Unantastbar – Der Fall Harvey Weinstein

Untouchable ist eine vom BBC co-produzierte Reportage über den „Fall“ Harvey Weinstein, der Mitgründer von Miramax, und den Enthüllungen über sein Verhalten die ihn schlussendlich doch zu Fall brachten und sein Imperium mit ihm.

Grundsätzlich war das Erscheindungsdatum vermutlich etwas verfrüht für so eine Doku, die ganze Geschichte ist noch weder komplett aufgearbietet noch gerichtlich durch meines Wissens, jedenfalls war es das zum Zeitpunkt des Echeinens der Doku vor zwei Jahren noch keinesfalls, aber es war „frisch“. Der Film zeigt neben Aufstieg und Fall des Filmmoguls welch ein Monster er war und wie um ihn herum ein „System“ Weinstein entstand das auf Einschüchterung, quid pro quo, Drohungen, und den Preisen, bestand, die es gehabt haben muss, den Mund aufzumachen. Daher ist ein Hauptverdienst der Doku vor allem zu zeige, dass es sehr mutig von denen war, die letztlich das Schweigen gebrochen haben und noch mutiger, sich vor der Kamera so zu öffnen. Viele andere haben dann auch öffentliche Äußerungen von sich gegeben, aber man muss kritisch bemerken, doch eher viel zu spät und zu wenig. Die Doku schneidet leider nur an wie zwiespältig die Entwicklungen insbesondere auch bei denen wahrgenommen werden und wurden, die stark von Weinstein profitierten, das ist ja auch in den Medien oft thematisiert worden, also Stars und Industriegrößen die ohne Weinstein heute nicht dort wären wo sie heute sind, und inwiefern die davon wussten und ob die nicht auch Mitschuld tragen.

Mmiramax war, das kommt hier auch zur Geltung, lange Zeit eine absolute Ausnahmeerscheinung, die für das Kino sehr viel getan hat. Die Filmschmiede der Weinsteins war unkomplizierter, schneller, wagnisorientierter, risikowillige und das kam wirklichen Indies und Arthouse Filmen, sehr zu gute, die Preise gewannen und für die Masse tauglich bzw. zugänglich gemacht wurden. Dass dabei Weinstein auch oft Filme gekürzt und umgeschnitten hat ist ein Aspekt der hier natürlich nicht beleuchtet wird aber Filmans natürlich immer umtrieb, und ihm den Spitzenamen „Harvey Scissorhands“ einbrachte. Dabei gab ihm der Erfolg auch dabei leider oft recht aber es hat Spuren hinterlassen. Dass es heute zwei grundverschiedene Versionen von Cinema Paradiso gibt, ist ihm zuzurechnen, dass viele seine Version bevorzugen, spricht dabei Bände.

Weinstein

Dass das System Weinstein einem Gangsterimperium letztlich ähnlicher war als einer gesunden Unternehmenskultur ist letztlich nicht mehr zu überraschend. Dass es eine in engen Kreisen durchaus bekannte Schattenseite des Moguls gab mit Vergewaltigung, Nötigung, sexueller Belästigung, Ausnutzung und vielen anderen schrecklichen Verhalten, ist verstörend, und dass viele diese Dinge verschwanden durch Einschüchterungen und Abfindunden ist ein Grund warum es letztlich zu lange dauerte bis der überfällige Zeitpunkt der Abrechnung kam.

Die Doku ist somit gleichzeitig als Blick auf die Filmindustrie auch deshalb interessant, weil Weinstein natürlich einerseits mega erfolgreich war, und das nicht nur finanziell sondern auch kritisch (Auszeichnungen, Meisterwerke, – er war nicht zuletzt Pate vieler Meilensteine der Kinogeschichte). Da fielen Sätze wie „Genie und Monster liegen nah beinander“, das halte ich aber wiederum für falsch, sein Verhalten dadurch zu rechtfertigen dass er ja doch großartiges geschaffen habe, aber diese Aussagen findet man. Nicht er hat diese Filme geschaffen, und obwohl er als Produzent und Studioboss vieles ermöglicht hat, hat er dieses Reich ja dennoch auf dem Rücken leidender junger Künstlerinnen geschaffen und auf der Kreativität von Filmemachern die ihm gegenüber loyal waren. Diesbezüglich ist es etwas schade, dass in der Doku nur sehr wenige Stimemn zu Wort kommen. Nun ist die Welt heute eine bessere weil derartige Machtstrukturen und Untersdrückung stärker hinterfragt werden und sie bröckeln, aber es zeigt auch wie hartnäckig und stark sie sind, und wie hart es für Betroffene ist, nicht nur aufzustehen und zu reden, sondern auch wie hart es eben ist, Verantwortliche zur Verantwortung zu ziehen. Das zeigt die Reportage jedenfalls gut.

Davon abgesehen erzählt sie aber auch leider wenig neues, bietet nur begrenzt Einsicht, und ist sicherlich nicht die einge große Doku über die Causa Weinstein. Auch das ein Grund, warum man manchmal mit solchen Dokus etwas warten sollte, aber als der Film eben herauskam war der Hunger nach Material groß. Es ist keine schlechte Reportage, aber sie schürft letztlich zu sehr an der Oberfläche.

Die DVD von Koch Films erschien 2020 und bietet neben dem Originalton (getestet) auch eine deutsche Tonspur oder optional deutsche Untertitel. Als Extras gibt es den Trailer. Alternativ kann man die Doku auch streamen (vermutlich auch irgendwie bei der BBC).

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Die DVD wurde uns zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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