The Editor

Rey Ciso war einst der berühmteste Film-Cutter der Welt, aber seit einem Unfall, bei dem er vier Finger verlor, muss er sich mit dem Schneiden von billigen B-Movies über Wasser halten. Als mehrere Darsteller aus seinem neuesten Film auf grausame Weise ermordet werden, gerät der verschlossene „Editor“ schnell zum Hauptverdächtigen. Während sich die Leichen weiter stapeln, versucht Rey verzweifelt seine Unschuld zu beweisen und wird immer mehr in ein finsteres Geheimnis gezogen, das hinter den Kulissen lauert.

Astron-6 springt zurück in den Ring und präsentiert dem geneigten Publikum mit The Editor eine wilde und teils urkomische Hommage an das Italo-Kino der Siebziger im Allgemeinen und den klassischen Giallo im Speziellen.
Rey Ciso (gespielt von Regisseur Adam Brooks) war einst der weltweit beste Filmeditor (Cutter), dessen Talent und Geschicklichkeit von niemandem in der Branche übertroffen werden konnte. Aufgrund seiner hervorragenden Reputation war es ihm möglich eine äußerst lukrative Karriere aus seiner Arbeit zu schmieden, die ihm Ruhm, Glück und die Liebe einer tollen Frau brachte. Doch als Ciso bei einem ungeschickt unglücklichen Unfall seine Hand verstümmelt, verliert er dabei nicht nur einige Finger, sondern auch sein Geld sowie seine Frau. Nun ist er zurück und möchte mit einer klumpig hölzernen prothetischen Hand seine kränkliche Karriere wieder in die richtige Richtung lenken, wird aber vom Regisseur zunehmend unter Druck gesetzt und fühlt sich immer noch von seiner Vergangenheit verfolgt. Ciso bekommt allerdings erst richtig Probleme, als eine Reihe von unerklärlichen und brutalen Morden in dem Studio stattfindet, in dem er arbeitet. In den Augen von Kommissar Peter Porfiry (gespielt von Co-Regisseur Matthew Kennedy) ist Ciso der Hauptverdächtige und muss nun seine Unschuld beweisen – wenn er wirklich unschuldig ist (?!), oder könnte die Polizei doch auf der richtigen Spur sein?

Getaggt als comedy-giallo entstand The Editor aus einem äußerst erfolgreichen Crowdfunding-Projekt. Namen wie Tristan Risk, Laurence R. Harvey und Udo Kier konnten gewonnen werden und da Astron-6 in der Indie-Szene bereits positiv auf sich aufmerksam gemacht hatte, durfte man einen interessanten Titel, besonders für das italophile Publikum, erwarten. The Editor reitet auf einer Welle von neuen giallo inspirierten Filmen wie Amer (2009), Berberian Sound Studio (2012), Yellow (2012) und L’étrange couleur des larmes de ton corps (Der Tod weint rote Tränen, 2013), um nur einige zu nennen. Während sich diese Filme vor allem auf die künstlerischen Aspekte konzentrierten, die der giallo in der Regel dazu benutzt, seine brutale Gewalt ernsthaft zu vermitteln, geht Astron-6 dankbarerweise mal einen anderen Weg. Die Regisseure Adam Brooks und Matthew Kennedy (zusammen mit ihrem Mitschreiber Conor Sweeney) produzieren ein wahres Feierstück der Ära, das seine Botschaft mit einer reichhaltigen Dosis an Liebe für die Periode serviert, wobei die Besten (und schlechtesten) Spielarten des Genres zusammengemischt und als wunderbar gewürzte Persiflage allen Siebziger Eurokult-Kinos ausgeliefert wird. Der Schwerpunkt liegt dabei eindeutig auf Parodie – vor allem bei der übertriebenen Schauspielerei, der absichtlich schlechten Synchronisation und dem unnötig expliziten Blutvergießen sowie aufreizender Nacktheit – aber das alles funktioniert sehr gut und macht aus The Editor – neben Discopathe von 2013 – eines der wenigen modernen Filmprojekte, die den draufgängerischen Geist der Ära erfolgreich einfangen und zusammenfassen. The Editor ist ein Streifen, der offensichtlich von Fans für Fans gemacht wurde, denn das erkennt der Italo-Kino-Liebhaber sofort.

Die Schauspielerei ist auf ganzer Linie spektakulär absichtlich schwach. Rey Ciso (Adam Brooks), der wie das spitting image von Franco Nero, inklusive schneidigem Schnurrbart, aussieht – und Matthew Kennedy als Kommissar Peter Porfiry chargieren in ihren Rollen mit einer gewissen Freude an dieser Art von Darstellung, sodass die Chemie zwischen ihnen nicht besser sein könnte. Paz La Huerta ist geradezu urkomisch als Reys verachtete Ex-Frau; ihre übertriebenen Wutausbrüche und ständigen Erinnerungen an Rey, seine Hand zu verlieren, sei wie seine Männlichkeit zu verlieren, sprühen vor Ironie. Sogar die größeren Namen, in kleineren Rollen, hinterlassen alle ihre Spuren, so sieht Tristan Risk, als ein frühes Opfer, so glamourös wie eh und je aus, The Human Centipede 2s Laurence R. Harvey bekommt einen Priester zu spielen und Udo Kier erscheint als Psychiater Dr. Casini. Die witzigen Vorstellungen werden von einigen ernsthaft außergewöhnlichen Mord-Szenen sekundiert, inklusive vieler überstilisierter Gewalt – für welche die Effekte auf geeignete Weise grausam sind. Ein fantastischer, retro-inspirierter Score von Claudio Simonetti und Technicolor runden die ganze Sache wunderbar ab. Außerdem gibt es auch Autoverfolgungsjagden im siebziger Euro-Cop-Stil, Stunts und viel plumpen Dialog, um Fans des schlechten Geschmacks amüsiert zu halten. Der Film ist eine Hommage an eine Reihe von Quellen, einige davon sind sehr offensichtlich zu erkennen, wie La tarantola dal ventre nero (Der schwarze Leib der Tarantel, 1971) und Lo strano vizio della Signora Wardh (Der Killer von Wien, 1971), doch es gibt auch subtilere Referenzen, die Fans der Italo-Sub-Genres zum Lächeln bringen werden, wenn sie die dezenten Hinweise zu Filmen wie Autostop rosso sangue (Wenn Du krepierst – lebe ich!, 1977) und Lo squartatore di New York (The New York Ripper, 1982) entdecken. Allerdings kratzen diese Beispiele nur an der Oberfläche, so reich ist die von Astron-6 geschaffene Tapisserie. Grandios, grell, obszön übertrieben, manchmal surreal und vollkommen verrückt, weiß The Editor enorm gut abzuliefern und beweist erneut, dass Astron-6 seine Fangemeinde sowie sein Handwerk versteht.

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  • Darsteller: Paz de la Huerta, Adam Brooks, Matthew Kennedy, Udo Kier, Laurence R. Harvey
  • Regisseur(e): Adam Brooks, Matthew Kennedy
  • Format: Dolby, Limited Edition, Widescreen
  • Sprache: Deutsch (DTS-HD 5.1), Englisch (DTS-HD 5.1)
  • Untertitel: Deutsch
  • Region: Region B/2
  • Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
  • Anzahl Disks: 2
  • FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Studio: (Alive)
  • Produktionsjahr: 2014
  • Spieldauer: 95 Minuten

 

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.