My Dear Killer / Mio caro assassino

Ein Mann wird enthauptet und Inspektor Peretti sieht sich mit einer langen Liste von Verdächtigen konfrontiert. Es stellt sich heraus, dass der Mord in irgendeiner Weise mit der Entführung und Ermordung eines kleinen Mädchens und ihres Vaters zusammenhängt, die zuvor stattgefunden hatten. Als immer mehr potenzielle Verdächtige ermordet werden, beschränkt Peretti seine Ermittlungen auf die Familie des kleinen Mädchens.

Mio caro assassino repräsentiert einen der verstörendsten und verworrensten Gialli seiner Zeit. Das Drehbuch steckt voller Überraschungen, doch zum Glück ohne übermäßig ins Lächerliche abzugleiten. Die Abscheulichkeit der verschiedenen Todesfälle wirkt noch eine Weile nach. Tonino Valerii führt hervorragend Regie, indem er es sehr gut versteht die Geschichte am Laufen zu halten, während es ihm ebenso gut gelingt so einiges aus seiner Besetzung herauszuholen. Die Schockmomente sind hervorragend in das umgebende Material integriert worden, das kohärent bleibt, selbst wenn die verschiedenen twists & turns den Film kopfüber in die Absurdität zu stürzen drohen. Im Gegensatz zu vielen Gialli wird in diesem Fall die Figur des Polizeiinspektors stark in den Vordergrund gerückt. Glücklicherweise erweist sich der Charakter des Inspektor Peretti als eine Person, mit der es sich lohnt etwas Zeit zu verbringen. Ähnlich wie die anderen ungewöhnlich gut entwickelten Polizeikommissare in La morte risale a ieri sera (Das Grauen kam aus dem Nebel, 1970) und La tarantola dal ventre nero (Der schwarze Leib der Tarantel, 1971) wird auch Peretti in seinem realen Leben außerhalb seiner Arbeit gezeigt.

Seine Beziehung zu seiner Freundin, Dr. Anna Borgese, liegt aufgrund seiner Arbeitsversessenheit auf Eis. Sie streiten sich, vertragen sich, machen Liebe und tauschen Ideen auf eine Art und Weise aus, die sich aufrichtig anfühlt. Peretti repräsentiert auch einen der kompetentesten Vertreter des Rechts, die man im „Genre“ finden kann. Er erweist sich als äußerst fähiger Gegenspieler für den schwer fassbaren Killer und zeigt viel Geschick, wenn es darum geht Hinweise zu finden und logisches Denken an den Tag zu legen. Kommt er zu spät zu bestimmten Erkenntnissen, leidet er darunter. Anders, als so viele Charaktere seinesgleichen in anderen Gialli verkörpert Peretti einen Menschen aus Fleisch und Blut mit Tiefe und Gefühl. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen Glücksfall, da der Großteil der Erzählung seinen Untersuchungen gewidmet ist. Die verschiedenen Mordszenen sind sicherlich brutal und machen My Dear Killer zu einem der explizit blutigsten Thriller der Ära. Die Verwendung einer Handsäge in einer Szene nimmt einige der Bilder in Brian De Palmas „American/Global Giallo“ Body Double (Der Tod kommt zweimal, 1984) vorweg. Valerii hält sich auch nicht gerade zurück, wenn es darum geht, die Brutalitätsneigung des Mörders zu veranschaulichen.

Dies zeigt sich bereits in der Anfangsszene, in der das erste Opfer von den Löffeln eines Baggers enthauptet wird. Der Film bleibt bis zu seiner endgültigen Auflösung spannend. Peretti, der die verschiedenen Verdächtigen an einem Ort zusammenkommen lässt, um eine großartige Geste daraus zu machen die Identität des Mörders preiszugeben, fühlt sich stark nach Agatha Christie an und passt sehr gut in den Kontext. Sollte der Film ein Problem haben, dann endet er einfach viel zu plötzlich, sobald die Identität des Mörders aufgedeckt wurde. Es wäre schön gewesen noch etwas mehr Zeit zu haben, um alles verarbeiten zu können, was in der letzten Szene so schnell passiert, doch das soll nur eine relativ kleine Kritik sein. Der Film sieht aufgrund einiger raffinierter Widescreen-Aufnahmen von Manuel Rojas großartig aus, die von einem unheimlichen, zurückhaltenden Score von Ennio Morricone untermalt werden. Regisseur Tonino Valerii wurde 1934 geboren. In den frühen 60er Jahren trat er als Drehbuchautor und Regieassistent in die Filmbranche ein. Er arbeitete mit Sergio Leone an Per un pugno di dollari (Für eine Handvoll Dollar, 1964) und Per qualche dollaro in più (Für ein Paar Dollar Mehr, 1965) und war auch am italienischen Gothic-Horror Streifen La cripta e l’incubo (Ein Toter hing am Glockenseil, 1963) mit Christopher Lee beteiligt.

1966 wechselte er in das Fach des Regisseurs und spezialisierte sich auf Italo-Western, darunter I giorni dell’ira (Der Tod ritt Dienstags, 1967), Il prezzo del potere (Blutiges Blei, 1969), Una ragione per vivere e una per morire (Sie verkaufen den Tod, 1972) und den von Leone produzierten Il mio nome è Nessuno (Mein Name ist Nobody, 1973). Er blieb bis Ende der 90er Jahre aktiv. Mio caro assassino würde sein einziger Beitrag zum filone bleiben. Die Schauspielerriege wird von George Hilton angeführt, der eine Pause von seinen üblichen, coolen aber finsteren Charakteren einlegt, um den unerschrockenen Inspektor Peretti zu spielen. Peretti stellt einen Charakter von Tiefe und Substanz dar, worauf Hilton mit einer seiner besten schauspielerischen Leistungen antwortet. Er ist sympathisch in der Rolle und vermittelt auch echte Intelligenz. Unter den Nebendarstellern befinden sich so gute Schauspieler wie Salvo Randone (La donna del lago / The Possessed, 1965), William Berger (La lama nel corpo / Die Mörderklinik, 1966) und Marilù Tolo (Le notti della violenza / Der Killer der sündigen Mädchen, 1965), die alle klasse Leistungen erbringen. Fans des spanischen Horrorfilms werden sich auch über Patty Shepard (La noche de Walpurgis / Nacht der Vampire, 1971) und Helga Liné (Pánico en el Transiberiano / Horror Express, 1972) freuen.

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Sprache: Englisch
Anzahl Disks: 1
FSK: Unbekannt
Produktionsjahr: 1972

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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