall umkam. Der „geheimnisvolle“ Killer versucht nämlich diesen wieder zusammenzupuzzeln. Bei den Ermittlungsarbeiten verliebt sich der Inspektor dann sehr viel schneller in die Witwe (Joanna Pacula) des verstorbenen Pianisten, als er mit dem Fall vorankommt. Body Puzzle macht spätestens nach der Hälfte der Laufzeit so gut wie keinen Sinn mehr aber man muß Bavas Enthusiasmus bei der Regie und seine verzweifelten Versuche die Spannung aufrecht zu erhalten schon anerkennen. Die Musik von Carlo Maria Cordio und die Kamera-Arbeit von Luigi Kuveiller sind mehr als ansprechend, während die Besetzung aus einigen bekannten Gesichtern des Italo-Kinos besteht. Neben Erika Blanc, Gianni Garko und Bruno Corazzari, die alle in kleineren Rollen zu sehen sind, gibt Giovanni Lombardo Radice die übertrieben homosexuell dargestellte Bekanntschaft sowohl des Mörders als auch des toten Pianisten. Fans des italienischen Horrors werden ihn als den armen Trottel, der immer sensationell stirbt (Cannibal Ferox, City of the Living Dead, Cannibal Apocalypse, Stage Fright…) sicher wiedererkennen.

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Obwohl Lamberto Bava nie die Genialität seines Vaters erreichen konnte, hat er doch desöfteren bewiesen, dass er ein fähiger Regisseur sein kann. Misteria gehört allerdings nicht zu seinen besten Werken. Das soll nicht bedeuten der Streifen wäre schlecht oder uninteressant aber die oben genannten Filme sowie Macabro – Die Küsse der Jane Baxter (1980) und La casa la scala nel buio aka A Blade In The Dark (1983) sind einfach besser gelungen. Dennoch hat Mit blutigen Grüßen seine Pluspunkte, denn Bava lässt die Mordsequenzen nicht zu kurz kommen. Diese sind nicht übermäßig blutig aber ziemlich fies: Der Süßigkeiten-Verkäufer wird brutal erstochen, einer Frau wird eine Hand abgehackt und einer Lehrerin werden die Augen vor einer Klasse von blinden Kindern herausgeschnitten ! Der Plot weist teilweise leider enorme Defizite auf, nicht nur weil man von Anfang an weiß wer der Mörder ist. Insgesamt wird Body Puzzle wahrscheinlich nicht auf einer Liste der bevorzugten Gialli landen, ist aber handwerklich dennoch gut gemacht und stellt auf seine ganz spezielle Art und Weise einen interessanten Spät-Giallo dar.

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Body Puzzle wurde seit seiner VHS-Auswertung nicht mehr herausgebracht und liegt in Deutschland hiermit erstmalig als DVD und BluRay vor. X-Rated beschert dem Film im Rahmen der X-Rated Eurocult Collection (Nr. 6) eine schöne Veröffentlichung in einem ansprechend gestalteten Mediabook, das auf 1.500 Stück limitiert und in zwei unterschiedlichen Cover-Motiven erhältlich ist. Bild- und Tonqualität befinden sich auf gehobenem Niveau, wobei zwischen drei Tonspuren (deutsch, englisch, italienisch) gewählt werden kann. Deutsche Untertitel stehen auch zur Verfügung. Als Extras beinhaltet die VÖ einen Kinotrailer, ein interessantes Interview mit Lamberto Bava, ein informatives Booklet von Gerd Naumann verfasst und einen wie mittlerweile gewohnt informativen sowie unterhaltsamen Audiokommentar von Dr. Marcus Stiglegger. Für Fans und Sammler trotz der Handlungsdefizite ein Muss! Genre-Einsteiger sollten sich jedoch ersteinmal die Klassiker vornehmen, um einen solchen Spät-Giallo dann eventuell besser wertschätzen zu können.

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Die Screenshots wurden von der DVD aufgenommen.

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Dieses Mediabook wurde uns freundlicherweise von X-Rated zur Verfügung gestellt.

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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