The Neon Demon

The Neon Demon

Los Angeles – Stadt der unbegrenzten Möglichkeiten, Glamourwelt, Schauplatz zahlloser Träume und Abgründe. Als das junge aufstrebende Model Jesse (Elle Fanning) aus der staubigen Provinz nach L.A. kommt, scheinen ihre Träume im Handumdrehen Realität zu werden: unter Vertrag bei einer großen Agentur, auf der Überholspur gegen erfahrenere Models und neue Muse des obsessiven Star-Fotografen Jack. Noch kann sie nicht ahnen, dass ihre Jugend und Lebendigkeit schon bald den giftigen Neid einer Gruppe schönheitsfanatischer Models auf sich ziehen wird, die vor keinem noch so drastischen Mittel zurückschrecken, ihre junge, elfengleich schöne Konkurrentin aus dem Weg zu räumen und das Geheimnis ihres Erfolgs für sich zu beanspruchen…

The Neon Demon

Um The Neon Demon mit „nicht für jeden Geschmack“ zu bezeichnen, ist wahrscheinlich die Untertreibung des Jahres, denn die Mehrheit der Zuschauer wird die sehr drollige Mischung aus Gewalt, Kannibalismus, dunkler Komödie, Nekrophilie und Fetischismus wohl nicht wirklich zu schätzen wissen. Tatsächlich, wäre es eine Überraschung, wenn keine Verurteilung oder Manifestation der Empörung von Gruppen oder Einzelpersonen entsteht, die argumentieren, dass es sich um einen weiteren, flachen, an das männliche Publikum gerichteten Film handelt, der Frauen objektiviert, stereotypisiert und verunglimpft. Sehr wahrscheinlich hatte Nicolas Winding Refn, dem wie seinem Landsmann Lars von Trier der Ruf vorauseilt, ein Provokateur par excellence zu sein, genau diese Art von Reaktion im Auge, als er den Film machte. In diesem Zusammenhang ist eine eigentlich überflüssige Szene (eventuell eine Traumsequenz?!) zu nennen, in der eine weibliche Figur gezwungen wird, eine Messerklinge zu fellieren, die genau dazu entworfen zu sein scheint, um eine solche Reaktion hervorzurufen. Beabsichtigte Exzesse beiseite, ist The Neon Demon möglicherweise Nicolas Winding Refns unkompliziertester Streifen seit einiger Zeit (sicherlich linearer als Only God Forgives oder Bronson). Der Film folgt Jesse (Elle Fanning), einer 16-jährigen Ingenue, die nach LA zieht (oder genauer gesagt in ein schäbiges Motel in Pasadena, das von einem schmierig düsteren Typen geführt wird, gespielt von Keanu Reeves) darauf hoffend, ein Top-Modell zu werden. Trotz ihrer Einfalt und Unbekümmertheit fällt sie zuerst der Leiterin einer mächtigen Modelagentur (Christina Hendrickson), als nächstes einem einflussreichen Fotografen (Desmond Harrington) und schließlich einem großen Modedesigner (Alessandro Nivola) auf, der sie zum Herzstück seiner neuen Show macht. Dies geschieht sehr zum Ärger der bereits etablierten Models Sarah (Abby Lee) und Gigi (Bella Heathcote), die sich gedemütigt fühlen und es nicht gerade locker nehmen, dass sie auf der Strecke bleiben sollen, um Platz für ein frisches, neues Gesicht zu machen. Jessy ist auch mit Ruby (Jena Malone) befreundet, einer scheinbar wohlmeinenden Mode-Make-up-Künstlerin, die in der örtlichen Leichenhalle Schwarzarbeit verrichtet, indem sie ihren Fähigkeiten Ausdruck verleiht, um Leichen ansehnlicher und somit präsentierbarer zu machen. Außerdem lernt sie einen übermäßig netten jungen Mann namens Dean (Karl Glusman) kennen, der Jesses Freund und Beschützer sein möchte. Da es sich hier um einen Horrorfilm handelt (zumindest an der Oberfläche) beginnen die Dinge für sie sehr seltsam zu werden, als sich ihr neuer Freund und ihre Rivalinnen dafür entscheiden, Jesses schnellem Aufstieg in den Rang eines Top-Modells entschieden entgegenzuwirken.

The Neon Demon

Wie Quentin Tarantino, ist auch Nicolas Winding Refn ein Meister des Widerkäuens von alten Genrefilmen. Drive war der Bastard-Sohn von Michael Manns Der Einzelgänger (Thief) und Walter Hills Driver, mit einigen weiteren Zutaten, die man Jean-Pierre Melvilles Der eiskalte Engel (Le samouraï) zuschreiben kann. The Neon Demon ist sein Liebeslied an Dario Argento (vor allem Suspiria, auf den mehrfach visuell und thematisch verwiesen wird) und an zahllose Euro-Thriller aus den siebziger Jahren, beginnend mit der fantastischen aber weniger gesehenen Gräfin Bathory Nacherzählung Daughters of Darkness (Blut an den Lippen / Solo für einen Vampir). Durch eine großartige elektronische Partitur von Cliff Martinez interpunktiert, ist The Neon Demon ein visuelles Fest, das die neonüberfluteten Drive und Only God Forgives im Vergleich trübe und farblos erscheinen lässt. The Neon Demon ist ein wunderschön aussehender Film, an wunderschönen Orten gedreht und mit einer Besetzung, die hervorragend aufeinander abgestimmt ist. Die Frauen sind allesamt unglaublich schön aber gleichzeitig charakterlich unglaublich flach und abstoßend: Sie sehen aus und bewegen sich wie giftige Schlangen, deren Haut man wirklich gerne streicheln möchte, wohl wissend, dass man sich sehr wahrscheinlich einen schmerzhaften Biss einfangen wird. Die männlichen Charaktere, auf der anderen Seite, sind beinahe alle visuell unsympathisch und schleimig dargestellt oder sehen bedrohlich, wie Wilde aus (Desmond Harrington, der Fotograf, ist einer insbesondere hageren und bedrohlichen Gestalt, die wie ein Wolf ein verwundetes Tier umstreift). Nur Dean, der potenzielle Freund, scheint ein guter, anständiger Mensch zu sein, doch das hier ist ein Film, der mit Nachdruck an das alte Sprichwort erinnert, dass „Nette Kerle immer die Letzten sein werden“. Elle Fanning spielt besonders zu Beginn des Films wirklich gut, wo sie schüchtern und unsicher wirken muss, während auch der Rest der Besetzung durchaus zu überzeugen weiß. Der Film gehört jedoch Jena Malone, deren Charakter im Verlauf der Geschichte die schrecklichste Transformation durchmacht. Ihre Vorstellung ist wirklich verwegen und engagiert sowie mit Leichtigkeit die, die in einem Film voller seltsamer und markanter Charaktere am erinnerungswürdigsten ist.

The Neon Demon

Obwohl The Neon Demon angeblich ein Horrorfilm sein soll, liegt mit dem Film eine eher sehr schwarze (und düstere) Komödie über eine enorm künstliche und fürchterlich oberflächliche Welt vor, in der die Erscheinung eines Menschen mehr zählt als alles Andere und die einzige Möglichkeit bietet, um in dieser „dog-eat-dog“ Welt überleben zu können. The Neon Demon ist definitiv kein Film für jedermann aber es ist das Produkt eines talentierten Regisseurs, der eine Metamorphose durchgemacht und abgeschlossen hat, die mit Bronson (2009) begann: Vom „einfachen“ Genre-Regisseur in einen vollwertigen Auteur mit einem persönlichen und unverwechselbaren visuellen und erzählerischen Stil. Ist man an Kino jenseits der regulären Multiplex-Kost interessiert, dann lohnt es sich zwei Stunden seiner Zeit in diesen Streifen zu investieren.

The Neon Demon

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The Neon Demon BluRay

  • Darsteller: Elle Fanning, Abbie Lee, Keanu Reeves, Christina Hendricks, Jena Malone
  • Regisseur(e): Nikolas Winding Refn
  • FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Studio: Koch Media GmbH
  • Produktionsjahr: 2016
  • Spieldauer: 118 Minuten

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Diese BluRay sowie das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Koch Media zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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