Es geht um deinen Skalp, Amigo! / Scalps, venganza india / Scalps

In einem entlegenen Fort der Südstaatler kann Kommandant Colonel Connor das Kriegsende nicht akzeptieren. Seine Männer sollen weiterkämpfen; zunächst schickt er sie los, um die äußerst attraktive Häuptlingstochter Yari in den von ihm befehligten Militärposten zu holen. Weil aber deren Vater, Häuptling Schwarzer Adler, die Herausgabe der Schönheit strikt verweigert, richten die Soldaten unter den Indianern ein Massaker an und nehmen die aufgrund der Connorschen Order verschonte, sich allerdings vehement wehrende Yari unter Anwendung von Gewalt mit sich. Nach einem ersten gescheiterten Fluchtversuch während einer Rast an einem Fluss gelingt ihr beim zweiten Mal – diesmal nachts – das Entkommen. Ihr Weg führt sie zum Anwesen des allein lebenden Ranchers Matt. Dieser ist nach dem Tod seiner Frau Evelyne ein ähnlich überzeugter Indianerhasser wie Connor; er hat aber, da er früher selbst unter dem fiesen Colonel als Lieutenant gedient hat, aller Gewalt abgeschworen und führt ein zurückgezogenes Leben. (Cinestrange Extreme)

Bei Scalps handelt es sich um einen sehr späten Italo-Western, der erst 1987 gedreht wurde, als selbst die Twilight-Spaghetti-Westerns bereits in Vergessenheit geraten waren. Das Drehbuch wird vier Autoren zugeschrieben, darunter Regisseur Bruno Mattei sowie der bekannte Genre-Schauspieler Richard Harrison, der sich auch für die ursprüngliche Geschichte verantwortlich zeichnet. In Zusammenarbeit mit seinem Sohn Sebastian, der ein Jahr zuvor im „Zwillingsfilm“ Bianco Apache mitgewirkt hatte, wollte Harrison den Film ursprünglich selbst produzieren (und wahrscheinlich auch die Hauptrolle spielen), war dann allerdings nicht in der Lage ihn zu finanzieren und verkaufte daher seine Rechte.

In den Nachwehen des Amerikanischen Bürgerkriegs kommt eine Gruppe von marodierenden Südstaatensoldaten (noch in Uniform, weil sie den Krieg nicht als beendet ansehen) in ein Indianerdorf. Sie wollen die Häuptlingstochter Yari als Geschenk für ihren Kommandanten, den rassistischen Colonel Connor, „kaufen“. Als der Häuptling den Handel verweigert, wird das Mädchen gewaltsam entführt und der Rest des Dorfes abgeschlachtet. Nachts gelingt es Yari ihren Peinigern zu entkommen und auf der Ranch eines alleinstehenden Farmers namens Matt Zuflucht zu finden. Matt hasst Indianer, doch die Südstaatler hasst er noch sehr viel mehr. Er pflegt das angeschlagene Mädchen gesund und flieht anschließend mit ihr in die Berge, um den Männern zu entkommen, die nun hinter ihnen beiden her sind. Unterwegs verlieben sie sich selbstverständlich ineinander, während Yari von dem Gedanken besessen ist, ihr abgeschlachtetes Volk auf blutige Art und Weise zu rächen. In einem Katz-und-Maus-Spiel beginnt sie damit, einen nach dem anderen der rassistischen Soldaten umzubringen und zu skalpieren, doch dann wird Matt von den Soldaten gefangen genommen…

Wie einige wenige andere Italo-Western mit „Indianern“ als Protagonisten, zeigt sich auch Scalps stark von Das Wiegenlied vom Totschlag (1970) beeinflusst, auch wenn es sich hier um eine Rachegeschichte handelt, was beim amerikanischen Vorbild nicht der Fall ist. Sowohl Matts Kampf auf Leben und Tod mit einem feindlich gestimmten Indianerkrieger, als auch die Höhlenszene mit dem verwundeten Matt, der von Yari verteidigt wird, sind Ralph Nelsons Film entnommen worden. Da die Soldaten jedoch als Halsabschneider aus südlichen Gefilden dargestellt werden, die nach eigenem Gutdünken handeln, gestaltet sich die Prämisse etwas anders und scheint politische Implikationen über die Misshandlung des „roten Mannes“ durch die US-Regierung auszuschließen. Dem Film mangelt es zusätzlich an jeglicher Authentizität, denn er kommt sehr künstlich rüber, wobei die schäbigen Uniformen der Konföderierten (offenbar von Mattei selbst entworfen?!) besonders billig aussehen. Die „Indianer“ sollen wohl Comanchen sein, kleiden sich aber eher wie Apachen und wenn Yari über „weiße Männer“ spricht, nennt sie diese Wasichu, ein Wort aus der Sioux-Sprache Lakota.

Überraschenderweise bedeutet das jedoch nicht, Scalps sei ein totaler Reinfall. Sollte man bereit sein über die offensichtlichen Unzulänglichkeiten hinwegzusehen, gestaltet sich der Film sogar recht unterhaltsam. Die Handlung kann als lebhaft beschrieben werden, während die Romanze vielleicht etwas zu seifig geraten ist. Die Actionszenen sind jedoch kompetent inszeniert worden und es gibt auch einige erschütternde Momente körperlicher Brutalität zu „durchstehen“, inklusive einer langwierigen Folterszene (wahrscheinlich von Der Mann, den sie Pferd nannten inspiriert) und einer besonders fiesen Skalpierungssequenz. Die schauspielerischen Leistungen schwanken ein wenig. Mapi Galán soll einst ein Model gewesen sein, doch laut IMDb hatte sie auch eine lange Karriere als Schauspielerin und führte 2008 sogar Regie bei ihrem eigenen (Kurz-)Film. Insgesamt füllt sie ihre Rolle angemessen aus und erweist sich auch als aufreizend sexy, mit ein paar (wenn auch kurzen) halbnackten Szenen, während sie die meiste Zeit über in der „indianischen“ Version eines Minirocks herumläuft. Vassili Karis spielt für seine Verhältnisse auch nicht schlecht, wobei man mit Alberto Farnese (als Albert Farley gelistet) als rassistischer Colonel Conner nicht so richtig zufrieden sein kann.

Das Thema „Indianer“ war während der Blütezeit des Genres nicht besonders beliebt, weshalb sich Scalps in dieser Hinsicht eindeutig als ein typischer Spät-Italo-Western erweist, doch indem er seine Bösewichte als psychopathische Südstaatler darstellt, die sich weigern, den Krieg als verloren anzusehen, weist er auch auf die sehr frühen Jahre des italienischen Western hin. Dabei kommen einem Filme wie Sergio Corbuccis I crudeli (Die Grausamen, 1967) und Albert Bands Gli uomini dal passo pesante (Die um Gnade winseln / Die Trampler, 1965) in den Sinn. Die spielen nämlich ebenfalls in der Zeit nach dem Bürgerkrieg und handeln von abtrünnigen Südstaatenoffizieren, die von einer Wiederbelebung der Konföderation träumen. Die Gewaltdarstellung ist für einen Italo-Western als ungewöhnlich grafisch zu bezeichnen, scheint aber diejenigen zu enttäuschen, die mit einigen anderen (und bekannteren) Filmen des Regisseurs vertraut sind. Man kann es eben nicht allen recht machen.

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Original Titel: Scalps
Lauflänge: 101 Minuten (BD) / 97 Minunten (DVD)
Regie: Werner Knox, Claudio Fragasso
Cast: Vassili Karis, Karen Wood, Albert Farley, Charlie Bravo, Mapi Galán, Beni Cardoso
Tonformat: Deutsch, Englisch, Italienlisch, 2.0 Stereo
Untertitel: Deutsch
Bildformat: 1,67:1-16:9

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Bonus:

  • Bildergalerie
  • alternatives Intro
  • SD-Fassung mit abweichendem Format
  • Trailer
  • 24-seitiges Booklet „Ein Blick auf Scalps“ von Harald Mühlbeyer (nur im Mediabook enthalten)

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Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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