Vampira / Old Dracula

Um seine große Liebe Vampira wieder zum Leben zu erwecken, muss der alte Graf Dracula an frisches Blut kommen. Aus diesem Grund veranstaltet er Besichtigungstouren durch sein Schloss in Transsylvanien. Da er jedoch eine sehr seltene Blutgruppe für seine Liebste benötigt, kann er nicht jedes Opfer verwenden. Als ein Playboy-Fotoshooting im Schloss stattfindet, wird er endlich fündig. Eines der Models hat genau das, was er braucht. Allerdings ist sie schwarz, was sich auch auf das Aussehen der wiedererweckten Vampira auswirkt. Damit hat Dracula definitiv nicht gerechnet … (Wicked Vision Distribution GmbH)

Graf Dracula (David Niven) gelingt es Besucher in sein siebenbürgisches Schloss zu locken, indem er es der Öffentlichkeit als Touristenattraktion zugänglich macht. Somit stehen ihm stetig „Blutopfer“ zur Verfügung, was nicht nur seiner Ernährung zugutekommt, sondern auch bei seinen Forschungen weiterhilft. Er versucht nämlich seine Braut Vampira wieder zum „Leben“ zu erwecken, wofür er allerdings die richtige Blutgruppe benötigt. Doch unter den vielen Touristen, die er bereits anlocken konnte, war bisher niemand dabei durch dessen Adern dieser besondere Saft fließt. Zudem steht noch weiterer Ärger an, denn seine Sekretärin Helga (Linda Hayden) möchte kündigen.

An dieser Stelle fragt man sich dann warum Hayden überhaupt in diesem Film mitgespielt hat, da sie doch sehr wenig Zeit auf dem Bildschirm verbringt und nicht als Co-Star fungiert, sondern eher einen relativ kurzen Cameo-Auftritt hat. Allerdings schien es auch das Ziel dieses Films gewesen zu sein, so viele attraktive Schauspielerinnen wie möglich in das Projekt einzubinden, wobei sie letztendlich nur eine von vielen sogenannten dolly birds repräsentiert, die vor der Kamera von Regisseur Clive Donner umhertänzeln durften. Donner wurde vermutlich aufgrund seiner Arbeit an Was gibt’s Neues, Pussy? (1965) engagiert, der eine ähnliche Haltung seinen weiblichen Darstellern gegenüber einnimmt und obwohl der Streifen nicht gerade als ein wirklicher Klassiker zu bezeichnen ist, gestaltet er sich dennoch viel witziger als alles, was Drehbuchautor Jeremy Lloyd für Vampira heraufbeschworen hat.

Lloyd wurde (gemeinsam mit David Croft) vor allem durch die Sitcom Are You Being Served? (1972–1985) bekannt, die eine weitaus höhere Rate von Lachern pro halbe Stunde aufweisen kann, als der hier besprochene Film in etwa neunzig Minuten. Außerdem versucht die Serie nicht so schmerzhaft hip wie möglich zu sein. Was bedeutet das jetzt eigentlich genau? Nun, aus Draculas Braut wird eine Frau mit „schwarzer“ Hautfarbe gemacht, wovon sich die Produzenten offenbar versprachen eine Art Blaxploitation-Coolness erlangen zu können, die bei sämtlichen Hammer Dracula-Flicks nicht anzutreffen ist. Ein Blick auf Dracula jagt Mini-Mädchen vermittelt eine Vorstellung davon, was man diesbezüglich bei Hammer zu erwarten hat, während der Streifen keine Komödie darstellen soll. Zum Wechsel der Hautfarbe kommt es, als sich eine Gruppe von Playboy-Häschen in Draculas Schloss einnistet, unter denen das „schwarze“ Model Rose (Minah Bird) die passende Blutgruppe für Vampiras „Auferstehung“ liefern kann.

Die Infusion von Roses Lebenssaft in Vampiras inaktiven, weißen Körper verwandelt sie in Teresa Graves, die vor allem durch die Krimiserie Get Christie Love! (1974-1975) bekannt geworden sein dürfte und mehr Humor in diesen Unsinn einfließen ließ, als der eigentlich verdient hätte. Die wirklich seltsame Kombination mit David Niven führt dazu, dass er aufgrund seines Alters dem amerikanischen Titel Old Dracula auch wirklich gerecht wird, der wiederum verwendet wurde, um an Mel Brooks‘ Young Frankenstein (Frankenstein Junior, 1974) anschließen zu können. Niven tut sein Bestes, doch mit einer Atmosphäre, die zwischen lahmen Gags und dem Versuch hin und her schwankt, den Film mit (für 1974) modernisierten Horrorkonventionen aufzuwerten, sollte dies seinerzeit niemanden sonderlich zufriedenstellen. Springt man dagegen ins 21. Jahrhundert, so bietet der Film die Art von Zeitkapsel, die nur aus einem verzweifelten Versuch entstehen konnte hip und angesagt sein zu wollen (zum Beispiel lässt man Vampira eine Kinovorführung von Black Gunn besuchen, wo sie lernt, wie man jive spricht).

Nachdem Dracula „erleben“ musste, was die zufällige Vermischung von Roses Blut und dem ihrer Kollegin Ritva (Hammer-Darstellerin Veronica Carlson) bei der Liebe seines … ähm … Todes angerichtet hat, beschließt er nach London zu reisen, um die Playboy-Models aufzuspüren und herauszufinden welche von ihnen für diese Verwandlung verantwortlich ist. Da er nach Tagesanbruch nicht mehr ausgehen kann, wird diese Gelegenheit dazu genutzt, um das Londoner Nachtleben mit wilden Partys und so weiter zu porträtieren, sodass Niven selbstverständlich ziemlich fehl am Platz wirkt, egal was für eine Starpower er auch gehabt haben mag. Schließlich lässt sich der „Playboy“ Nicky Henson (Marc Williams) von Dracula hypnotisieren, um seinen Playboy-Bunny Freundinnen Blutproben abzuzapfen. Oftmals mithilfe von falschen Reißzähnen und einem Ergebnis, das nach Farce schreit aber beinahe auf ganzer Linie versagt. Sollte man sich jedoch nach (seichter) Unterhaltung aus den 1970er Jahren sehnen, bei der Nostalgie die Oberhand gewinnt, so sollte man sich die Art von Film wie Vampira aussuchen, die heute einfach nicht mehr so gemacht wird – was sich insbesondere auf das „überraschende“ Ende bezieht.

Wicked-Vision veröffentlicht Vampira als Nummer 14 ihrer Black Cinema Collection in einer Scanavo BD-Box (Blu-ray und DVD auf 1.500 Stück limitiert). Bild (1.85:1 1080p / 1.85:1 anamorph) und Ton (Deutsch + Englisch DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0) bewegen sich wieder einmal auf recht hohem Niveau, da gibt es absolut keinen Grund zur Beschwerde. Auf Wunsch können deutsche oder englische Untertitel zugeschaltet werden (auch bei den Extras). Freut Euch auf eine kreative Mischung aus Vampirkomödie und einer kräftigen Dosis Gesellschaftssatire vom gefeierten Regisseur Clive Donner, der mit Vampira einen recht ungewöhnlichen Beitrag zur damaligen Blaxploitation-Welle ablieferte. In den Hauptrollen spielen David Niven als Dracula und Teresa Graves als seine bildschöne Gattin. Mit dieser Edition präsentiert Wicked Vision Vampira als deutsche HD-Premiere, europaweit erstmals mit neuem 2KMaster, abgetastet und restauriert vom 35mm-Interpositiv. Außerdem ist die Nummer 14 der Black Cinema Collection mit interessantem sowie exklusivem Bonusmaterial ausgestattet worden. Insgesamt handelt es sich bei Vampira wieder einmal um eine äußerst gelungene Edition, die bei Liebhabern und Freunden des Black Cinema enorm gut ankommen sollte.

Bonusmaterial:

• 36-seitiges Booklet mit einem Essay (Die Vampirfilm-Parodie mit besonders schwarzem Humor) von Lio Schlösser —> hier kann man u.a. über die Nonkonformität des Films zum Genre und Old Dracula als Blaxploitationfilm mit subversiven Strukturen erfahren. Enorm lesenswert!
• Audiokommentar mit Dr. Gerd Naumann, Christopher Klaese und Matthias Künnecke —> ist, wie üblicherweise von den drei Herren gewohnt, sehr informativ und unterhaltsam ausgefallen. Interessanterweise verortet Herr Naumann den Film nicht unbedingt im Blaxploitation-Cinema, sondern sieht ihn eher als mainstream-tauglichen Hybriden an. „[…] und Vampira oder Old Dracula ist nun zwischen allen Stühlen. Es ist weder Blaxploitation, es ist weder richtiges Black Cinema, es ist dazwischen.“
A Shot in the Dark – Interview mit Kameramann Tony Richmond
Dokumentation: Old Dracula – Old Jokes mit PD Dr. Andreas Rauscher und Prof. Dr. Marcus Stiglegger —> das Gespräch zwischen den beiden Kollegen ist wieder einmal äußerst interessant sowie informativ ausgefallen.
• Trailer: Vampira
• Trailer: Old Dracula
• Bildergalerie
Black History Month mit Justin Murray über Slaughter

  • Zwei sogenannte Eastereggs sind in Form der deutschen VHS-Version sowie des Titelsongs Vampira von The Majestics unter den Extras zu finden

Beim Wicked Shop oder Amazon bestellen

Freigabe: ab 16 Jahre
Ländercode: A,B,C / 0
Laufzeit: 88 Minuten / 84 Minuten
Bildformat: 1.85:1 (1080p) / 1.85:1 (anamorph)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0
Untertitel: Deutsch, Engisch
Untertitel Extras: Deutsch, Englisch
Verpackung: Scanavo BD-Box
Discs: 2
Format: Blu-ray & DVD
Studio / Vertrieb: Wicked Vision Distribution GmbH

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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