Walking Tall – Der Große aus dem Dunkeln

Auf Grund der Rechtslage in Deutschland möchten wir darauf hinweisen dass der im folgenden besprochene Spielfilm aktuell gemäß §15/18 JuSchG indiziert ist. Um unserem Bildungsauftrag nachzukommen und der kulturellen Bedeutung des Films gerecht zu werden, findet ihr im Folgenden einen kurzen Artikel zum Film Walking Tall, der sich mit Werk und Wirkung kritisch auseinandersetzt.

Walking Tall (in Deutschland auch unter dem alternativen Titel Der Große aus dem Dunkeln bekannt, siehe auch Wikipedia) ist ein Film von Phil Karlson aus dem Jahr 1973. Er erzählt die Geschichte von Buford Pusser (gespielt von Joe Don Baker), der sich mit Familie in seiner alten Heimatstadt niederlassen will, nach vielen Jahren als Berufswrestler. Eine beschauliche Villa am See, die Großeltern seiner Kinder gleich ums Eck, die Frau glücklich, es könnte nicht schöner sein. Auch alte Schulfreund freuen sich über seine Rückkehr. Bei der Feierei im Spielkasino merkt Pusser allerdings, dass im Ort einiges Schief läuft. Als er dort Betrug aufdeckt, wird er übelst zugerichtet, der Sheriff macht aber keine Anstalten, die Täter zu verfolgen. Pusser ist frustriert, und kandidiert gegen Willen seiner Frau für das Amt des Sheriffs, der zur Wiederwahl ansteht. Er gewinnt, und holt zum Rundumschlag gegen das örtliche Verbrechen aus. Doch so einfach lassen sich die Gauner nicht das Handwerk legen, und so kommt es zu einer Spirale der Gewalt, der sogar Pussers Frau zum Opfer fällt…

Walking Tall

Walking Tall hatte damals für Furore gesorgt. Es ist nicht der einzige Film über Selbtjustiz aus dieser Zeit, und auch dieses Spannungsfeld von Gerechtigkeit, Reaktionärer Politik vs. Freigeistern von außen, etc. ist ein Motiv das in vielen Filmen durchaus oft behandelt wird. Walking Tall bringt jedoch mit ins Feld zum einen die auf einer wahren begebenheit basierten Geschichte (über die Authentizität der Darstellung gab es aber ebenso viel Debatte), und die punktuell sehr extreme Gewaltdarstellung, die auch für damalige Verhältnisse ganz und gar nicht zimperlich ist. Der Film war ein kommerzieller Erfolg und löste zwei Kinofortsetzungen (mit Bo Svenson in den Hauptrollen) sowie eine TV Miniserie (mit Brian Dennehy) aus. Vor einigen Jahren gab es außerdem sowas wie Remakes mit Dwayne Johnson und Kevin Sorbo. Diese haben allerdings mit dem Geiste des Erstwerkes kaum noch etwas zu tun.

Während der Film selbst nun künstlerisch keinen Meilenstein darstellt, so reiht er sich ein in die Klassiker des „vigilante“ Genres, also beispielsweise auch Death Wish (Ein Mann Sieht Rot, ebenfalls indiziert) von 1974 mit Charles Bronson oder Magnum Force von 1973 mit Clint Eastwood. Interessanter wird der Film, wenn man wie ich betrachtet, wodurch er bis heute noch an Relevanz hat. Zum einen wäre das wieder gewonnene Interesse an dem Film aus der Cineastengemeinde im Zuge von Quentin Tarantinos Kill Bill. Tarantino, ein bekennender Fan des Films und Genres, ist vor allem Bewunderer von Bo Svensons Darstellung von Sheriff Pusser. Svenson selbst bekam sogar eine Nebenrolle in der zweiten Hälfte der Kill Bill Saga. Das Rachemotiv dieser Filme aus den 70ern kommt zudem soziopolitisch gesehe nicht aus dem Vakuum. Es reflektierte eine gewisse, vernommene, Hilflosigkeit der Bevölkerung gegenüber dem was als Welle von Gewalt, Drogen und Gesetzlosigkeit wahrgenommen wurde, vor allem im bürgerlichen und ländlichen Teil der Bevölkerung. In der konservativen Politik war dies ein Instrument gegen die Liberalen, die Hippies, den Rock and Roll und progressive Politik, einem Kulturwandel von dem man sich bedroht sah – daher die unterschwellig reaktionäre Natur auch des Films Walking Tall.

Heute sieht man dieses Motiv an vielen Stellen wieder, ob bei Batman oder den Avengers, der Kinozuschauer sehnt sich nach dem Held von nebenan, der endlich das vollbringt was Politik und Justiz nicht hinbekommen. Im größeren weltpolitischen Kontext gesehen war es in den 70ern die Eskalation im Vietnamkrieg, und heute ist es der Konflikt mit Russland über die Ukraine, oder die Gemetzel durch den Islamischen Staat. Geschehen weit weg, die aber in der Popkultur Spuren hinterlassen, und für Unsicherheit sorgen. Diese Unsicherheit findet sich im Kino wieder. Ob man einen film wie Walking Tall nun auf Grund seiner vermeintlichen Gewaltverherrlichung indizieren musste – in meinen Augen ist eine de-Indizierung dieses Films sowie vieler anderer längst überfällig – oder nicht, in der zeithistorischen Betrachtung des Genres nimmt Walking Tall eine Schlüsselrolle ein. Zwar hat auch Death Wish beispielsweise eine ganze Reihe Nachfolger gezeugt, ich glaube es gibt mindestens sechs Sequels, so verbliebt Walking Tall doch im Mainstream Kino (zumindest der USA), und driftete nicht wie Death Wish tendeziell ins B Kino ab um dort eine bestimmte Message der Selbstjustiz zu propagieren. Immerhin ist Pusser in Walking Tall ein Opfer und dann Sheriff, während Kersey in Death Wish im Prinzip (wenn auch zuerst Opfer) dann eine Art Robin Hood Söldner verkörpert.

US Filmplakat wirbt mit den Zuschauerreaktionen, anno 1973

US Filmplakat wirbt mit den Zuschauerreaktionen, anno 1973

Walking Tall ist ein interessantes Werk aus den frühen 70ern mit erstaunlichem Impact auf die Kinokultur bis heute. Es hat sowohl als unterhaltungsmediales Produkt als auch zeithistorisches Dokument hohen Wert, und sollte schon deshalb wieder mehr Cineasten und Kulturinteressierten zur Verfügung stehen. Die Indizierung in der BRD kommt einem Werbe- und Verkaufsverbot gleich. Der Film ist aus heutiger Sichtweise durchaus noch brutal, und keineswegs für Kinder geignet, aber dürfte einer erneuten sachlichen Betrachtung durch die BPjS im Zuge einer Neuprüfung hoffentlich bestand haben und es wäre wünschenswert wenn dieser Film in naher Zukunft mit einer normalen Freigabe ab 18 im Handel erhältlich wäre.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com