Mein Körper für ein Pokerspiel / Il mio corpo per un poker / The Belle Starr Story

Die gesuchte Banditin Belle Starr (Elsa Martinelli) unterliegt in einem Pokerspiel dem Bandenchef Larry Blackie (George Eastman) und schuldet ihm dafür eine Liebesnacht. Zwischen dem verhinderten Paar entbrennt ein Machtspiel, das seinen Höhepunkt in einem Diamantenraub findet, bei dem jeder der Schnellere sein will. Doch der verläuft für Beide nicht wie geplant. (Amazon prime)

Bei Mein Körper für ein Pokerspiel von 1968 dürfte es sich um den einzigen Italo-Western handeln, der von einer Frau, nämlich Lina Wertmüller, inszeniert wurde. Außerdem repräsentiert sie auch die erste Frau, die als Regisseurin für einen Oscar nominiert worden ist (Sieben Schönheiten, 1975). Der recht bizarre Il mio corpo per un poker wird zwar von diesen Fakten überschattet, stellt letztendlich aber überhaupt nichts Besonderes dar. Liebhaber des Genres werden sich den Film hauptsächlich anschauen, um sagen zu können: „Jetzt habe ich den Streifen endlich auch mal gesehen!“. An und für sich hat man hier keinen richtig schlechten Film vorliegen, doch ist er Lichtjahre von Leone, Corbucci oder Sollima entfernt. Wenigstens bekommt man einige wenige „gut“ inszenierte Actionszenen und mit Elsa Martinelli, George Eastman und Robert Woods auch gut aufgelegte Schauspieler präsentiert.

Lina Wertmüllers und Piero Cristofanis (als Nathan Wich & George Brown aufgeführt) Drehbuch ist allerhöchstens als passabel zu bezeichnen und erinnert eher an amerikanische B-Western der 1940er-Jahre: Belle Starr (Elsa Martinelli) lernt beim Pokerspiel Larry Blackie (George Eastman) kennen, was eine Hassliebe zwischen den beiden entfachen lässt, die sich sogar noch zuspitzt als sie versuchen (gegeneinander arbeitend) eine Ladung Diamanten direkt vor den Augen von Pinkerton Detektiven zu stehlen. Diese Handlungsmechanik spielt neben der seltsamen, leicht perversen Beziehung zwischen Belle Starr und Larry Blackie allerdings eine untergeordnete Rolle. Die Versuche eine ordentliche Liebesgeschichte zu erzählen scheitern ganz einfach daran, dass Blackie die meiste Zeit über ein ziemlich ungehobeltes Großmaul repräsentiert, was mit Sicherheit auf die Drehbuchautoren zurückzuführen ist. Die „putzige“ Kennenlernen-Szene, ein Markenzeichen vieler romantischer Komödien, ist hier geradezu frauenfeindlich geraten, sodass es sich wirklich überraschend gestaltet, dass mit Wertmüller tatsächlich eine Frau Regie führte sowie am Drehbuch mitgeschrieben hat. Allerdings war die Sexualpolitik in den Sechzigern auch eine vollkommen andere als heute, also wer weiß, vielleicht stellte sich das Ganze damals gar nicht so eigentümlich dar, wie es heute für ein modernes Publikum erscheinen dürfte.

Die Mitte des Films wird von langen Rückblenden in Belle Starrs Vergangenheit dominiert, in denen dann auch endlich Robert Woods zu sehen ist. Ursprünglich sollte er wohl mehr Zeit auf der Leinwand bekommen, doch es kam zu offensichtlichen Spannungen zwischen Woods und Regisseurin Wertmüller, weshalb seine Rolle drastisch gekürzt wurde. Die Rückblenden bestehen zwar aus soliden Szenen mit einer mehr oder weniger ordentlich inszenierten Schießerei in einem Wald, doch sie bringen den Film ernsthaft aus dem Gleichgewicht und verlangsamen das Tempo erheblich. Auch der Dialog wirkt manchmal so, als stamme er aus einem ersten Entwurf und nicht aus einem überarbeiteten Drehbuch. Die Schauspielerei ist größtenteils als ok zu beschreiben, wobei Bruno Corazzari in seiner kleinen Rolle als einer der Pinkerton Detektive positiv heraussticht.

Kameraführung und Schnitt erweisen sich als uninspiriert, was den Eindruck erweckt, dass hier kein sonderlicher Enthusiasmus bezüglich des Films geherrscht haben kann. Aufgrund der Regisseurin könnte man den Streifen eventuell doch unbedingt sehen wollen, aber man sei gewarnt: Hier gibt es nur sehr wenig von dem zu sehen, was auf Wertmüllers zukünftigen „Glanz“ hinweisen könnte. Den Schauspielern gelingt es zudem nur gelegentlich richtig zu begeistern und dafür zu sorgen, dass sich dieser Schwung auf das Publikum überträgt. Eigentlich kann ein Film mit teils guten Schauspielern und ein oder zwei einigermaßen ansprechenden Schießereien doch gar nicht sooo schlecht sein, oder? Naja, vielleicht darf man trotz der Besetzung und Lina Wertmüller ganz einfach nicht zu viel von Mein Körper für ein Pokerspiel erwarten. Unter den gegebenen Umständen hätte aus dem Streifen nämlich ein kleiner Klassiker werden sollen.

Im Großen und Ganzen handelt es sich hier um eine kleine Kuriosität innerhalb der rauen Wüstenlandschaft des Italo-Western, für die sich Liebhaber sehr wahrscheinlich aus verschiedenen Gründen interessieren dürften. Fans von George Eastman und Robert Woods werden vermutlich genauso zufrieden gestellt, wie Italo-Western-Süchtige und diejenigen, die sich auch gerne mal einen Film aus den Untiefen des Genres anschauen.

Bei Amazon bestellen

Label: Raro-Video
Video: HD
Audio: Italienisch, Englisch (nur kurze SD-Version)
Untertitel: Englisch
Laufzeit: 99min (italienische Fassung des Films)
Extras: Audiokommentar mit Filmhistoriker Samm Deighan; US-Version in SD mit vollständigem englischen Ton enthalten
Regionalcode: frei/alle

Bei Amazon streamen

Regie: Piero Cristofani, Lina Wertmüller
Hauptdarsteller: Elsa Martinelli, Robert Woods, George Eastman
Genre: Western
Untertitel: keine verfügbar
Wiedergabesprachen: Deutsch

https://www.youtube.com/watch?v=shHtoOQRJrw

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

Das könnte dich auch interessieren …