Sawney: Flesh of Man / Lord of Darkness

Vor über 400 Jahren lebte in Schottland eine so primitive wie brutale Familie kannibalischer Serienkiller, die angeführt wurde von ihrem inzestuösen Vater Sawney Bean. Während ihrer Terror-Herrschaft ermordeten die Beans über 1000 Menschen. Ihre Opfer wurden geschlachtet, ihre Körperteile verspeist. Der Klan bestand aus acht Söhnen, sechs Töchtern, achtzehn Enkeln und vierzehn Enkelinnen, die alle durch Inzucht gezeugt wurden. Die mörderische Sippschaft wurde schließlich gejagt und auf grausamste Weise exekutiert. Doch jemand hat überlebt … Viele Generationen später hat sich Familie Bean wieder vermehrt und im heutigen Schottland beginnt die brutale Mordserie von Neuem. Junge Frauen verschwinden auf mysteriöse Weise. Detective Bill Munro (Gavin Mitchell) wird mit der Leitung der Ermittlungen beauftragt. Als die verstümmelten Überreste der entführten Mädchen auf einem bizarren Opfer-Altar in der schottischen Wildnis auftauchen, wird den Suchenden klar, dass wahnsinnige kannibalische Serienkiller ihr Unwesen treiben. (Rawside Entertainment)

Vor der Legende des mittelalterlichen Kannibalen-Clan-Chefs Sawney Bean haben sich Kinder bereits seit Jahrhunderten gegruselt. Durch die Geschichte erlangte Schottland einen Eintrag auf der weltweiten Horrorkarte, während sie auch eine Reihe von Filmen von Wes Cravens The Hills Have Eyes (Hügel der blutigen Augen von 1977, wurde von Alexandre Aja 2006 neu aufgelegt) bis zu Antonia Birds Ravenous – Friß oder stirb (1999) von ihr inspirieren ließen. Sawney: Flesh of Man, eine moderne Neufassung des Höhlenschurken, markiert das Debüt des lokalen Drehbuchautors und Regisseurs Ricky Wood, der seinen nicht professionellen Bruder und Vater engagierte, um ihm zu helfen das Projekt auf die Leinwand zu bringen. Das Ergebnis mag zwar nicht vollkommen gelungen sein, doch David Hayman kaut sich mit Begeisterung durch die Szenerie und jeden, der sich in Sichtweite befindet, während Wood versucht sein offensichtlich niedriges Budget mit Hilfe von hämischer Boshaftigkeit, schlauem Humor und einigen der besten Aufnahmen der schottischen Highlands seit A Lonely Place To Die (2011) zu verbergen.

Als eine junge Frau nach einer durchzechten Nacht in einem Glasgower Club verschwindet, müssen ihre Lieben aus Zeitungsberichten erfahren, dass sie das Opfer eines brutalen Mörders geworden sei. In einem vergeblichen Versuch, die Zuneigung der Schwester der Vermissten zurückzugewinnen, nimmt es der mit Alkoholproblemen behaftete Journalist Hamish (Samuel Feeney) auf sich, die Wahrheit aufzudecken und dabei die Polizei gründlich zu verärgern. Er folgt einer Spur, die ihn zum Versteck des Bean-Clans in den Highlands führt. Die Beans haben bereits seit Jahrhunderten Menschen entführt, um sie zu foltern, zu vergewaltigen und auf zu essen. Die Inzuchtfamilie hat jedoch auch ihre eigenen Probleme, was zu einem Showdown führt, in dem ihre barbarische Vergangenheit zurück beißen kann.

Frühe Sequenzen verstehen es hervorragend Glasgows gruselige Gassen in Szene zu setzen, in denen die Beans ihre Beute mit einem Taxiwagen auflauern. Die ersten Einblicke in ihre unterirdische Höhle sind sowohl von innen, als auch von außen gut verwirklicht worden, da sich die raue Schönheit des Wasserfalls am Eingang hervorragend von den eher stereotypen stillgelegten Bergbautunneln abhebt, die im Inneren des Berges verborgen liegen.

Wood macht sich sofort an ans Werk und etabliert schon früh seine mulmige Mischung aus ausgefallenem Humor und grottigem Gore. Alle Arten von gummiartigen Körperteilen schwappen in sirupartigem Kunstblut herum, während der respektierte Hayman seine brutale Pflicht erfüllt, indem er seine Schergengeschwister herumkommandiert und alles schlachtet, was er in seine Hände bekommt. Während die Beleuchtung und das Make-up „kein Budget“ schreien (Haymans lächerlich billige weiße Kontaktlinse ist vollkommen überflüssig), wurde genügend Energie in die Action gesteckt, um Horrorfans wenigstens einigermaßen begeistern zu können, auch wenn es sich hier eher um eine leichtherzige Angelegenheit handelt, als um eine wirklich verstörende.

Die dramatischen Aspekte von Woods Drehbuch und Regieführung geraten leider recht oft ins Wanken, da der englische Schauspieler Samuel Feeney als nomineller Held Hamish ziemlich fehl am Platz ist. Seine journalistischen Instinkte machen es dem Publikum nur noch schwerer ihn zu mögen, wobei es nie klar ist, ob seine Motive rein egoistischer oder tatsächlich edler Natur sind, während sein amateurhaftes Herumschnüffeln und sein Alkoholismus die Glaubwürdigkeit des Charakters bis an die Grenzen ausreizen. Die ernsthafteren Szenen zwischen Feeney und Bill Munros amüsant toxischem Polizisten fühlen sich auch nur halb gar und gestreckt an, trotz Munros unterhaltsam verrückten Blicks und seines aggressiven schottischen Akzents.

Obwohl sie eindeutig die beste Schauspielerin in Woods Ensemble ist, wird die arme Elizabeth Brown genauso überflüssig, wie unbegründet misshandelt, was den Film in Teilen auf Folterporno-Niveau abgleiten lässt. Die porträtierte Grimmigkeit weicht schließlich einem erfreulich anarchischen Unsinn, bei dem Hayman die technologischen Fallen, von denen wir heutzutage so abhängig sind, zerstört und sich seine beiden freilaufenden „Mutanten-Brüder“ in einer spontanen Kampfkunstschlägerei gegenüberstehen. Es gibt auch eine unterentwickelte religiöse Satire sowie eine Verschiebung des dritten Aktes in ein anderes Genre „zu bestaunen“, doch der „alles ist möglich“ Höhepunkt gegen Ende des Films kommt auch nicht richtig zustande, da er sich weder lustig noch viszeral genug präsentiert, um besonders einprägsam zu sein.

Trotz all seiner Mängel ist aus Sawney ein ziemlich gelungenes erstes Feature geworden, das zumindest den erfreulichen Sinn dafür hat, in seinen Albernheiten zu schwelgen, ohne auf selbstgefällige Ironie zurückzugreifen. Es handelt sich ganz einfach um eine extrem gemischte Brühe mit einigen Zutaten, die einen üblen Nachgeschmack hinterlassen. Doch sie wird sehr wahrscheinlich viele Schotten ansprechen, die mit dem Mythos aufgewachsen sind und ihr Land vielleicht noch nie in solchem Licht gesehen haben. Trotz teils recht umständlicher Handhabung seines ehrgeizigen Drehbuchs gibt es hier Grund sich auf Woods zukünftige Projekte zu freuen, wobei Haymans buchstäblich lippenschmatzender Wahnsinn schon allein den Kaufpreis wert ist.

Rawside Entertainment / Redscreen bringen Sawney: Flesh of Man als Nr. 9 im Rahmen ihrer Uncut Rawside Edition im Mediabook als Blu-Ray- / DVD-Combo mit drei auf 222 Stück limitierten, verschiedenen Cover-Motiven heraus. Über die Qualität des Films lässt sich sehr wahrscheinlich streiten (denn der repräsentiert eine recht gemischte Angelegenheit), über die Qualität der Veröffentlichung allerdings nicht. Das Bild präsentiert sich im 2,35:1 (1080p) Format und macht einen hervorragenden Eindruck, während es beim Ton ebenso nichts zu meckern gibt. Hier stehen eine deutsche und englische Spur (DTS-HD Master Audio 5.1) zur Auswahl, wobei man deutsche Untertitel zuschalten kann. Die Extras bestehen aus einem 24-seitigen Booklet mit interessantem Text von Christoph N. Kellerbach, einem Making-of Synchro, Outtakes, einem Audiokommentar mit Ricky Wood und Ian Rattray, einer Slideshow, Deleted Scenes, einem Trailer sowie einem Interview mit David Hayman. Insgesamt handelt es sich hier um eine sehr gelungene Mediabook-Edition, ob der Film jedoch als gelungen bezeichnet werden kann, muss jeder für sich selbst entscheiden.

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Auf 222 Stück limitiert

Freigabe: ab 18 Jahre
Ländercode: B / 2
Laufzeit: 90 Minuten (ungekürzt) / 86 Minuten (ungekürzt)
Bildformat: 2,35:1 (1080p) / 2,35:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 5.1 
Untertitel: Deutsch
Untertitel Extras: 
Verpackung: Mediabook
Discs: 2

Auf 222 Stück limitiert
Auf 222 Stück limitiert

Diese Edition wurde uns freundlicherweise von Rawside Entertainment zur Verfügung gestellt.

Das Bildmaterial stammt nicht von dieser Edition!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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