The Wold of Kanako

The World of Kanako (Kawaki, 2014) ist ein japanischer Thriller von Tetsuya Nakashima (Confessions) mit Kôji Yakusho (13 Assassins) in der Hauptrolle. Er kam in Deutschland nur eingeschränkt vor einem Jahr im Kino. International gefeiert, aber ebenso lang und brutal wie stylisch, ist er seit einiger Zeit und in Deutschland auf BluRay beim Japan-Profi Rapid Eye Movies erhältlich.

Der Ex-Cop Akikazu (Yakusho), völlig am Ende zwischen Alkohol und Tabletten, wird von seiner besorgten Ex-Frau angerufen. Tochter Kanako (Nana Komatsu) ist verschwunden. Stück für Stück rekonstruiert er die letzten Monate in Kanakos Leben. Während er selbst noch für Morde in Spätis verdächtigt wird, vor lauter Alkohol und Drogen teilweise gar nicht mehr durchblickt, seine Ex-Frau schwer mishandelt, und als Ermittler wirklich nicht taugt, kristallisiert sich sehr langsam ein Bild seiner Tochter heraus, das ihm scheinbar gar nicht bekannt war. Sie soll mit Drogen gedealt haben, Mitschüler zur Prostitution gezwungen und psychisch terrorisiert haben. Seine kleine Kanako? Irgendwo zwischen drogenüberfluteten Teenie Parties, der Yakuza, alten Kinderschändern, einem Psychiater (Jun Kunimura, Kill Bill) und korrupten Cops, taumelt Akikazu wie Alice im Wunderland, Kanakos Lieblingsbuch, durch ihre brutale Welt….

The World of Kanako

The World of Kanako ist keine leichte Kost. Mit zwei Stunden Laufzeit, harten Schnitten, lauter Musik und teils extremer Brutalität, fordert er den Zuschauer sehr, vor allen diejenigen Zuschauer, die das zeitgenössische japanische Kino nicht gewohnt sind, dass seit über 15 Jahren immer brutaler und hyperaktiver wird. Dabei ist der Film definitiv ein interessanter Genre-Mix. Es gibt starke Film Noir Elemente, und Akikazu stolpert hier in Verflechtungen, wie man sie beispielsweise von Inherent Vice kennt. Der Ermittler ist hier kein guter Cop, sondern ein absolut abgehalfterter Psycho. Hier beginnt er, einen klassischen Kriminalfall aufzulösen, stößt auf Kinderschänder, korrupte Polizeikollegen, Mobbing an der Schule, Drogendeals und Prostitution. Dass er aber längst Teil des ganzen ist, scheint er nicht zu verstehen. Auf seinem Weg der Investigation sterben weiter Menschen, die Gewalt nimmt kein Ende.

The World of Kanako

Oszillierend zwischen Jazzmusik und alten Autos einerseits, und Technomusik und Vergewaltigungen andererseits, ist The World of Kanako ein Rollercoaster. Es stecken zwei Filme in diesem Monster: eine spannende Detektivgeschichte mit gutem Drehbuch und interessanten Wendungen, und ein ultrabrutaler japanischer Prügelfilm wie ich es schon damals bei Miikes Ichi The Killer verabscheut habe. Der Regisseur wurde zu Recht dafür auch kritisiert. Wobei man ihm in sofern wenig Vorwürfe machen kann als dass wohl die Romanvorlage schon nicht zimperlich gewesen sein muss. Dass der Film in Japan ab 15 freigegeben ist, überrascht auch niemanden. Die japanische Popkultur ist eine der Extreme, und Brutalität ist dort eben viel mehr Mainstream. Für den europäischen Zuschauer wirkt es schon fast abstoßend roh, für den japanischen Zuschauer ist sie Teil der überstilisierten, ständig vibrierenden, piependen, hüpfenden, lauten Popkultur.

The World of Kanako

The World of Kanako bietet ein Sammelsurium stilistischer Elemente. Schnell geschnittene Passagen zu Technomusik oder melancholisch angehauchte Detektivmomente mit Swing Jazz. Filmkorn einerseits, Animationssequenzen andererseits. Der Regisseur hat sich hier völlig ausgelebt, und hatte wohl neben der erstklassigen Besetzung auch das Budget zur Hand, hier cineastisch Amok zu laufen. Die künstlerisch ansprechend gestalteten Szenen bieten zumeist ein ziemliches Fest für die Augen. Auch die Schauspieler geben hier alles. Der leicht übertriebene japanische Dramastil ist zwar bemerkbar, stört aber neben all der anderen Verrücktheit des Films nicht so stark. Das Drehbuch ist solide, aber ich kann mich nicht so ganz damit abfinden wie einfallslos die zweite Hälfte des Films sich eigentlich ausgestaltet. Ob der Roman hier schon so offen war? Zu konfus das Durcheinander der Charaktere, unklar wer „der Böse“ ist und Protagonisten die im Laufe der Geschichte auftauchen oder wieder verdrängt werden. Sprich, da ist nicht alles Gold was glänzt.

Die BluRay kann man auf Japanisch mit dt. Untertiteln, oder in der deutschen Synchro (nicht getestet) genießen. An Extras liegt ein kleines Making-Of (ok), der Trailer, sowie weitere Trailer aus dem REM Katalog bei, insgesamt also nicht wirklich viel. Die Bildqualität ist ziemlich gut, sieht aber an manchen Stellen so aus als wäre die Komprimierung etwas  zu hoch. Der Ton ist krass, beide Spuren sind DTS HD 5.1 und klingen echt satt.

The World of Kanako

Insgesamt bietet The World of Kanako erstklassiges kontemporäres Japankino für all diejenigen, die es etwas stärker gewürzt mögen. Der Film ist definitv nichts für zart besaitete, und wohl auch nichts für Menschen mit Epillepsie-Schwächen. Laut, grell und brutal ist das Motto des Popkinos, da ist von Kurosawa nicht viel hängen geblieben. Aber der Film bietet hervorragende Bilder, gute Schauspieler und einen Parforce-Ritt durch die gesellschaftlichen Abgründe. Die BluRay leistet sich nur beim Bild minimale Schwächen und bringt nicht so arg viel Extras mit, das macht der Ton wieder wett.

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Die BluRay wurde uns von Rapid Eye zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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