The Last Jaws – Der weiße Killer / L’ultimo squalo

Im kleinen Küstenstädtchen South Bay verschwinden plötzlich Menschen auf dem Wasser. Während kaum jemand etwas ahnt, warnen Schriftsteller Peter Benton und Haijäger Ron Hamer den Bürgermeister vor der Gefahr eines riesigen Hais in den Gewässern, doch die bevorstehende Windsurf-Regatta soll um keinen Preis abgesagt werden. Als trotz der ergriffenen Sicherheitsmaßnahmen die Zahl der Toten und Verletzten weiter steigt, machen sich Benton und Hamer persönlich auf die lebensgefährliche Jagd auf den weißen Killer… (Anolis Entertainment)

Es ist allseits bekannt, dass italienische Regisseure von Exploitation-Filmen in den 70er und 80er Jahren als die Könige von Hollywood Rip-offs angesehen wurden. Ob Polizei-Thriller, Zombie-Streifen, postapokalyptische Flicks sowie Science-Fiction Abenteuer und billige Barbaren-Epen, sie alle wurden von hochkarätigen Hollywood-Filmen inspiriert und zumeist auf recht dreiste Art und Weise kopiert. Freche Nachbildungen bzw. Reproduktionen hin oder her, diese Filme erfreuten sich bei „Kultfilmfans“ allergrößter Beliebtheit. Wie sah es denn dabei nun mit den sogenannten Sharksploitation-Filmen aus, die nach dem Erfolg von Der Weiße Hai (1975) überall auf den Markt geworfen wurden? Enzo G. Castellari hatte bereits in Il cacciatore di squali (Dschungel-Django, 1979) Franco Nero mit Killerhaien und Mafia-Killern konfrontiert, verärgerte mit L’ultimo Squalo (1981) – einer beinahe 1:1 Melange aus Der Weiße Hai 1&2 – die Universal Studios jedoch sehr stark. Nur John Williams brauchte sich keine Sorgen zu machen, denn sein exzellenter Soundtrack wurde hier nicht kopiert oder modifiziert. Stattdessen wird die erste Szene – in der ein junger Windsurfer für die South Bay Regatta trainiert und von einem Hai angegriffen wird – von einer grässlichen Guido & Maurizio De Angelis Disco-Nummer begleitet. Der lokale Schriftsteller Peter Benton (James Franciscus) sucht daraufhin zusammen mit dem ergrauten Kapitän Ron Hamer (Vic Morrow) nach dem vermissten Jugendlichen, nur um dessen vollkommen zerstörtes bzw. kaputtgebissenes Surfboard zu finden. „Eines ist sicher, dass war keine schwimmende Kettensäge“, lässt Hamer verlauten. Trotz aller Beweise, die auf einen Hai-Angriff hindeuten, lässt der ehrgeizige Politiker William Wells (Joshua Sinclair aka John Louis Loffredo) die Regatta stattfinden, während sein idiotischer Sohn mit einer Gruppe von Teenagern – darunter Bentons Tochter Jenny (Stefania Girolami) – auf Hai-Jagd geht. Selbstverständlich mit vorhersehbar chaotischen Folgen.

Castellari ist als ein sehr talentierter sowie inspirierter Action-Regisseur zu bezeichnen, doch seinen Hai-Attacken fehlt es in L’ultimo Squalo schlichtweg an der Schockwirkung seiner beiden berühmten Vorbilder, wobei sich der Film überraschend unblutig gestaltet. Selbst Der weiße Hai 3-D (1983) gelingt es mehr Nervenkitzel zu generieren, während die Charakterisierungen – ein stark unterschätzter Aspekt von Steven Spielbergs Original – auf mehr oder weniger eine Szene reduziert werden, in der Franciscus seine Gefühle am Krankenhausbett seiner Tochter ausdrückt. Obwohl der mechanische Hai beinahe genauso überzeugend wie Spielbergs rüberkommt und die Schnitte zwischen Original- sowie Archivmaterial recht nahtlos ineinander übergehen, wirken zu viele Szenen ganz einfach wie Fotokopien. Es gibt die spärlich bekleideten Teenager, die wie im Original auch hier teilweise zu Haifischfutter werden; der hanebüchene Hai springt aus dem Wasser hervor, um einen Helikopter – wie in Der weiße Hai 2 (1978) – aus der Luft zu schnappen sowie ins Meer zu ziehen, während Vic Morrows meckernder Hai-Jäger an Robert Shaws wahnsinnigen Quint erinnern soll. Das italienische Team und die Nebendarsteller – zu denen auch Castellaris Bruder Ennio Girolami als Wells‘ hinterhältiger Assistent und Tochter Stefania Girolami als Jenny Benton gehören – erschaffen ein beinahe Cartoon-artiges Plagiat eines der bekanntesten Filme Hollywoods.

Am Strand treten Cheerleader auf, während Banner, Gebäude und Werbetafeln in Rot, Weiß sowie Blau dekoriert sind und die Einheimischen alle strahlend weiße Zähne sowie perfekt gestylte Frisuren oder schreckliche Dauerwellen (bei den Surfer-Typen) aufzuweisen haben. Castellari verhält sich seinem amerikanischen Umfeld gegenüber etwas zynischer als Spielberg, einschließlich eines skrupellosen Fernsehreporters (Giancarlo Prete, der spätere Held und Sodomie-Opfer (!) Scorpion aus I nuovi barbari / Metropolis 2000 von 1982), der enorm sensationsgierig und scharf darauf ist zu filmen, wie unschuldige Menschen vom Hai aufgefressen werden. Allerdings entpuppt sich Loffredos Wells als ein etwas sympathischerer Charakter als Murray Hamiltons schmieriger Bürgermeister aus dem Original und löst wahre Jubelarien aus, indem er seinem hirnlosen Sohn eine herzhafte Ohrfeige verpasst. Bei L’ultimo Squalo handelt es sich bei weitem nicht um den schwächsten italienischen Sharksploitation-Film – immerhin ist er um Längen besser geraten, als Der weiße Hai IV – Die Abrechnung von 1987 – und wie kann man einen Hai-Film nicht empfehlen, in dem eine Figur ohne jede Spur von Ironie (in der englischen Synchronfassung) sagt: „Something fishy is going on here.“

Bonusmaterial:

  • Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Matthias Künnecke und Christopher Klaese
  • Audiokommentar mit Ingo Strecker und Jörg Michael Jedner

—> beide AKs erweisen sich als enorm informativ sowie unterhaltsam !!!

  • White Hunter, White Shark: Interview mit Enzo G. Castellari
  • Something Fishy: Interview mit Ugo Tucci
  • Swimming With Sharks: Interview mit Massimo Vanni
  • Italienischer Kinotrailer
  • Deutscher Kinotrailer
  • US Kinotrailer
  • US TV-Spot
  • Deutscher Werberatschlag
  • Bildergalerie

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Seitenverhältnis: 16:9 – 1.85:1, 16:9 – 1.77:1
Alterseinstufung: ‎Freigegeben ab 16 Jahren
Regisseur:‎ Castellari, Enzo G.
Laufzeit: ‎1 Stunde und 26 Minuten
Darsteller: Franciscus, James, Morrow, Vic, Vanni, Massimo, Prete, Giancarlo, Girolami, Ennio
Untertitel: Deutsch
Sprache: ‎Italienisch (Mono 2.0), Deutsch (Mono 2.0)
Studio:‎ Anolis Entertainment

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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