Walker

Walker ist ein sogenannter Acid Western von 1987 und einer der weniger bekannten, aber ambitioniertesten Werke von Alex Cox (bekannt vor allem für Sid & Nancy und Repo Man). Der in vielen Teilen absichtlich anachronistische Film ist ein ungewöhnliches Erlebnis, das Koch Media in einer neuen 3-Disc Edition neu präsentiert.

Der Film handelt von William Walker (Ed Harris), der im Vor-Bürgerkriegs-Nordamerika als überzeugter Verteidiger des gottgegebenen Schicksals der USA seine befreundeten Geldgeber überzeugt, seine Expeditionen nach Mexiko zu unterstützen um dort in der Revolution mit zu mischen. Als das schief geht, wird er von dem Industriellen Vanderbilt angeheuert, um in Nicaragua für Recht und Ordnung zu sorgen. Vanderbilt hat dort seine Geschäftsinteressen im Auge, aber Walker verkauft er es als Mission, dort die Demokratie wieder herzustellen. Der fanatische Walker scheint ihm hier genau der Richtige zu sein. Er marschiert mit einer Gruppe Söldner dort ein, und wird in kurzer Zeit sogar Präsident des Landes. Doch unter seiner Ägide bildet sich eine Terrorherrschaft, bis schließlich ein Umsturz droht….

Der Film ist zwar nur etwa 90 Minuten lang, fühlt sich aber länger an. Ein Aufgebot an interessanten Charaktern, gespielt von einer Truppe abenteuerlustigen Schauspielern, dabei auch Richard Masur, Rene Auberjonois, Peter Boyle, Sy Richardson, Xander Berkeley, Alfonso Arau, Marlee Matlin and Miguel Sandoval – machen den Film zu einer lärmenden Party von einem Gegenkultur-Film. Er strotzt nur so von Politik, Statements und Verspätung. Mit Verspätung meine ich, dass 1987 eigentlich nicht mehr die Zeit war, in der Hippie-Counterculture so groß war, aber der Film fühlt sich rundherum so an als ob.

Der Film ist eine etwas andere Art, die Geschichte des realen William Walker (1824-1860) zu erzählen, ein Freischärler der in den 1850ern in Mexiko eingefallen war, und später kurzzeitlich tatsächlich Präsident von Nicaragua wurde. Der Film stammt aus der Feder von Rudy Wurlitzer (Little Buddha), die Musik von Joe Strummer (The Clash). Gedreht wurde der Film tatsächlich auch in Nicaragua während des Bürgerkriegs gegen die Contras. Wahnwitzig?

Wie wahnwitzig und aufwendig er war zeigt auch die großartige Doku „Dispatches from Nicaragua“ die auf der Bonus DVD enthalten ist, und sowohl den Kontext als auch die Dreharbeiten beleuchtet, intensiv und interessant. Viele Interviews, Aufnahmen vom Dreh und Narration machen das zu einer vorbildlichen Begleitung zum Film, ohne die der Film heute eigentlich alleine nicht betrachtet werden sollte finde ich. Mit „Walker 2008“ (6min) findet man zudem ein kurzes Interview mit Alex Cox auf der Disc, der den Film Revue passieren lässt und aus alten Kritiken vorliest. „On the origins of Walker..“ (15min) ist ein weiterer Clip mit Alex Cox, der hier ein wenig Geschichtslehrer spielt. „On Moviemaking and the Revolution and Linda Sandoval“ (ca12min) ist eine Erinnerung eines Statisten an den Film nach vielen Jahren (nur Audio). Sehr interessantes Extra, das sieht man nicht oft. Dazu kommt noch eine Bildergalerie und ein informatives Booklet.

Warum finde ich das wichtig? Ich fand den Film eher etwas langweilig. Seine Anachronismen sind eher verwirrend, der Produktionswert sieht niedrig aus (war er eher nicht), und die Story ist etwas wirr. Ich fand mich nicht sonderlich in den Film hineingesogen. Irgendwie halte ich ihn für sehr schlecht gealtert, und er war damals schon nicht für jeden. Besonders erfolgreich war er vor allem in Nicaragua selbst, wo die Figur des Walker noch jedes Schulkind kennt. International ist die Geschichte dieses kleinen Landes ja kaum bekannt. Ed Harris liefert zwar eine Glanzleistung ab, aber es wirkt alles teils recht amateurhaft, denn der Film stolpert dramaturgisch ein wenig vor sich hin, er ist schlecht gestrafft und lässt zum Beispiel das Gespür für Rythmus und dramatischem „build up“ vermissen, das Scorsese und Co recht gut drauf haben.

Koch Media bringt diese Rarität nun in einer Sammleredition als Mediabook, eine Bluray und zwei DVDs mit im Gepäck. Ton gibts auf Deutsch und Englisch, gleiches als Untertitel. Es ist eine vorzügliche Gelegenheit, diesen sehr speziellen Film neu zu entdecken, insbesondere seinen historischen Kontext. Wie oben erwähnt, halte ich das für das essentielle, der Film isoliert betrachtet bietet aus meiner Sicht heute nicht mehr sehr viel Unterhaltungswert.

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Die BluRay wurde uns freundlicherweise von Koch Media zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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