Sie möchten Giganten sein (Sometimes a great Notion)

Sometimes a great notion

In Sometimes a Great Notion von Paul Newman aus dem Jahr 1971 – eine Verfilmung des Romans gleichen Namens – geht es um die Familie Stamper, die ein einsames Dasein als Holzfäller-Ungernehmen im rauhen Oregon führt. Rings herum haben die Gewerkschaften bereits das sagen, die einen Streik durchsetzen möchten. Das passt dem Familienoberhaupt Henry (Henry Fonda) gar nicht, denn er hat einen Vertrag zu erfüllen und lässt seine Leute weiter holzen. Außerdem passen ihm diese linken Umtriebe der Gewerkschaften gar nicht in seinen Kopf, die ihm als freien arbeitenden Amerikaner vorschreiben möchten wann er zu arbeiten hat und wann nicht. Allen voran: sein ältester Hank (Paul Newman) und sein Bruder Joe Ben (Richard Jaeckel), beide verheiratet, Hanks Frau Viv (Lee Remick) und Joes Frau Jan (Linda Lawson) mit den Kindern leben gemeinsam im Haus am Fluss. Eines Tages kreuzt Leeland (Michael Sarrazin) auf, Henrys Sohn aus erster Ehe, der – vermutlich nach einem Umweg in den Vietnamkrieg und nach diversen Abenteuern an der Ostküste – zurück kommt um sein Leben auf Vordermann zu bringen. Das rauhe Holzfällerleben ist ein krasser Gegensatz zu seiner Perspektive. Seine langen Haare sind Henry suspekt und auch Hank kann den verlorenen Bruder nicht so recht wieder ins Herz schließen, schwelt doch ein unangenehmer Vorfall in der Vergangenheit…. . Doch der Konflikt mit den Gewerkschaftern spitzt sich zu, und die Familie Stamper ist auf Kollissionskurs mit den Funktionären, da ist jeder der anpackt wilkommen….

Die beeindruckenden Panavision-Aufnahmen von der Holzfällerei der Zeit rahmen einen politischen Konflikt ein, für den das rauhe Holzfäller-Abenteuer eigentlich nur eine Kulisse bietet. Newmans zweite von nur etwa fünf Regiearbeiten befasst sich mit einem uramerikanischen Konflikt: dem zwischen der radikalen unternehmerischen Freiheit von Individuen und der kollektiven gesellschaftlichen Anstrengung für sozialen Fortschritt bei dem einzelne auch mal Opfer erbringen müssen. Henry Stamper wittert hinter den Aktivitäten der Gewerkschaften den Untergang Amerikas durch die Kommunisten, fast schon wie Donald Trump seine Propaganda-besäuselten Anhänger vor einem linken Bidenschen Amerika warnt. Doch der Film zielt auf eine Ebene tiefer. In einer der nachdenklichsten und zugleich unvergesslichsten Szenen des Films fragt Viv, die das Leben unter den Holzfällern eh schon lange satt ist, das Familienoberhaupt, warum er all das macht, warum er nicht klein bei geben will, ob es da nicht noch mehr gäbe. Und in einer fast schon metaphorischen Zusammenfassung des amerikanischen Wesensinhalts antwortet dieser: „Hell, don’t you know? To keep on going. That’s what. To work and sleep and screw and eat, drink and keep on going…. That’s all there is. That’s the whole ball of wax.“

Der Invididualismus der Stampers manifestiert sich auch an einer anderen Stelle: ein von der Konsumunfähigkeit der anderen streikenden FAmilien geplagter örtlicher Unternehmer ist kurz davor den Bach runter zu gehen. Die einzigen die noch Geld verdienen dass sie in dem Kaff ausgeben könnten, sind die Stampers, doch Hank interessiert sich nicht für die Leiden dieses Mitmenschen – seine Frau lasse niemanden an seine Hemden, antwortet er dem involvenzbedrohten Wäscherei-Inhaber. Auch hier ist Viv die Stimme des Gewissens. Warum er sich nicht um den Mann schwere, fragte sie. „People do what they want, kid, I don’t tell ‚em what to do“ antwortet er. Jeder ist seines Glückes eigener Schmid

Und dann wäre da noch eine der großartigsten Darbietungen von Jaeckel, die sogar Tarantino zum ausflippen bringt und für die er zu Recht für den Oscar nominiert wurde (ihn aber nicht gewann). Newman hingegen, hält sich in dem Film eher zurück, und überlässt andere, wie Fonda, Sarrazin oder diversen Nebendarstellern, die Bühne. Vor allem Remick hat ein schweres Kreuz zu tragen als die emotional am tiefsten gezeichnete Protagonistin der Geschichte. Wenn man den beeindruckenden Aufnahmen der Holzfäller im Wald als Zuschauer noch nicht zum Opfer fiel, inklusive einer Szene in der Newmann die Spitze eines großen Baums fällt und sich dann weit oben auf den Stumpf setzt wie King Kong, oder wenn Newman mit der Kettensäge ins Gewerkschafterbüro marschiert und einen Schreibtisch zersägt, wird man es spätestens in all diesen kleinen Momenten, in denen Lee nach seinen Haaren gefragt wird („it just grows“) oder die Stampers sich einen hinter die Binde kippen nach einer Partie Football am Strand die in eine Schlägerei ausartet bei der die Frauen sie anfeuern, bei Coca Cola und Hamburgern. Es ist ein uramerikanischer Film, bei dem man seine literarische Vorlage nur so ahnen kann, man wähnt sich erinnert an Grapes of Wrath.

Insgesamt ist Sometimes a Great Notion ein faszinierender Film, der aber für manche Zuschauer vielleicht etwas sperrig sein mag. Man muss definitiv zwischen den Baumstämmen lesen sozusagen – oder die Romanvorlage kennen – um die Tiefen der Story zu schätzen zu wissen. Newman hat hier sicherleich – soweit lehne ich mich mal aus dem Fenster – einen sehr wichtigen amerikanischen Film geschaffen der zu Unrecht oft übersehen wird.

Mit der nun vorliegenden BluRay kann man diesen nun neu oder erstmals entdecken. Während diese zwar jenseits von Trailern und Bildergalerien keine Extras aufweist, reicht die Qualität für ein schönes Abendkino. Die Bildqualität sieht weite Strecken sehr gut aus, sehr körning, farbenfroh und detaillreich. Manchmal wünschte man sich man hätte das Material in höherer Auflösung gescannt, aber insgesamt sieht das echt völlig in Ordnung aus. Die Streifenbildung an manchen Stellen könnte auf gutem Equipment so gut zu sehen sein dass es störend wirkt, aber das könnte (meine Vermutung) seinen Ursprung auch schon in der Aufnahme haben. Die Tonqualität ist ebenfalls in Ordnung. Das Kreischen der Kettensägen kommt ebenso gut zur Geltung wie die Dialoge.

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Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Films zur Verfügung gestellt, in deren Vertrieb der Film erscheint. Screenhots von der US disc.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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