The Executor – Der Vollstrecker / Il giustiziere della strada

Ein Atomkrieg hat die Erde zerstört. Die wenigen Davongekommenen leiden an lebensbedrohendem Wassermangel. Wasser ist so rar, dass die Überlebenden bereit sind für ein paar Tropfen erbarmungslos zu töten. Der zehnjährige Tommy und seine Sippe leben in einer alten Mine. Ihre wirksamste Waffe im Kampf ums Überleben ist Tommys künstlicher Arm. Mit übermenschlichen Kräften ausgestattet kann er die toolkühnsten Tricks vollbringen. In einem waffenbestückten Super-Auto begibt sich Tommy auf eine gefahrvolle Suche nach einer verborgenen Quelle. Doch das lebensrettende Nass wird von Feinden schwer bewacht. Ein gnadenloser Kampf ums Überleben bricht an… (UfA-Video)

Unabhängig von persönlichen religiösen / spirituellen Überzeugungen stellt das Thema des Endes der Welt (und was danach kommen wird) bereits seit Jahrzehnten einen großen Kassenschlager dar. In den 50er Jahren konzentrierten sich Filme wie Arch Obolers Five (Die letzten Fünf, 1951) auf die Erschütterung amerikanischer Normen und Sitten. Würden wir unsere festen Werte bewahren oder uns angesichts der Zerstörung der Zivilisation in Tiere verwandeln? In den zunehmend zynischen 60er Jahren des Anti-Establishments nahmen erdverändernde Ereignisse einen fantastischeren Einschlag an. Von The Day Of The Triffids (Blumen des Schreckens, 1963) bis zu The Last Man On Earth (The Last Man on Earth – Der Beginn der Legende, 1964) war es weniger wahrscheinlich, dass Armageddon durch Atomwaffen, als viel eher durch Viren oder Außerirdische verursacht werden könnte (natürlich wurde dennoch über die Aufrüstung mit Atomwaffen nachgedacht). In den 70er Jahren wurde dem Publikum dann präsentiert, dass nicht nur der gefürchtete nukleare Holocaust bereits stattgefunden hatte, sondern auch die Auto-Stunts etwa eine Million Mal besser geworden waren. Mad Max aus dem Jahr 1979 zeigte eine Zivilisation, die gerade so über die Runden kam und wo Gerechtigkeit von lederbekleideten Polizisten in aufgemotzten Autos auf ultra-gewalttätige Art und Weise „bewahrt“ wurde. Der Film muss als bahnbrechend bezeichnet werden, wobei durchaus argumentiert werden kann, dass jeder postapokalyptische Streifen, der nach Mad Max entstanden ist, von diesem und/oder (zumindest) seiner ersten Fortsetzung, The Road Warrior (Mad Max 2 – Der Vollstrecker, 1981), stark beeinflusst worden ist.

Dies ist sicherlich bei Giuliano Carnimeos (auch bekannt als Jules Harrison) Il giustiziere della strada (The Executor – Der Vollstrecker, 1983) der Fall. Nachdem der Ozongürtel der Stratosphäre durch Atombomben zerstört wurde, ist Wasser extrem knapp geworden. Eine kleine Gruppe von Menschen versteckt sich in Höhlen und hegt sowie pflegt Pflanzen, mit denen sie das Ökosystem des Planeten neu beleben wollen. Das Problem dabei ist, Pflanzen brauchen Wasser, wobei die letzte Person, die zum Wasser holen losgeschickt wurde, noch nicht von seiner Reise zurückgekehrt ist. Der junge Tommy (Luca Venantini) ist besorgter als die meisten anderen, weil es dabei um seinen Vater geht. Er versteckt sich auf dem nächsten Tanker, der ausgesandt wird, um Wasser zu holen, doch der Konvoi wird von Crazy Bull (Fernando Bilbao) und dessen Schergen (die mit Dünenbuggys unterwegs sind) angegriffen, die vom Anblick des Tankers und der Aussicht auf ein einfaches Ziel angelockt werden. Tommy entkommt dem Tod und kann auch die Karte, die den Weg zum geheimen Wasserreservoir zeigt, retten. Auf seiner Flucht stößt er schließlich auf den Dieb, Mörder und Allround-Drecksack Alien (Robert Iannucci als Robert Jannucci). Tommy versucht Alien davon zu überzeugen seinem Volk bei der Wiederherstellung des Planeten zu helfen, doch Alien kümmert sich nur um Alien. Wird Alien endlich zu einem Altruisten und entdeckt wahre Freundschaft sowie einen Sinn fürs Leben!??! Ääähm, wohl eher nicht so richtig!

Carnimeos Streifen repräsentiert ein Beispiel für das, was manchmal als „Pasta-Pocalypse-Kino“ bezeichnet wird. Angesichts der Tatsache, dass es sich um eine italienisch-spanische Koproduktion handelt, kann man sich schon gut vorstellen, warum. Der Film kann die „futuristische“ Mode vorweisen, die man erwartet: viel Leder und exponierte Haut (seltsam, angesichts des Ozonmangels in dieser Zukunft), Motocross- und Football-Pads, Stollen, Spikes und Ketten, wo immer sie hinzugefügt werden können. Selbstverständlich darf auch der Eyeliner bzw. das Gesichts-Make-up nicht vergessen werden. Alle Fahrzeuge stammen aus „der Vergangenheit“, weswegen sie nun an die neuen Umstände angepasst worden sind. Anscheinend braucht jedes Auto dieser Zukunft Stangen und Gitter über den Fenstern und dem Frontgrill (und oft auch über den Radkästen). Im Grunde genommen handelt es sich dabei um „Hoopties“. Die Bösewichte müssen in Open-Air-Autos fahren. Es gibt viele Dünenbuggys (allerdings nichts so Auffälliges wie in Alabama‘s Ghost, 1973), Dirtbikes und Pickup-Trucks mit entfernten Dächern zu bestaunen. Die Drehorte bestehen aus Wüsten und Steinbrüchen, also Allem, was mit einem Minimum an Arbeit oder Genehmigungen möglich gemacht werden kann. All diese Anforderungen erfüllt dieser Film. Leider bedeutet das nicht viel mehr, als gerade einmal die Grundlagen zu erfüllen. Sogar Alien / Crazy Bulls aufgemotzte Karre „The Exterminator“ beeindruckt nicht als „das mächtigste Auto aller verbotenen Gebiete“ (und wenn Anarchie herrscht, wer erklärt diese Gebiete dann überhaupt für „verboten“!?). Der Innenraum besteht aus einigen blinkenden Lichtern und einem TV-Monitor zum Fahren mit geschlossenen Jalousien (ja, wirklich!). Mit diesem Fahrzeug kann absolut nichts Außergewöhnliches angestellt werden. Es kann nicht sprechen, ist weder mit Flammenwerfern noch mit Raketen ausgerüstet und scheint sogar schwer steuerbar zu sein. Somit hat also nicht einmal der letzte der V-8 Abfangjäger den Exterminator zu fürchten.

Zum Thema Mad Max-Einflüsse sollte zumindest der größte angesprochen werden. Das wären nämlich die Autostunts. Millers Film, so wie es Dutzende, wenn nicht Hunderte Male berichtet wurde, fängt das hohe Adrenalingefühl superschneller Verfolgungsjagden auf hervorragende Art und Weise ein. Die Verwendung von unterkurbelten Kameras und Low-Angle-Aufnahmen verwandeln Szenen von Autos, die durch die Straßen Australiens rasen, in virtuelle Autopornografie. Carnimeos Film dagegen nicht. Oh, es sind genügend Verfolgungsjagden vorhanden und ein Teil der Stuntarbeit ist sogar als beeindruckend zu beschreiben. Das Problem ist jedoch zweifacher Natur. Erstens gestaltet sich der Stil, diese Sequenzen zu drehen und zusammen zu schneiden, als recht flach. Die Szenen werden meistens aus großer Entfernung gedreht, wobei die Aufnahmen so lange gehalten werden (wahrscheinlich aus Polsterungsgründen), so dass diese jegliche Dynamik verlieren, die möglicherweise bestanden hat. Zweitens übersteigen die Sequenzen ihr willkommen sein. Kaum zu glauben bei einem Film, in dem sie eigentlich die Hauptattraktion sein sollten, doch wenn sich die Action als so glanzlos erweist, zieht man doch weniger davon vor. Es gibt einige schöne Zeitlupenaufnahmen, doch die kommen nur selten zum Einsatz und genügen einfach nicht, um das Interesse des Publikums anhaltend aufrechtzuerhalten.

Generell beschäftigen sich diese Filme thematisch mit zwei Konzeptionen. Eine versucht die Frage zu beantworten: Wie ist die Welt zu dem geworden, was sie im Film darstellt? Dabei handelt es sich in der Regel um einen Anti-Kriegs- / Anti-Nuke-Gedanken, der eher als Exposition verwendet wird, als dass er irgendetwas mit der Geschichte zu tun hat. In Mad Max‘ Welt wird Benzin zu einem seltenen Gut, in Aliens Welt ist es Wasser, was die zweite Konzeption widerspiegelt: Wie gestaltet sich die Zukunft? Witziger Weise beinhaltet Carnimeos Film die interessantere Variante dieser Idee. Schließlich ist Leben ohne Wasser nicht möglich, während man ohne Auto auch von Ort zu Ort gelangen kann. Der Fehler, den die Filmemacher dabei begehen, besteht darin, diesen Aspekt zu kurz zu fassen. Die Suche nach Wasser bedeutet hier letztendlich nichts anderes als einen McGuffin, um Actionszenen aneinanderreihen zu können. Diese Apathie durchdringt den Film und hilft nur ihn nach unten zu ziehen, besonders wenn man am Ende angelangt ist.

Auch die Autoren (u.a. Dardano Sacchetti) und Schauspieler erweisen The Executor – Der Vollstrecker nicht gerade einen Gefallen. Der Dialog befindet sich im Bereich von „So schlecht, dass es schon wieder gut ist“. Beispiele: “Once more into the breach, you mother-grabbers. Let’s purloin that water.” “A snakebite’s better than a kiss from you.“ „Even a son of a bitch has a soul.“ Und viele mehr. Auf tragische Weise hilft es dem Film einfach nicht, ihn auf kitschiger Ebene verbessern zu wollen. Die einzige Szene, die wirklich zu faszinieren versteht, findet im Lagerhaus mit dem unterirdischen Stausee statt. Dort verstecken sich nämlich großartige Todesfallen im Pulp-Stil, darunter ein mit Stacheln versehener, wirbelnder Holzbalken an Ketten und durch Licht ausgelöste Pfeile. Außerdem wird der Ort von Mutanten bewacht, die Feuer sowie Schwefel brüllen und wie Mitglieder von A.I.M. (Advanced Idea Mechanics) gekleidet sind. Doch das ist einfach zu wenig sowie zu spät, um diesen Film aus dem Morast der Mittelmäßigkeit herausziehen zu können. Bei Il giustiziere della strada handelt es sich also um einen eher mittelmäßigen Streifen aber wenigstens gibt es ein Wiedersehen mit Italo-Genrefilm-Veteranen Luciano Pigozzi (Blutige Seide, Schreie in der Nacht, Die Farben der Nacht), Eduardo Fajardo (Django, Im Dutzend zur Hölle, L’assassino è costretto ad uccidere ancora) und Venantino Venantini (Sieben Tote in den Augen der Katze, Bewaffnet und gefährlich, Nove ospiti per un delitto). Ach ja, den deutschen Titelgebern ist ein schlimmer Übersetzungsfehler unterlaufen. Der englische Begriff Executor bedeutet zwar Vollstrecker, allerdings eher im Sinne von Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter. Die richtige Wortwahl dürfte somit Executioner lauten, denn das übersetzt man mit Henker oder Scharfrichter.

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  • Darsteller: James Clayton, Robert Warner, Beryl Cunningham, Alicia Moro, Luciano Pigozzi
  • Regisseur(e): Jules Harrison
  • Format: Limitierte Auflage
  • Sprache: Deutsch (DTS HD 1.0), Englisch (DTS HD 1.0)
  • Untertitel: Deutsch
  • Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
  • FSK: Nicht geprüft
  • Studio: X-Cess
  • Produktionsjahr: 1983
  • Spieldauer: 91 Minuten

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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