The Keeping Room

The Keeping Room hatte ich schon recht sehnsüchtig erwartet in meiner Mission, ganz viele aktuelle Western zu sehen. Auch dem Film wurde eine deutsche Kinoerfahrung verweigert, Jane Got a Gun ging es da nur minimal besser. Der Film von Daniel Barber (der auch den abstoßend brutalen Harry Brown  auf dem Gewissen hat) ist eine düstere Bürgerkriegsgeschichte mit Brit Marling (Arbitrage) in der Hauptrolle, sowie Hailee Steinfeld (True Grit) und Sam Worthington (Texas Killing Fields) als, ohne viel zu verraten, ganz übler Bursche. Koch Media bringt den Film nun endlich auf BluRay, und zwar am 17. März.

Der Film spielt 1865 in den amerikanischen Südstaaten, als der Bürgerkrieg sich dem Ende neigt und die Unionsarmee heran naht. Augusta (Brit Marling) und ihre Schwester Louise (Hailee Steinfeld) leben alleine auf dem Anwesen des Vaters, der zusammen mit anderen männlichen Familienmitgliedern wohl im Krieg ist, oder längst gefallen. Zusammen mit der Sklavin Mad (Mona Utaru) bestreiten sie das harte Leben alleine. Als Louise von einem Waschbär gebissen wird, eilt Augusta in den nächsten Ort um Medikamente zu beschaffen, stößt dort aber auf die gefährlichen Unionssoldaten Moses (Sam Worthington) und Henry (Kyle Soller), die sich vom Regiment gelöst haben und noch vor der sicheren Brandschatzung durch die herannahende Armee vergewaltigend und mordend durch die Gegend ziehen. Augusta entkommt den beiden durch eine Finte, doch eines Nachts hört sie Geräusche im Garten….

The Keeping Room

Barber lässt von Beginn an seine aus Harry Brown bekannten Stilmittel spielen: rohe Gewalt, Schreckensmomente und Wehrlosigkeit prägen schon die ersten Minuten dieses ansonsten sehr ruhigen, fast schon unheimlich stillen Films. Man mag The Keeping Room einen Western nennen, oder ein Bürgerkriegsdrama, aber es könnte mit etwas Drehbuchänderung auch ein postapokalyptischer Thriller sein. Drei Frauen allein im Nirgendwo, und am Horizont naht das Unheil heran in Form von Shermans Armee. Dann Geräusche im Garten, Augusta erschießt den Hund der beiden Maraudeure. Von nun an geht es ums nackte Überleben. Aber zu überleben scheint nur ein Symptom zu sein, eines viel größeren Problems. Einmal fragt sich August gar, was aus der Welt geworden ist, in der Frauen alleine aufwachsen und schießen lernen statt Beischlaf. Sie erkennt den Fatalismus der Situation, in der die drei stecken. Die Rückkehr der Männer des Hauses ist unwarscheinlich, kein Gesetz der Welt schützt die Frauen vor den Verbrechern, und was ihnen allen blüht wenn die Unionsarmee auf ein Haus voller junger Damen trifft, können sie ahnen, ohne es auszusprechen.

The Keeping Room

Julia Hart erzählt mit viel Feingefühl ein unglaublich dramatisches Abenteuer vor einer wahrhaft apokalyptischen Kulisse. Am Ende des Films sehen die Mädchen den von Granaten und Flammen erröteten Horizont und wissen, es wird Zeit abzuhauen. Eine Szene wie sie auch aus Mad Max oder Waterworld stammen könnte. Genau genommen ist The Keeping Room auch gar nicht einem Film wie The Rover unähnlich, in dem ebenso minimalistischen Film fühlt sich der Protagonist ähnlich im Stich gelassen, die Zukunft ist wenn überhaupt tödlich, und die Szenerie ist eine Art Niemandsland. Was in Harts Erzählung aber wichtig ist, wenn man den Film überhaupt in seiner Tiefe deuten will, ist der Umgang der jungen, sozial eher unreifen Frauen mit der rohen, auch sexuellen, Gewalt des Westens und dem Kampf ums Überleben ohne Schutz. Es ist immerhin das 19. Jahrhundert, das Rollenverständnis zwischen Mann und Frau war damals natürlich noch viel stärker verankert und gerade in den Südstaaten viele Frauen überhaupt nicht darauf vorbereitet, Feldarbeit zu machen oder um das eigene Überleben zu kämpfen. Die Konfrontation mit dem Themas Rassismus wird wenn überhaupt nur angedeutet.

The Keeping Room

The Keeping Room ist ein leiser Film mit plötzlichen Ausbrüchen lauter Gewalt. Es ist ein minimalistischer Film der von der Leistung Brit Marlings zusammen gehalten wird, und eine ungeheuere Spannung entfaltet, als die zweifache Bedrohung sich dem Anwesen nähert. Es besteht zu keinem Punkt überhaupt ein Zweifel, dass die Frauen sich mit vollem Recht und aller Gewalt gegen die Eindringlinge zu wehren haben, und vielleicht eine gute Chance besitzen zu überleben. Doch was ist mit der herannahenden US-Armee? Dass sowohl die Protagonisten des Films als auch die Zuschauer quasi automatisch für gegeben betrachten, dass auch diese mordend, vergewaltigend und brandschatzend über die Gegend herfallen wird, ist eine düstere, passive Beobachtung der Gesellschaft. Womit ich wieder bei Daniel Barber wäre, dessen Harry Brown ich für einen der deprimierendsten, abstoßendsten und schwer verdaubarsten Film halte den ich jeh gesehen habe (und ich meine das nicht unbedingt negativ). Es ist wieder ein unglaublich düsterer Blick auf die Gesellschaft der sich hier offenbart, eine knallharte Konfrontation mit der Ohnmacht des Einzelnen vor der Brutalität der Welt. Eine ernüchternde Einsicht, eines ganz und gar spannenden, faszinierenden und gut gespielten Westerns, der mich sehr beeindruckt hat.

The Keeping Room

Die BluRay bietet ordentliches Bild, aber keine Referenzqualität. Dafür ist das Bild nicht scharf genug und ein Schleier sichtbar, was an etwas weniger hochwertiger Komprimierung liegen könnte. Auch die Schwarztöne waren mir für einen aktuellen Film etwas zu grau. Nörgelei beiseite, das Bild sieht dennoch sehr gut aus. Der Ton (Englisch getestet) ist wunderbar subtil mit passenden und extremen Tiefen und guter Räumlichkeit. Optional sind deutsche Untertitel mit enthalten.

Es gibt als Extras einen Audiokommentar mit Julia Hart und Brit Marling, den Kinotrailer in Deutsch und Englisch, sowie ein kleines „Making of“. Der Audiokommentar ist sehr unterhaltsam mit den beiden Damen und bietet einen tiefgründigen Hintergrund in die Entstehungsgeschichte und Details des Films. Es ist ein kurzweiliger, informierter und enthuasiastischer Kommentar wie man ihn gerne hört. Das Making of ist in etwa 10 Minuten lang und besteht aus Interviews, Filmausschnitten und Aufnahmen vom Dreh. Es liegt in HD vor und bietet einen guten Einblick in den Film, aber ist von der Natur her natürlich Promomaterial.

Insgesamt hab mich The Keeping Room sehr begeistert und beschäftigt mich nach wie vor. Ich will den nun nochmal sehen und wieder in diese Welt eintauchen. Ein Film ganz nach meinem Geschmack. Minimalistisch, dramatisch, düster und gut gemacht. Die BluRay bietet wenige gute Extras, gute Qualität und stellt dank des nie stattgefundenen Kinolaufes die einzige aber nun endlich verfügbare Möglichkeit dar, dieses erstklassige Kinodrama zu erleben.

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Die Bluray wurde uns von Koch Media freundlicherweise zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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