Todesmarsch der Bestien / Condenados a vivir / Cut-Throats Nine

Der im folgenden besprochene Spielfilm war lange Zeit gemäß §15/18 JuSchG indiziert und sogar nach § 131 StGB bundesweit beschlagnahmt. Um unserem Bildungsauftrag nachzukommen und der kulturellen Bedeutung des Films gerecht zu werden, findet ihr im Folgenden einen Artikel zum Film Cut-Throats Nine, der sich mit Werk und Wirkung kritisch auseinandersetzt, der seit Frühjahr 2022 rehabilitiert und frei erhältlich ist.

Eine Wagenladung voller Sträflinge wird von Banditen überfallen, wobei nur ein Sergeant, seine junge Tochter und sieben sadistische Gefangene überleben, ohne Vorräte. Der Sergeant muss einen Weg finden seine Gefangenen an ihr Ziel zu bringen und gleichzeitig seine Tochter zu beschützen, während sich über ihnen allen ein Netz aus Lügen, Gier und Verrat ausbreitet. (Films Around the World)

Auf Todesmarsch der Bestien wurde ich damals durch einige Freunde aufmerksam, die darauf hinwiesen, es sei der gewalttätigste und blutigste Italo-Western, der jemals gedreht wurde. Da ich ein riesiger Italo-Western Liebhaber und Sammler bin, musste ich einem Film mit solchem Ruf natürlich nachjagen, also besorgte ich mir vor etlichen Jahren die Spazmondo/EuroVista Edition, war jedoch aufgrund zweier kleiner Details enttäuscht: Erstens war mir bis dahin nicht bewusst gewesen, dass der Titel eigentlich indiziert ist und zweitens handelt es sich hierbei überhaupt gar nicht um einen Italo-Western. Trostlos, blutig und gewalttätig? JA. Italo-Western? NEIN. Condenados a vivir stellt eine komplett spanische Produktion mit spanischer Besetzung und Crew dar, die nicht einmal einen Western im traditionellen Sinne repräsentiert, denn eigentlich liegt hier eher ein Überlebensfilm vor, der in verschneiten Bergen spielt. Doch das alles macht überhaupt nichts aus -Italo-Western hin oder her – denn ich hatte trotzdem meine Freude mit diesem kleinen, fiesen Exploitation-Flick.

Von der ersten Einstellung an (was die Musik miteinschließt) wird einem bewusst, dass dies einer der trostlosesten, pessimistischsten und düstersten Filme sein wird, die jemals gedreht worden sind. Dem geneigten Zuschauer wird zunächst eine Bande von Kettensträflingen (Alberto Dalbés, Antonio Iranzo, Rafael Hernández, Manuel Tejada, Ricardo Díaz, José Manuel Martín und Carlos Romero Marchent) vorgestellt, die mit Beginn des Winters mitten in den Rocky Mountains irgendwohin transportiert werden sollen. Auf dem Weg wird ihre Kutsche von einigen Banditen (darunter ein in den Kredits nicht aufgeführter Dan van Husen) überfallen, die die Wachsoldaten töten. Nachdem ihr Wagen bei einem Unfall zerstört wurde, muss der einzig übriggebliebene Soldat Sgt. Brown (Robert Hundar), mit seiner jungen Tochter Sarah (Emma Cohen), die Kettensträflinge von Halsabschneidern und Mördern zu einem Militärlager führen … doch mit nur 6 Kugeln Munition und dem Winter direkt vor der Tür, wird das nicht ganz so einfach zu bewerkstelligen sein.

Cut-Throats Nine wird seinem Ruf gerecht, gewalttätig und blutig zu sein, denn dieser Film ist wirklich brutal! Regisseur Joaquín Luis Romero Marchent scheute keine Kosten, um seinem Publikum Nahaufnahmen von zerquetschten Schädeln und verkohlten Leichen zu spendieren. Was das Blut und die Gewalt noch viel beunruhigender gestaltet, ist der ernste, düstere Ton, den Marchent dem Streifen verleiht. Er geht sogar so weit, keine hellen, fröhlichen Farben im Schema des Films erscheinen zu lassen, was nicht nur wegen der Schneelandschaft ein wenig an Il Grande Silenzio (Leichen pflastern seinen Weg, 1968) erinnert.

Sollte man sich über einen Aspekt beschweren können, so wäre das, weil der Film gegen Ende etwas an Dampf verliert. Er baut auf und auf, hält aber keinen Payoff bereit, während er sich „nur“ in einem äußerst depressiven, jedoch sehr angemessenen Ende suhlt. Wenn man seine Filme düster, trostlos und deprimierend mag, dann ist Todesmarsch der Bestien genau das Richtige. Obwohl der Streifen voller ausbeuterischem Gore ist, hat er auch einige kraftvolle Darbietungen und eine solide Regieführung zu bieten. Er stellt definitiv ein Filmerlebnis dar, das man nicht so schnell vergessen wird. Es überrascht nicht, dass Cut-Throats Nine an der Abendkasse floppte (die meisten Leute bevorzugen eben „optimistische“ Filme), doch der Flick eroberte im Laufe der Jahre eine treue Fangemeinde. Warum der Film heutzutage noch immer indiziert ist, wirft schon einige Fragen auf. Klar, er ist brutal und nihilistisch angelegt worden, doch trotzdem wird hier auch noch so etwas wie eine Aussage getroffen, die bei vielen zeitgenössischen Filmen ähnlicher Natur, die nicht indiziert sind, fehlt und Gewalt nur um der Gewalt Willen präsentiert wird. Was bei Condenados a vivir zum größten Teil nicht der Fall ist.

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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