Phase IV

Phase IV

Phase IV ist ein Science-Fiction Film von Saul Bass aus dem Jahr 1974 und seine einzige spielfilmlange Regiearbeit.

Wissenschaftler beobachten mit Schrecken, wie Veränderungen der Erdatmosphäre und -Umdrehung dazu führen, dass bei Ameisenvölkern seltsame Evolutionen sich ausbreiten. Die Völker bekriegen sich nicht mehr, vermehren sich schneller und gezielter und operieren scheinbar gezielt gegen Menschen und Tiere. In der Wüste von Arizona richtet die Regierung ein Feldlabore ein, geleitet von Professor Hubbs (Nigel Davenport, u.a. Zulu Dawn) und dem jungen Forscher James Lesko (Michael Murphy, bis heute aktiv, man kennt ihn u.a. aus M.A.S.H.). Sie machen erschütternde Beobachtungen, und können die Ameisen auch mit Gift und Hochtechnologie nicht eindämmen. Als die nach einer weiträumigen Evakuation überlebende junge Kendra (Lynne Frederick) in dem Forschungszelt Unterschlupf findet, ist es eigentlich schon zu spät für die beiden Männer, den Siegeszug der Ameisen aufzuhalten…..

Phase IV BluRay

Oh wow was für ein Film. Ich erinnere mich dunkel an TV-Ausstrahlungen, aber den Film nach all den Jahrzehnten wieder zu sehen, ich bin schwer geflasht. Zunächst ist das Thema natürlich super apokalyptisch, ähnelt vergleichbaren Öko-Horror Filmen (oder sowas wie The Bees) und wartet mit üblichen Sci-Fi Motiven auf, wie das der sich letztlich selbst sabotierenden Menschen im Kampf gegen eine nur vermeintlich unterlegene Lebensform. Mit knapp 85 Minuten ist Phase IV dafür eigentlich erstaunlich kurz, aber sehr effektiv. Die Story wird teilweise im Voiceover erzählt und breitet sich dann fast schon als Kammerspiel aus, denn besonders viele Locations und Charaktere kennt der Film nicht. Kein globaler Krisenstarb, kein Militär, es ist ein minimalistischer Film. Nein, es ist ein miniaturistischer Film genau genommen.

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Während andere hoch hinaus wollen und Effekte für teure Totalen einspannen, galaktische Kriege auf die Leinwand bannten oder riesige Monster erschufen, ging Saul Bass (Walk on the Wild Side, Kap der Angst, Die Sieger), bis dahin bekannt für künstlerisch überragende Titelsequenzen, weltbekannte Firmenlogos, Kurzfilme (auf der Bluray enthalten) und Montagen…. näher ran. Ganz nah ran, genau genommen. Der Film findet Schönheit in kleinen Dingen, bietet absolut faszinierende Nahaufnahmen und kunstvolle Bildkompositionen, ausgefallenes Production Design mit vielen Tricks und wundersame Kameraperspektiven. Hinzu kommen einige originelle Spezialeffekt anno 1973. Das macht Phase IV zu einem wunderbar faszinierenden, fast schon meditativen, visuellen Trip. Auch das Sounddesign ist hier aber lobenswert zu erwähnen, zwar nicht so eingängig wie die Optik bietet der Film natürlich auch eine krabbelnde Tonkulisse.

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Es ist bzw. war vor allem das Spiel mit Licht und Schatten sowie geometrischer Formen und Linien, die Bass‘ visionäre Arbeit auszeichnen. Aber er war mehr als nur ein Designer. Seine ausgesprochene Beobachtungsgabe kommt auch hier zu Tragen, sein Auge für Kontraste und vor allem diese Vorstellungskraft, diese Fantasie, die sich hier in einem wirklich außergewöhnlichen Sci-Fi Film entlädt. Dazu kommt noch ein gelungener Soundtrack wie ich finde (von Brian Gascoigne, der u.a. Musik für The Emerald Forest komponierte oder bei diversen Star Wars Filmen mitgearbeitet hatte.). Rundherum ist Phase IV empfehlenswert, nicht nur für Cineasten oder werdende Filmemacher (für die vor allem die Extras der Scheibe, siehe unten), sondern für alle.

Capelight bringt den Film auf Bluray kurz nach Erscheinen in Frankreich und UK, mit deren Editionen diese vermutlich vergleichbar ist. Es ist ein hübsches Mediabook mit drei Discs. Das Bild sieht zwar nicht immer glasklar und sauber aus, aber man muss Respekt haben von der Art von Nahaufnahmen und dem Zustand dieses Films aus den 70ern, zumal hier nicht neu abgetastet wurde (siehe unten), sondern vor allem Bildstabilität und Farben im Vergleich zu teilweise 20 Jahre alten Materialien die schon digital gescannt waren, korrigiert wurden. Zwar sind die Farben nicht immer super und es gibt Einstellungen die deutlich schlechter aussehen als andere, insgesamt aber sieht der Film so sehr gut aus.

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Der Ton ist total solide, lässt wenig Rauschen oder Schäden erkennen und bietet gute Dialogverständlichkeit, zumindest weitgehend. Sowohl der Originalton (getestet) als auch eine deutsche Synchronfassung (nicht getestet) liegen in PCM 2.0 vor, dabei gibt es von der englischen Spur zwei Varianten. Ich konnte nicht so recht herausbekommen was für oder gegen die jeweilige Spur spricht, aber etwas Debatte in Foren zur Tonqualität lässt vermuten dass es mal eine Tonspur gab für deren Abmischung man sich nicht der besten Software-Werkzeuge bedient hat, aber nun gibt es halt zwei Spuren die im Umlauf sind. Untertitel liegen auf Deutsch und Englisch bei.

Die Edition bringt jede Menge Extras mit, die zumindest hierzulande mehrheitlich neu sind. Auf der Film Disc wäre da zunächst der Audiokommentar mit Allan Bryce von Darkside Magazin, und Historiker Richard Holliss. Der war ja schon auf der UK disc und ist wirklich sehr informativ. Des weiteren gibt es das von vielen bevorzugte alternative Ende, bzw. Bass‘ originales Ende (17 Minuten, gibt dt. Untertitel), das auch 2012 bei einer Wiederaufführung genutzt wurde, optional mit Kommentar von Saul Bass. Die Qualität ist leider nicht ganz so gut wie beim Hauptfilm (aber immer noch gut und HD), es ist blasser und bietet weniger Details, wie von einer früheren BluRay-Edition. Das Ende ist zunächst inhaltlich nicht so viel anders, weicht zum Ende hin aber sehr drastisch ab und wird deutlich psychedelischer. Saul Bass erklärt im Kommentar unter anderem was dahintersteckt und warum Paramount am Ende davon abwich. Außerdem ist noch ein alternativer Anfang dabei der als Spitscreen-Vergleich angeboten wird (8 Minuten), hier wird in einer Texttafel auch erklärt dass diese BluRay auf einem Digitalmaster von 2004 aufbaut, also keine eigentliche Neuabtastung im eigentlichen Sinne, sondern eine Restauration eines vorliegenden. Die alternative Eröffnungssequenz basiert auf Material das noch älter ist, eine nähere Erklärung zu den Abweichungen sind nicht bekannt. Hinzu kommt noch der Kinotrailer und der deutsche Trailer.

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Auf der Bonus Disc befindet sich ein vorher-nachher-Vergleich dieser vorliegenden Restauration (13 Minuten) . Für diese Edition (das gilt auch für die UK Version etc.) wurde das HD Material von 2004 nochmal überarbeitet, es ist also keine tatsächliche Neuabtastung von Originalfilmelementen, was für diesen Film auch cool gewesen wäre, aber des Ergebnis kann sich auch so sehen lassen. Hinzu kommen, und das fand ich total cool, alle fünf Kurzfilme von Saul Bass in total akzeptabler Qualität und mit deutschen Untertiteln. Ein prima Erlebnis. Das Featurette „An Ant’s Life“ (20 Minuten) lässt einige Experten zu Wort kommen um den Film zu kontextualisieren, das fand ich sehr aufschlussreich. „Bass on Titles“ (33 Minuten) ist etwas älter und ein Interview mit dem Designgenie, der den Kinovorspann durch Animation und abstrakte Motive revolutioniert hatte. Dabei werden alle Titelsequenzen auch in ganzer Länge präsentiert. Das ist aber eigentlich sogar ein eigener Kurzfilm von Bass, denn dies ist von ihm, nicht nur über bzw. mit ihm.

Eingeklebt ist ein 40-seitiges Booklet mit viel Bildmaterial und Texten zu Bass‘ Leben und wirken und letztlich dieser Restauration. Diese Edition verdient das Prädikat: Empfehlenswert, sollte in keiner Sammlung fehlen.

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Phase IV BluRay
Die BluRay wurde uns zur Verfügung gestellt. Die verwendeten Screenshots sind von der 2015er Olive Films Edition.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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