Vier Fliegen auf Grauem Samt

Vier Fliegen auf grauem Samt (Quattro Mosche di Vellito Grigio / 4 Flies on Grey Velvet) ist ein Giallo von Dario Argento aus dem Jahr 1971. Der als klassischer Psychothriller konzipierte Film gilt als einer der bekanntesten Giallo. In einer völlig unnützen Nebenrolle ist auch Bud Spencer zu sehen.

Der Musiker Roberto (Michael Brandon), der als Schlagzeuger in einer Rockband gerade ein Album im Studio aufnimmt, wird von einem seltsamen Mann in schwarzem Anzug und Sonnenbrille verfolgt. Eines Abends will er dem mysteriösen Fremden nachstellen und herausbekommen warum der ihn verfolgt. Doch als der ein Messer zieht, und Roberto sich verteidigt, steht der plötzlich mit einer blutigen Klinge über einem toten Mann – und eine maskierte Person weiter weg macht von ihm Fotos.  Von nun an wird Roberto quasi erpresst, doch er weiß nicht warum. Er heuert einen Privatdetektiv (Jean-Pierre Marielle) an, bittet einen Bekannten um Hilfe. Doch der Terror nimmt zu. Auch in seinem Kopf. Ein Albtraum einer Enthauptung kehrt jede Nacht wieder. Seine Frau (Mimsy Farmer) hat Angst und zieht zu ihrer Tante. Die Haushälterin stirbt, die Katze… er wird sich dem Terror stellen müssen.

„Die erste Fliege rast durch das Spannungslabyrinth des Drehbuchs, mitverfasst von Kult-Regisseur LUIGI COZZI. Die zweite Fliege wird von ENNIO MORRICONES Filmmusik an die Wand geklatscht. Die dritte Fliege landet auf dem Kopf der französischen Schauspiel-Legende JEAN-PIERRE MARIELLE. Neben ihm taumeln 60s-Partygirl MIMSY FARMER und BUD SPENCER durch die modernistischen Alptraumlandschaften. Und die vierte Fliege landet auf grauem Samt. Kurz bevor er sich blutrot einfärbt.“ – Koch.

Vier Fliegen auf grauem Samt

Der TV C-Promi Michael Brandon ist deplatziert in dem Film. Das mal gleich vorneweg. Ich denke der Film leidet in erster Linie am Casting, sollte man so nebenher jedenfalls zugestehen. Der Film, der noch vor den gefeierten Werken Suspiria, Inferno, Profondo Rosso und Opera kam, zeigt klassische Giallo Elemente und später wegweisende Argento Tricks in einem eher klassischen Korsett. Mit-Autor Luigi Cozzi (Starcrash) und Argento haben einen fesselnden Psychothriller entworfen, dessen Twist am Ende zwar absehbar ist, aber doch irgendwie clever auf einen zu rollt.

40 Jahre nach Uraufführung liegt der dritte Film aus Argentos Tier-Trilogie endlich restauriert vor und zeigt, welche visuelle Kraft schon früh zum Ausdruck gebracht wird. Die nüchternen Architekturen des urbanen Italien in den 60ern, gepaart mit der experimentellen Musik des Meisters Ennio Morricone ergeben einen Pop-Slasher Mix, der bis heute stilprägend ist, den Zuschauer verzaubert und gleichzeitig noch schockieren kann. Stille Außenaufnahmen wechseln sich ab mit Close-ups grotesker Effekte, die irgendwie eine Mischung aus Erotik und Esoterik haben sollen, nicht verspielt wirken, aber dennoch von einer gewissen Verspieltheit zeugen.

Vier Fliegen auf grauem Samt

Vier Fliegen auf Grauem Samt ist ein Psychothriller der über weite Strecken ohne klassische Exploitation-Elemente auskommt, es bleibt eine Leinwand auf der Argento seine Tricks auslebt und mit viel Stil und einem Faible für Kontraste eine Stimmung schafft. Die schauspielerischen Leistungen, wie oben mal angeschnitten, sind hier eher sekundär – leider – und auch das Finale leidet darunter, zusammen mit dem Abfall der Tonabmischung (siehe unten). Der Film – wenn man ihm irgend etwas anlasten möchte – ist ein genialer Thriller mit einer schlechten Besetzung. Die Charaktere haben keine Leinwandpräsenz und können den Film unzureichend tragen, das schadet der Wirkweise des Films, tut der Unterhaltung aber nicht ab. Der Film ist und bleibt ein absoluter Klassiker des Genres, ein stilbildendes Werk das nach all den Jahren zurecht endlich in einer verdienten Version wieder einer breiten Zuschauerschaft zugänglich gemacht wird.

Wie schon bei Opera zeigt Koch hier wieder einmal wie gut man Filmklassiker in die heimischen Regale bringen kann. Top Qualität, prima Verpackung, massig Extras, und für die DVD Fraktion auch noch die Pixelvariante des Films 🙂 Ich habe die Version von Arte nur grob im Kopf und kann keinen Detailvergleich ziehen, allerdings sieht bis auf die wenigen minderwertigeren Momente (auf die vorher hingewiesen wird) der Film hier erstklassig aus. Prima Farben, gute Kontraste und ein schön restauriertes Bild. Bei dunklen Szenen schwächelt das ganze etwas, das ist mehr oder minder schlimm je nachdem wie gut man sein eigenes Gerät justiert hat. Man sieht da teilweise wenig bis gar nichts dann. Insgesamt sieht der Film aber sehr ordentlich restauriert aus, ohne viel Schäden, ordentlich scharf und farbenfroh.

Vier Fliegen auf grauem Samt

Ton gibt es auf Deutsch, sowie Italienisch oder Englisch mit deutschen Untertiteln. Englische Untertitel gibt es leider nicht. Das ganze klingt recht gut. Leider ist in den letzten paar Minuten der Ton etwas blechern, da wäre noch so ein Grund, vielleicht Englisch oder Italienisch zu wählen. Englisch ist hier leider nicht all zu viel besser, teilweise hat das aber dann auch mit der Zeitlupe zu tun. Das ganze verliert allerdings etwas an Wucht durch die Tonschwäche. Insgesamt klingt der Film mit der englischen Tonspur am besten, vor allem bei den Dialogen. Einige der Darsteller sprechen auch sichtbar beim Dreh Englisch, da passt das auch. Die Italienisch zischt nach meinem Gefühl etwas zu stark.

Die DVD Version hat die gleiche Ausstattung wie die BluRay. Auf meinem Gerät hochskaliert sieht die DVD qualitativ sehr solide aus, zwar nicht so hoch aufgelöst aber sehr zufriedenstellend, für die SD Fraktion also auch eine wirklich akzeptable Präsentation des Films, das gilt für den Ton im Prinzip auch. Das Erlebnis ist halt dann eher so bei der Arte Fassung.

Das wunderschöne Mediabook kommt mit einem 24-Seitigen Booklet mit Texten von Paul Poet, die mit viel Enthusiasmus den Film ordentlich in seinem filmhistorischen Kontext verorten, sowie in erster Linie der Film-BluRay, der Film-DVD  und der DVD mit den Extras. Der Film muss leider ohne Audiokommentar auskommen.

Vier Fliegen auf grauem Samt

Auf der Bonus DVD befindet sich einmal das Featurette „Der Fall der vier Fliegen” mit Regisseur Dario Argento, Drehbuchautor Luigi Cozzi und Darsteller Bud Spencer (ca. 93 Minuten). Es ist eine sehr gut gemachte Freak-O-Rama Produktion die den Film in sehr vielen beleuchtet und enorm aufschlussreich ist. Insbesondere beschäftigt sich die Doku damit, warum der Film ab den 90ern so schwer auffindbar war. Man munkelte Absicht, oder Lizenzprobleme, bis der Film dann irgendwann wieder auftauchte. Sollte man sich reinziehen, das ist wirklich ein spannender Hintergrund und zeigt mal wieder wie die komplexe Lizenzwelt des Filmgeschäfts der Kunst im Weg ist. Jede Menge Interviews bringen Kontext und Insider-Info aus erster Hand. Dann ist da noch die Feaurette „Autopsie einer Fliege” mit Drehbuchautor und Filmkritiker Antonio Tentori (ca. 29 Minuten). Ebenfalls eine Freak-O-Rama Produktion, die etwas mehr in die Bedeutung und Story des Films einsteigt. Es ist eine Analyse die den Film sowohl im Kontext von Argentos eigenem Werk beleuchtet als auch im Kontext des Genres allgemein. Wie auch die andere Doku deutsch untertitelt, es lässt sich aber auch Englisch anwählen.

Vier Fliegen auf grauem Samt

Auf der Film BluRay/DVD befinden sich jeweils ein deutscher, englischer & italienischer Trailer. Der deutsche sieht am besten aus und ist genauso wie der italienische eher Artsy, ohne Dialoge. Der englische ist von schlechter Qualität, Vollbild und mit viel Dialogszenen, gibt auch viel Preis. Dann gibt es noch einen englischen Teaser-Trailer, in Vollbild, ein ziemlich reisserischer Trailer der den Film als durchgedrehtes Horrorwerk verkauft (allerdings mit PG Rating, auch ne nette Pointe). Abgerundet wird das ganze durch die übliche Bildergalerie.

Fazit: Eine wunderbare Veröffentlichung dieses Klassikers. Hochwertige Aufmachung, super Booklet, erstklassige Bluray Präsentation, informative Extras. Für Genre-Insider und Newcomer gleichermaßen ein Muss.

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Vier Fliegen auf grauem Samt BluRay

Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Media zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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