Under the Shadow

Teheran in den 80er Jahren. Der Krieg zwischen Iran und Irak ist in vollem Gange. Medizinstudentin Shideh darf, aufgrund ihrer liberalen Ansichten und politischen Aktivitäten in der Vergangenheit, ihr Studium nicht zu Ende bringen. Ihr Mann wird zum Kriegsdienst einberufen und somit bleibt sie mit Tochter Dorsa allein zurück. Und als sei der Lebensalltag in der kriegszerrütteten Stadt nicht schon schwierig genug, wird die Beziehung zwischen Mutter und Tochter auf eine harte Probe gestellt, weil Dorsa davon überzeugt ist, ein Dschinn wolle sie holen. Shideh glaubt dies zunächst nicht, aber Dorsas Lieblingspuppe verschwindet plötzlich spurlos und sie bekommt Fieber für das es keine medizinische Erklärung gibt. Und auch Shideh hat Erlebnisse und Wahrnehmungen, die sie zweifeln lassen, ob nicht doch übernatürliche Kräfte am Werk sind. Als sich eine feindliche Offensive auf die Stadt anbahnt, will sie schließlich mit Dorsa die Stadt verlassen, was sich als schwieriger erweist, als angenommen.

Under the Shadow erfindet zunächst das Rad nicht neu. Eine Ausgangslage ähnlich The Babadook gepaart mit psychologischem Drama und Entity-/Poltergeist-Einflüssen. Im Gegensatz, gerade zu Babadook, nerven die Figuren und ihre Handlungsweisen hier aber nicht. Sicher, das Verhältnis zwischen Shideh, ihrem Mann und ihrer Tochter ist konfliktbeladen, aber dem Zuschauer wird nie so vor den Kopf gestoßen, daß er das Interesse an den Protagonisten verliert. Trotz seiner weitgehend kammerspielartigen Inszenierung vermittelt der Film atmosphärisch dicht, wie sich wohl das Leben für Zivilisten in einer Stadt im Kriegszustand „anfühlen“ mag.

Der Film läßt sich recht viel Zeit, bis überhaupt ein un- oder übernatürlicher Einfluß konkret wird. Überhaupt sind Location, Atmosphäre und die Darsteller die Trümpfe von Under the Shadow. Denn man kann, im positiven Sinne, sagen, daß Under the Shadow einfach „mal was anderes“ ist. Gerade die erste Filmhälfte funktioniert eher auf der Ebene des Frühwerks eines Roman Polanski. Dazu eben ein anderer Kulturkreis im Ausnahmezustand, mit anderen Mythen, unverbrauchte Gesichter und keine Big-Budget-Edeloptik. Autor und Regisseur Babak Anvari macht lange Zeit vieles richtig. Lediglich im letzten Drittel kann er auch nicht völlig um die Genre-Konventionen herum. Da müssen dann doch zwei bis drei Jump scares und das obligatorische, offene Ende bemüht werden. Davon mal abgesehen, lohnt sich das Anschauen aber auf jeden Fall. Auch auf Netflix. 7,5 – 8/10

Andrew Woo

"You don't butt in line! You don't sell drugs! You don't molest little children! You don't profit off the misery of others! The rules were set a long time ago! They don't change!"

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