Der Gorilla / Vai Gorilla / The Hired Gun / Go Gorilla Go

VHS – Edition

Stuntman Marco (Fabio Testi), ein sympathischer junger Mann, kann nach einem Unfall seinen Beruf nicht mehr ausüben und findet einen Job als „Gorilla“, als Leibwächter des reichen Bauunternehmers Sampioni. Der wird von einem anonymen Anrufer bedroht, der eine enorme Summe verlangt … oder seine Frau und hübsche Tochter Vera sind in Lebensgefahr. Marco, der Vera liebt, macht sich mit größtem Fanatismus daran, die Kidnapper auszuschalten. Dabei greift er zu den ungewöhnlichsten Mitteln. Stuntman Fabio Testi explosiv wie noch nie! Der große brillante Actionreißer – technisch mit größter Perfektion gefilmt. (Zenit Video)

Kurzinhalt inkl. Spoiler !!!

Um vom wohlhabenden Ingenieur Gaetano Sampioni (Renzo Palmer) als Leibwächter angeheuert zu werden, inszeniert der ehemalige Stuntman Marco Sartori (Fabio Testi) mit Hilfe seines Freundes Ciro Musante (Al Lettieri) einen Scheinentführungsversuch, den er dann selbstverständlich ganz allein vereitelt. Marcos Plan geht auf und er wird Sampionis „Gorilla“. Doch die beiden Männer verstehen sich wegen der schlechten Laune des Ingenieurs sowie Marcos Stolz überhaupt nicht gut, außerdem verliebt sich Marco in Sampioris Tochter Vera (Claudia Marsani), auf die er u.a. aufpassen muss. Der Ingenieur wird mit anonymen Anrufen und Briefen bedroht, die Unsummen an Geld verlangen, ansonsten sollen die Baustellen, auf denen er arbeitet, sabotiert werden. Marco und sein jüngerer Bruder Piero (Saverio Marconi) ermitteln und finden heraus, dass einer der Erpresser ein Biker mit Präzisionsflinte und Cowboystiefeln ist. Um Sampioni davon abzuhalten den Mob zu bezahlen, entführt Marco den Ingenieur und versteckt ihn an einem sicheren Ort. Außerdem stellt er den Erpressern mit Hilfe der Polizei eine Falle, was jedoch furchtbar schiefgeht. Marco findet heraus, dass Ciro in das schmutzige Geschäft verwickelt ist und überredet ihn, ein Treffen mit Berto (Antonio Marsina), dem Biker, zu arrangieren. Allerdings tappt er in einem verlassenen Fabrikgebäude in eine Falle seiner Kontrahenten, wobei es ihm gelingt auf wundersame Art und Weise zu entkommen. Ciro kann er jedoch nicht retten, der von seinen ehemaligen Komplizen gnadenlos umgebracht wird. Bertos Männer versuchen nun Vera zu entführen, was Marco vereiteln kann. Daraufhin nehmen Bertos Männer Piero gefangen aber Marco und die Polizei eilen zu seiner Rettung herbei. Das Erpresser-Syndikat wird dezimiert, während Berto in einem Zug entkommen kann. Nach einer atemberaubenden Verfolgungsjagd wird er von Marco letztendlich in einem Duell erschossen.

Nach dem Kassenerfolg von Enzo Castellaris Il cittadino si ribella (Ein Bürger setzt sich zur Wehr, 1974), beschloss Produzent Mario Checci Gori (der den Streifen finanziert hatte) einen weiteren Film in der gleichen Richtung zu drehen, um von der Popularität der poliziotteschi zu profitieren. Er nahm Kontakt mit Tonino Valerii auf, einem erfahrenen Regisseur, der sich auf das Western-Genre spezialisiert hatte und in der Vergangenheit schon einige Kassenschlager landen konnte. Valeriis neuester Film war zwar nicht einer seiner besten, stellte jedoch seinen bisher erfolgreichsten dar: Mein Name ist Nobody (Il mio nome è Nessuno, 1973) mit Henry Fonda und Terence Hill, repräsentierte eine komödiantische Elegie auf den Tod des Western-Genres mit komödiantischem Touch, die irgendwie unter der imposanten Persönlichkeit des Produzenten Sergio Leone zu leiden hatte (der sehr zu Valeriis Leidwesen später behauptete, viele Szenen selbst inszeniert zu haben). Wie so oft in dieser Zeit entstanden die Ideen für poliziotteschi aus den Schlagzeilen der Zeitungen. Der Gorilla fand seinen Ursprung in der Eskalation von Entführungen, die 1975 in Italien zu Hauf stattfanden und eine Reihe von Filmen inspirierten, darunter auch Fernando Di Leos La città sconvolta: caccia spietata ai rapitori (Auge um Auge, 1975). „Leibwächter“ oder „Gorillas“, wie sie umgangssprachlich genannt wurden, repräsentierten emblematische Figuren dieser Zeit, die eine neue Berufsgruppe bildeten, die sich schnell ausbreitete, da viele wohlhabende Männer sich aus Angst vor einer Entführung mit bewaffneten, gemein aussehenden „Gorillas“ umgaben.

Für die Hauptrolle besetzte Valerii den 34-jährigen Fabio Testi, der gerade einige enttäuschende Flops wie Gianfranco Baldanellos Dieci bianchi uccisi da un piccolo indiano (10 Cowboys und ein Indianerjunge, 1974) und Aristide Massaccesis Giubbe rosse (Die Rotröcke / Die Gnadenlose Meute, 1975) hinter sich hatte. Sein Bruder Piero wird von Saverio Marconi, einem jungen Bühnenschauspieler in dessen Filmdebüt gespielt, während Charakterdarsteller Renzo Palmer (ein bekanntes Gesicht aus allerlei Kriminalfilmen) die perfekte Wahl für Sampioni darstellt, den unhöflichen Proletarier, der ein Vermögen gemacht hat aber immer noch seine rauen Umgangsformen sowie obszönen Sprachgebrauch beibehält. Al Lettieri, der Steve McQueens Erzfeind Rudy Butler in The Getaway (The Getaway – Ihre Chance ist gleich null, 1972) und Virgil „The Turk“ Sollozzo in Coppolas Der Pate (1972) verkörperte, übernimmt hier eine kleine, allerdings prägnante Rolle als Testis Kollege und bester Freund, der ihn hintergeht und später für seinen Verrat bezahlen muss. Dieser Part repräsentiert eine von Lettieris letzten Filmrollen, da er am 18. Oktober 1975 (dem Geburtsdatum des Autors), einen Monat vor der Veröffentlichung des Films an einem Herzinfarkt starb. Valeriis Wahl für den pittoresken Bösewicht des Flicks gestaltete sich ziemlich merkwürdig: Nach einigen Nebenrollen in Western der 1960er-Jahre gab Antonio Marsina die Schauspielerei auf und wurde professioneller Fotograf. Er tauchte beim Vorsprechen seiner schauspielernden Freundin auf, die nicht besetzt wurde, doch Antonios Gesicht beeindruckte die Produzenten und so baten sie ihn um einen Screentest, was ihm schließlich die Rolle einbrachte (Curti, Roberto. Italian Crime Filmography 1968 – 1980, North Carolina: McFarland, 2013, Seite 133).

Wie andere poliziotteschi dieser Zeit kann man Der Gorilla als einen Western in Verkleidung bezeichnen. Die Handlung des Films bezieht sich offenkundig auf Akira Kurosawas Yôjinbô (Yojimbo – Der Leibwächter, 1961), der im italienischen Western beinahe allgegenwärtig war, seit sich Sergio Leone in Per un pugno di dollari (Für eine Handvoll Dollar, 1964) davon inspirieren ließ. Nachdem er den Job als Leibwächter des jähzornigen Ingenieurs Sampioni bekommen hat, findet Marco heraus, dass die „Gorillas“, die ihre Arbeitgeber eigentlich beschützen sollten, diejenigen sind, die den Erpressungs- und Entführungsring verwalten. Darüber hinaus kann man Valeriis Hintergrund als Westernregisseur als gut erkennbar beschreiben. Der Film erreicht seinen Höhepunkt während eines atemberaubenden Finales in einem mit voller Geschwindigkeit fahrenden Zug, wo ein Duell zwischen Testi und Marsina stattfindet, das damit endet, dass Marco durch das Zielfernrohr von Bertos Präzisionsgewehr in dessen Auge schießt. Die Szene stammt fast komplett aus Valeriis Debütfilm Per il gusto di uccidere (Lanky Fellow – Der einsame Rächer, 1965), wo die finale Schießerei zwischen Craig Hill und George Martin stattfindet. In der römischen Vorstadt, zwischen Baustellen, Kasernen und Zäunen spielend, die wie Grenzfestungen und Außenposten aussehen, lässt Der Gorilla die Außenbezirke der Hauptstadt wie eine wilde und gefährliche Prärielandschaft erscheinen. Valerii fängt die bleierne und ungemütliche Atmosphäre eines Landes in voller wirtschaftlicher Expansion ein, das sich am Rande eines Abgrunds befindet und von Anarchismus erschüttert sowie dem Gesetz des Stärkeren unterworfen ist. Ein zeitgenössisches Grenzgebiet, in dem Familie und Freundschaft so porträtiert werden, als würden sie kurz vor dem Zusammenbruch stehen. Letztendlich war Der Gorilla jedoch viel erfolgreicher, als ein anderer moderner Western, der im folgenden Jahr gedreht wurde und einen weiteren Film repräsentiert, der auf Für eine Handvoll Dollar zurückgreift: Stelvio Massis Il conto è chiuso (In den Klauen der Mafia, 1976).

Das Hauptthema des Films ist Selbstbestimmung, was Marco dazu drängt zu zeigen, dass er der Aufgabe gewachsen ist, obwohl er seinen Job hasst und Hänseleien von Sampionis Baustellenarbeitern ertragen muss. „Du musst nur eine Entscheidung treffen: Entscheide, was für ein Mann du sein möchtest.“, sagt Marco zu seinem Bruder, während er später gegenüber Sampioni verlauten lässt: „Obwohl du mich bezahlst, hast du mich nicht gekauft. Ich bin und will ein freier Mann bleiben.“ In Valeriis Film wird Freiheit jedoch nicht zum Drang eines Privatmanns nach Vergeltung degradiert, der das Gesetz in die eigene Hand nimmt, sondern viel eher zur Möglichkeit erhoben seine Zukunft selbst bestimmen zu können. Wie in des Regisseurs besten Western – I giorni dell’ira (Der Tod ritt Dienstags, 1967) und Il prezzo del potere (Blutiges Blei, 1969) – stehen Generationenkonflikte im Mittelpunkt der Handlung sowie die Beziehung zwischen Vater und Sohn, die letztendlich mit dem Tod des ersteren endet und als die Kulmination eines Schicksals angesehen wird, dem man nicht entkommen kann. In Der Gorilla wird die Vaterfigur zweigeteilt: auf der einen Seite der „Vater und Meister“ Sampioni, der ein Musterbeispiel aber auch eine erdrückende Autorität darstellt; auf der anderen Seite Marcos älterer Freund Ciro, der Marco eine Lektion fürs Leben erteilt. „Ich bin nicht hier, um dich zu verurteilen“, teilt Marco ihm mit, als er herausfindet, dass Ciro ihn wegen Geld betrogen hat. „Aber ich möchte, dass Du mich verurteilst“, antwortet Ciro, „weil Du noch jung bist und Dir den Luxus erlauben kannst ehrlich zu sein.“ Ein einzigartig berührender Moment in einem Film voller halbgarer Dialoge. „Wir dürfen uns nicht quälen, wir müssen rebellieren, wir können nicht immer „ich nicht“ sagen!“ proklamiert Testi in einer Szene: ein Satz, der in seiner generischen Demagogie in jedem anderen der poliziotteschi dieser Zeit ausgesprochen werden könnte.

Das Drehbuch scheint in Eile geschrieben worden zu sein, doch es sind die Actionsequenzen, die in Erinnerung bleiben und den Flick zu einem der technisch versiertesten der poliziotteschi des Jahrzehnts machen. Die Szene, in der Fabio Testi in einer Fahrstuhlkabine in einem verlassenen Gebäude gefangen ist und die Bösewichte den Kabinenboden unter seinen Füßen entfernen sowie ihn im Nichts baumeln lassen, ist als atemberaubend zu beschreiben und zeigt die bahnbrechende Verwendung des Blau-Schwarz im Italienischen Kino. Die Gewalt ist als hart und brutal zu bezeichnen, wie so oft in Euro-Crime-Filmen: Ein Mann auf einem Fahrrad wird während des Höhepunktes vom Zug überfahren und der zwielichtige Besitzer eines Schießstandes (Luciano Catenacci) wird von einem wütenden Marco brutal zusammengeschlagen. Allerdings sind es Al Lettieris grausame Todesszene (Biker überfahren ihn und verstümmeln dabei nicht nur seine Beine) und das blutige Duell zwischen Marco und Berto, die noch lange nach dem Ende des Films in Erinnerung bleiben und dem Streifen das Prädikat „Personen unter 18 Jahren nicht zugelassen“ einbrachten. Trotzdem schnitt Der Gorilla an den Kinokassen sehr gut ab, spielte fast zwei Milliarden Lire ein und brachte Fabio Testi als einen der beliebtesten Actionhelden Italiens wieder sehr gut zurück ins Geschäft.

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  • Bildformat: „Vollbild 4:3“
  • Spielzeit: „ca. 94 Min.“
  • Sprache: „Deutsch“
  • TV-Norm: „Pal“
  • Zustand: „Ungekürzte Fassung – sehr guter Zustand – Einleger“
  • FSK: „ungeprüft“
  • Tonformat Analog: „Mono“
  • Medium:
  • FSK-Logo:

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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