Falling Down

Falling Down ist ein Drama von Joel Schumacher (8MM) aus dem Jahr 1993 mit Michael Douglas und Robert Duvall in den Hauptrollen.

Bill Foster, wegen seiner ehemaligen Anstellung bei einem Rüstungsunternehmen D-FENS auf dem Nummernschild (Michael Douglas) hat die Schnauze voll. Als er bei glühender Hitze im nervenden Stau von Los Angeles steht, tickt er aus. Mit seiner Aktentasche unterm Arm läuft er zu Fuß los und lässt das Auto einfach stehen. Er will einfach nur nach Hause zu (Ex-)Frau (Barbara Hershey) und Kind, quer durch die Innenstadt. Seine Begegnungen mit Gang-Mitgliedern, Fastfood-Restaurants die ihm kein Frühstück mehr servieren wollen, Kiosks die zu teuer sind, Baustellen die keine echten Probleme lösen oder Golfclubs die viel zu viel Raum einnehmen, sind ihm dabei ein Weg und offenbaren sich ihm als eine Welt mit der er nicht zurecht kommt. Er hinterlässt Sachschäden, Tote und Verletzte. Den Amoklauf zu stoppen ist Prendergasts (Robert Duvall) Aufgabe, der Cop der ausgerechnet am Tag an dem er in den Ruhestand gehen soll noch diesen Fall lösen möchte….

Falling Down

Fast dreißig Jahre ist der Film alt, man kann es kaum glauben. Als Falling Down damals ins Kino kam, war er natürlich auch schon kontrovers (die Darstellung rassistisch, usw.), heute ist das nochmal ein ganz anderes Kaliber könnte man sagen. Aber der Reihe nach. Warum der Film bis heute so viele Fans hat – abgesehen davon dass er einfach sehr gut gemacht und gespielt ist – liegt auch darin wie einfach sich jedenfalls mit der Grundidee identifizieren kann: Alles wir teurer, es ist heiß, Job scheiße, Stau, Rechnungen usw. – der Alltag ist hart, da kann man schon mal ausflippen!? Doch wenige machen es, und D-FENS wurde so eine Art Anti-Held, weil er als Figur das verkörpert wovor uns unsere innere Vernunft, Hemmungen, usw. abhalten. D-FENS ist der fünfsekündige Tagtraum den wir haben, wenn wir mal völlig genervt aufs Lenkrad hauen und laut schreien weil uns alles ankotzt, könnte man sagen. Joel Schuhmacher schuf so mit D-FENS eine Ikone ganz in der Tradition von Taxi Driver Travis Bickle; er war so etwas wie Joaquin PhoenixJoker aber anno 1993.

Falling Down

Im Film hat er kürzlich den Job verloren, ist per einstweiliger Verfügung von Ex-Frau und Tochter ferngehalten, es herrscht Hitze, der L.A. Verkehr ist nicht auszuhalten, und vor allem ist er eine Person aus einer anderen Zeit. Als Mitarbeiter eines Rüstungskonzerns war er einst vorne mit dabei, als Patriot, um sein Land zu schützen mit seiner Expertise. Nun ist die Mauer weg, die Soviets haben den kalten Krieg verloren und er wird nicht mehr gebraucht. Keine Anerkennung, vermutlich eine magere Abfindung, und weil er ohnehin ein jähzorniger Brocken ist, ist er schon längst geschieden. Aus dieser Perspektive kommt er erst recht nicht mehr mit der Welt um sich herum klar, die sich weiter gedreht hat. Sie ist lauter, dichter, vielfältiger, schneller, aggressiver und teurer geworden. Was sich nicht verändert hat ist er, und so kollidiert D-FENS eines Tages mit dem LA der Gegenwart, und das endet bitter, bis hin zum sogenannten „suicide by cop“, Selbstmord durch Polizist.

Was macht den Film weiterhin kontrovers, und aus heutiger Sicht nochmal auf andere Art? Als er erschien, passte er wie oben gesagt gut zum Zeitgeist. Man konnte als Zuschauer auch darüber hinweg sehen dass D-FENS schon grundsätzlich nicht okay ist, gewalttätig, jähzornig, ausländerfeindlich und nicht anpassungsfähig. Das Publikum war clever genug, und verstand das schon immer als Karikatur – oder vielleicht auch eine Warnung. D-FENS gerät nicht unverschuldet in seine Situation, kommt aber mit der Realität nicht klar. „I am the bad guy?“ fragt er am Ende. Verwundert, aber gleichsam realisierend was er getan hat. Der Titel bezieht sich dabei eben nicht nur auf am Lake Havasu aufgebaute London Bridge aus dem populären Kinderlied, sondern eben auch sein Leben.

Falling Down

So politisch inkorrekt das damals auch war, D-FENS selbst merkt spätestens in der Episode mit dem Armeeladen (Frederick Forest starb leider vor kurzem, er spielt den Besitzer), wo seine Reise hingehen könnte und aus Sicht mancher (wie dem Besitzer) logischerweise hinführt (oder gar herkommt). Ob er nun grob zu einem koranischen Späti-Inhaber war, einfach mal eine Baustelle hochjagt oder für den Herzinfarkt eines Golfers verantwortlich ist, er fährt sich da ein eine Situation fest, und reitet sich quasi immer tiefer rein. Auch wenn es jeweils vermeintliche Kleinigkeiten sind die als Auslöser fungieren. Und wie schon gesagt, und auch im Audiokommentar betont, D-FENS ist von Beginn an nicht in Ordnung. Er dreht ja nicht erst auf dem Weg durch LA durch, schon die Tatsache dass er – als Amerikaner – einfach so sein Auto auf dem Freeway stehen lässt ist schon verrückt. Aber nicht mal das ist korrekt, denn man erfährt ja später, dass er schon Wochen vorher gefeuert wurde, wahrscheinlich schon Jahre vorher seine Familie verlor weil er aggressive Tendenzen hatte. Seine Mutter, bei der er mit vermutlich Mitte 40 lebt, ist schockiert und fragt sich wo er denn all die Wochen morgens hingefahren ist, mit einem Apfel und Pausenbrot in der leeren Aktentasche.

Michael Douglas spielt D-FENS als wäre es seine beste Rolle gewesen, und ich liebe auch Robert Duvall (Colors) als der fast-Rentner als den krassen Gegensatz. Pendergast ist der, der bis zur letzten Minute seines Berufslebens wichtig ist, Anerkennung bekommt (nur nicht von seiner etwas cholerischen Frau) und das Gute verkörpert. Er ist letztlich das, was D-FENS gerne gewesen wäre. Es ist ein Film der zum Nachdenken anregt, nicht nur wegen der soziopolitischen Themen die angespielt werden, oder der Frage von Schuld oder Unschuld von D-FENS, wie stark Storyelemente vielleicht überzeichnet sind und vieles mehr. Auch, weil eine Figur wie er bis heute Zuschauer begeistert auch wenn er sicherlich nicht der „good guy“ ist. Problematisch ist, dass es sicherlich bis heute Zuschauer gibt die unreflektiert seine psychopatisch-terroristische Perspektive einnehmen, vielleicht ist auch das eine wichtige Warnung.

Falling Down

Die BluRay ist ziemlich solide. Es ist nicht der erste Auftritt von D-FENS im HD-Format, aber er bekommt hier eine ordentliche Neuauflage spendiert. Das Bild ist sehr gut abgesehen von etwas Nachziehen das – wenn ich das richtig verstehe – in der Regel entsteht wenn Kamerabewegungen oder sonstige Bildänderungen schneller sind als der Rauschfilter arbeiten kann. Das ist zu verkraften und wird nur Profis auffallen, ist aber bemerkbar. Ansonsten bekommt man satte Farben, gute Kontraste und ein knackiges Bild das seinen Film-Look beibehält.

Zum Ton. Sowohl bei der Originaltonspur (getestet) als auch bei der deutschen Synchronfassung gibt es sowohl eine 2.0 als auch eine 5.1 Option zur Auswahl. Bei letzterer kriegt man etwas mehr Rumms bei Musik und Action, sowie atmosphärischen Tonbausteinen, büßt aber eine Idee Dialogverständlichkeit ein. Insgesamt fand ich diesen Upmix aber ziemlich solide, auch wenn ich die Lautstärke etwas nach oben drehen musste. Es gibt deutsche und englische Untertitel.

Viele Extras sind nicht an Bord, die sind aber zumindest gut. Der Audiokommentar mit Schumacher und Douglas, Autor Eddie Roe Smith, Paul Hirsch (Schnitt) und anderen ist von existierenden oder isoliert aufgenommenen Interviews oder Statements zusammengefügt, die Personen saßen hier nicht gemeinsam vorm Bildschirm und kommentierten. Dennoch ist er oft immerhin Szenen-spezifisch (oder zumindest einigermaßen zu Filmabschnitten oder Themen passend) und auch ziemlich interessant, auch wenn es keine „live“ Unterhaltung ist. Das zehminütige Interview mit Michael Douglas von 2009 ist eigentlich kein Interview, sondern – viel besser – Douglas wie er den Film erklärt und deutet, und das ist eigentlich noch spannender. Hinzu kommen der Trailer und eine Bildergalerie.

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Die BluRay wurde uns zur Verfügung gestellt.

Sebastian

Gründer und Inhaber von Nischenkino. Gründer von Tarantino.info, Spaghetti-Western.net, GrindhouseDatabase.com, Robert-Rodriguez.info und FuriousCinema.com

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Eine Antwort

  1. Jim sagt:

    Habe den Film 1993 im Kino gesehen und nie vergessen…irgendwie schlimm zu erkennen, das die damaligen Probleme nicht nur nicht gelöst wurden (nach 30 Jahren!), sondern sich noch potenziert haben…und nicht nur in den USA, sondern gleichsam auch bei uns…D-FENS steckt dabei mittlerweile in ganz vielen von uns. Insoweit ein sehr prophetischer Film…eine der besten Leistungen von Michael Douglas!