The Wave – Deine Realität ist nur ein Traum

Frank ist ein junger erfolgreicher Anwalt bei einer großen Versicherungsgesellschaft, dessen Privatleben und Ehe jedoch eher trostlos sind. Als er ein Schlupfloch entdeckt, das seinem Arbeitgeber die Auszahlung einer großen Versicherungssumme erspart, winkt eine Beförderung. Sein Freund und Kollege Jeff überredet ihn daraufhin, den Erfolg am Abend gebührend zu feiern. In einer Bar stoßen die beiden auf die Freundinnen Natalie und Theresa. Nach ein paar Drinks ziehen alle gemeinsam weiter zu einer privaten Party, auf der Frank und Theresa auf den mysteriösen Aeolus treffen, der die beiden zur Einnahme einer speziellen halluzinogenen Droge überredet. Frank findet sich unversehens auf einem Trip wieder, der nicht nur sein gesamtes Leben, sondern anscheinend auch das Raum- und Zeitgefüge auf den Kopf stellt… (OFDb Filmworks)

Gille Klabins The Wave präsentiert sich zunächst als die nervigste Bro-Comedy der jüngsten Vergangenheit – doch lasse man sich davon nicht abschrecken. Nach diesem holprigen Start verwandelt sich The Wave in etwas viel ansprechenderes, sogar charmanteres: eine ziemlich clevere, trippige Saga, mit dem Herzen auf dem richtigen Fleck. Es geht letztendlich darum, sich mit seiner eigenen Sterblichkeit auseinanderzusetzen und zu lernen dabei kein komplettes Arschloch zu sein – und wer von uns könnte es nicht vertragen, daran erinnert zu werden? Frank (Justin Long) ist Anwalt und zwar nicht irgendein Anwalt – er ist die Art von Typ, die für ein großes, seelenloses Unternehmen arbeitet, das es liebt, vom Leid anderer zu profitieren.

Als man Frank zum ersten Mal kennenlernt, haben ihm seine sechs Jahre in seiner Firma bereits das Leben ausgesaugt und ihn zu einer Drohne gemacht – zu einer höchst effektiven Drohne. Dank seiner sorgfältigen Arbeit konnte er eine Gesetzeslücke finden, durch die der Familie eines toten Feuerwehrmanns die Summe einer riesigen Lebensversicherung verweigert wird. Dies erhöht den Gewinn seines Unternehmens und macht ihn zu einer Führungskraft. Das ist alles, worauf er hoffen kann … zumindest denkt er das. Denn er wurde konditioniert, um so zu denken.

Franks Weltanschauung durchläuft einige gravierende Veränderungen, nachdem er einer Nacht des feierlichen Trinkens mit seinem Freund und Kollegen Jeff (Donald Faison) zugestimmt hat. Die beiden landen in einer Kneipe, wo sie zwei Frauen treffen, Natalie (Katia Winter) und Theresa (Sheila Vand). Frank ist sofort von Theresa angetan, besonders angesichts seiner scheinbar lieblosen Ehe. Während die Nacht hereinbricht, landen Frank, Jeff, Natalie und Theresa auf einer lauten Hausparty, wo Frank und Theresa eine mysteriöse halluzinogene Droge einnehmen, die ihnen von einem bedrohlich wirkenden „Dealer“ (Tommy Flanagan) angeboten wird. Die Droge schickt Frank auf eine – buchstäblich – seltsame Reise.

Er ist anscheinend in der Lage durch die Zeit zu springen, während er unter schrecklichen Halluzinationen zu leiden hat, die ihm das Gefühl geben, seinen verdammten Verstand zu verlieren. Darüber hinaus ist Theresa verschwunden, weswegen Frank Jeff und Natalie rekrutiert, um ihm zu helfen, sie zu finden. Von da an legt The Wave erst so richtig los, springt heftig von einer wilden Szene zur nächsten und fegt das Publikum auf Franks Reise vom Teppich. Klabins Regieführung ist als kinetisch zu bezeichnen, verstärkt durch einen stetigen Strom von auffälligen visuellen Effekten, die für einen (wahrscheinlich) dürftig budgetierten Film allerdings ziemlich beeindruckend aussehen.

Longs Vorstellung ist entscheidend für das Funktionieren des Films, was keine leichte Aufgabe darstellt. Er muss Frank so spielen, so dass er als komplettes Arschloch rüberkommt. Ein Arschloch allerdings, mit dem man irgendwann sympathisieren kann. Das Publikum muss in der Lage sein zu glauben, dass Frank sein Verhalten bzw. seine Einstellung ändern kann, wobei Longs panischer, nervöser Auftritt dafür sorgt, dass Franks sich ständig ändernder Geisteszustand und seine Weltanschauung gut vermittelt werden. Leider hat der Rest der Besetzung nicht besonders viel zu tun. Sheila Vand, die in A Girl Walks Home Alone at Night (2014) den Skateboard-Vampir spielte, versteht es Eindruck zu schinden, obwohl ihr Charakter kläglich unterentwickelt wurde und deswegen eher als Objekt, denn als Person präsentiert wird. Donald Faison und Katia Winter sind meistens lediglich dazu verdonnert auf Longs zunehmend unbeholfenen Zustand reagieren zu müssen. Ronnie Gene Blevins hat Spaß als der andere Drogendealer, der erst später im Film auftaucht, doch sein Charakter wurde mit einer Ansammlung von Macken und Tics nicht besonders glaubwürdig angelegt.

Carl W. Lucas‘ Drehbuch ist nie so klug oder tiefgreifend, wie es gerne sein würde, schafft es jedoch, eine inhärente Süße zu erschließen – ein Grundgefühl für Menschlichkeit und Akzeptanz, das all das Chaos sowie die gelegentlichen Gewaltausbrüche auszugleichen vermag. Die endgültige Schlussfolgerung, auf die sich The Wave konzentriert, könnte leicht als manipulativ oder sogar unverdient rüberkommen. Doch die vielen gesponnenen Fäden fügen sich schließlich zusammen, wodurch sich die vielen Set-ups letztendlich auszahlen.

OFDb Filmworks veröffentlicht The Wave in einer Mediabook-Edition (VÖ-Termin 24. September 2020) sowie auf BluRay und DVD (VÖ-Termin 27. August 2020). Das Bild (1080p; 2.35:1 auf DVD anamorph) ist als vollkommen zufriedenstellend bis wirklich gut zu bezeichnen. Beim Ton gibt es bei den beiden verfügbaren Spuren (deutsch, englisch BluRay DTS-HD Master Audio 5.1; DVD Dolby Digital 5.1) auch keinen Grund zur Beschwerde, sie lassen sich auf BluRay wunderbar hören. Deutsche und englische Untertitel sind auf Wunsch auch zuschaltbar. Als Extras wurden ein Audiokommentar des Regisseurs, ein animierter Storyboard-Vergleich, ein Gag-Reel, ein VFX Breakdown sowie ein Trailer auf die Scheibe gepackt. Somit kann die Veröffentlichung als enorm gelungen bezeichnet werden. Freunde des „Phantastischen“ Films müssen hier unbedingt zuschlagen.

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  • Darsteller: Justin Long, Tommy Flanagan, Donald Faison
  • Regisseur(e): Gille Klabin
  • Untertitel: Deutsch, Englisch
  • Bildseitenformat: 16:9 – 2.35:1
  • FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Studio: OFDb Filmworks
  • Produktionsjahr: 2019
  • Spieldauer: 95 Minuten

Diese Edition sowie das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von OFDb Filmworks zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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