Gruft der Vampire / The Vampire Lovers

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In der Steiermark des frühen 19. Jahrhunderts erkranken junge Frauen, Alpträume plagen sie, und schließlich werden sie mit Wundmalen auf ihrer Brust tot aufgefunden. Nur einer ahnt die wahren Zusammenhänge: Peter Cushing in der Rolle eines Generals, dessen Tochter zu den Opfern gehört, tut sich mit einem gnadenlosen Vampirjäger zusammen, um die untote Täterin, Carmilla, zur Strecke zu bringen. (Anolis Entertainment)

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Eine Gräfin (Dawn Addams) und ihre Tochter besuchen einen Ball von General Spielsdorf (Peter Cushing). Die Gräfin wird nach dem Tod eines Freundes weggerufen und ihre Tochter, Marcilla, soll bei dem General und seiner Tochter bleiben, bis sie zurückkehrt. Bald danach beginnt die Tochter des Generals an Alpträumen zu leiden, wird täglich schwächer und stirbt schließlich an Vampirbissen. Marcilla (Ingrid Pitt) verschwindet daraufhin und logiert fortan bei Roger Morton (George Cole) und dessen Tochter. Es dauert nicht lange bis die gleiche mysteriöse Krankheit Mortons Tochter Emma (Madeline Smith) zu befallen beginnt. Es stellt sich heraus, dass Marcilla eigentlich Carmilla, eine Nachfahrin des Karnstein-Vampir-Clans ist, die zurückgekehrt ist, um ihren Durst nach Blut zu stillen.

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Gruft der Vampire entstand zu einer Zeit des Wandels für das Filmstudio Hammer. Neue Gesichter wurden hinter den Kulissen eingeführt, um die etablierten alten Recken zu ersetzen und eine neue Welle von Horrorfilmen, die kommerzieller ausgerichtet sein sollten, zu etablieren. Dafür war geplant die eher biederen Stücke gotischen Horrors behutsam mit exponierten Busen sowie größeren Mengen an hellrotem Blut anzureichern. Der ausbeuterische Richtungswandel war eine Reaktion auf die immer schockierender werdenden Horrorfilme (z.B. Rosemaries Baby, Die Nacht der lebenden Toten), die begannen das Genre zu bestimmen und damit den Anfang vom Ende des Ateliers einleiteten, dem es nicht gelang den Rest des Jahrzehnts zu überleben. Es war nur allzu ironisch, dass das Studio, das in den späten 50er und frühen 60er Jahren die Grenzen des Genres ursprünglich verschoben hatte, nun wiederum von seinen alten Rivalen überholt wurde. Trotzdem hat Hammer während dieser Zeit einige seiner interessantesten Filme produziert. Um unter Beweis zu stellen, dass immer noch Leben in dem Vampir-Sub-Genre abseits von Dracula steckte, adaptierte Hammer den 1872 erschienenen Roman Carmilla von Sheridan Le Fanu (ein Roman, der einige Zeit vor Bram Stokers Dracula ins Leben gerufen wurde) und schaffte es sogar eine Trilogie daraus zu machen. The Vampire Lovers ist der erste einer neuen Welle von Hammer-Filmen, die mutiger, schmieriger und unbeschwerter als je zuvor daherkamen.

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Gruft der Vampire ist wohl der schärfste Film, den Hammer jemals produziert hat. Vergleicht man dessen sexuell-deviante Vampire mit Christopher Lees jetzt fade gewordenen (zu der Zeit) Dracula, ist der Wandel im Tonus innerhalb von ein paar Jahren doch sehr erstaunlich. Obwohl die ausbeuterischen Elemente nach heutigen Maßstäben eher zahm aussehen, kann man sich gut vorstellen, dass in den 70er Jahren auf solch explizite Visionen von lesbischen Vampiren ein Aufschrei der Empörung erfolgte. Gut bestückte, unschuldige junge Frauen tragen hauchdünne Nachthemden, entkleiden sich vor der Kamera, tollen herum und streicheln einander in vampirischer Leidenschaft. Manchmal scheinen die lesbischen Elemente den Film zu überwältigen, weswegen der Betrachter durch all das billige Nervenkitzeln schnell vergessen kann, dass hier irgendwo ein ernsthafter Horrorfilm stattfinden soll. Das Thema eignet sich bestens für diese ausbeuterischen Elemente, während glücklicherweise auch immer noch erkennbar ist, dass es sich um einen Hammerfilm handelt, der seine visuelle Kraft stets beibehält: geheimnisvolle Schlösser auf Berggipfeln, nebelverhüllte Friedhöfe und abergläubische Dörfer. Die Kostüme repräsentieren die Zeit, die sie porträtieren hervorragend, während der Film noch immer den gotischen Glanz in Allem erstrahlen lässt, was er abbildet. Nur dieses Mal grassiert hier überall eine gehörige Portion neckischen, zügellosen Lesbentums! Die Technicolor Horror-Elemente sind immer noch so charmant wie eh und je, mit künstlichen Reißzähnen, Bissen in Nacken und Hals sowie einer eher schwachen Alptraum-Sequenz, die eindeutig den Zeitpunkt der Entstehung prägt. Es finden jedoch auch ein paar scheußliche Enthauptungen und eine fiese Pfählung statt, die das übertrafen, was das Studio in der Regel zu zeigen pflegte.

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Mit Gruft der Vampire wird der Welt des Horrors außerdem Ingrid Pitt vorgestellt, die trotz ihrer paar wenigen Auftritte innerhalb des Genres zu einer der bekanntesten Schauspielerinnen dieser Gattung von Film wurde. Frau Pitts ausgeprägter polnischer Akzent verleiht ihrem Charakter im Originalton einen schönen exotischen europäischen Charme, der die gotische Atmosphäre des Films unterstreicht, während es ihr gelingt, sowohl das Raubtier zu verkörpern, als auch gleichzeitig sympathisch sexy zu sein. Zusätzlich weiß Roy Ward Baker ihre weiblichen Attribute wunderbar in Szene zu setzen. Es ist nicht zu leugnen, dass die verstorbene Ingrid Pitt einen erstaunlichen Körper hatte und der Regisseur froh war, diesen bei jeder Gelegenheit zeigen zu können. Doch ihr Charakter ist eine tragische Figur, die mit ihrer Liebhaberin eigentlich für immer zusammen sein will, nur um ihren ursprünglichen Trieben nachzugeben und damit das zu zerstören, nach dem sie sich am meisten sehnt – die Liebe. Carmillas trauriger Dialog, nachdem sie den Beerdigungszug vorbeiziehen gesehen hat, gehört zu dem Besten, was Hammer jemals auf die Leinwand gebracht hat. Allround-Schauspieler Legende Peter Cushing bekam Top-Credits für seinen General Spielsdorf aber seine Zeit bei Hammer ging langsam seinem Ende entgegen und seine Rolle hier ist weniger bedeutend als alles andere. Wenn er denn auftaucht ist Cushing immer noch in prächtiger Vampirjäger Form und zeigt, dass er seine Fähigkeiten nicht verloren hat, wenn es darum geht die Kreaturen der Nacht zu pfählen und zu enthaupten. Er wird eben nur zu wenig eingesetzt und praktisch nur für den Prolog und das Finale gebucht, wobei ihm dazwischen wenig zu tun bleibt. Ebenfalls erwähnenswert ist die hübsche und keusche Madeline Smith, die eines der Objekte von Marcillas Affektionen spielt. Smith hat diese englische, unglaublich natürliche Schönheit und wurde schnell zu einer von Hammers Lieblings-Mädchen in ihren wenigen Auftritten, die sie mit dem Studio hatte. Gruft der Vampire ist einer der kühnsten und gewagtesten Filme aus Hammers Werkstatt und definitiv des Studios sinnlichstes und erotischstes Werk, das die Erzählung mit einer beinahe traumartigen Qualität infiziert. Obwohl die häufig nackten Damen von den ernsteren Momenten ablenken, ist es keine Frage, dass die gut entwickelten Charaktere und für diese Zeit progressiven Themen (ein lesbischer Vampir) aus diesem Streifen ein Gothic-Horror Exemplar vom feinsten machen.

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  • Darsteller: Peter Cushing, Ingrid Pitt, Ferdy Mayne, George Cole, Kate O’Mara
  • Regisseur: Roy Ward Baker
  • Sprache: Deutsch (DTS HD 2.0 Mono), Englisch (DTS HD 2.0 Mono)
  • Untertitel: Deutsch
  • Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
  • FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
  • Studio: Anolis Entertainment
  • Produktionsjahr: 1970
  • Spieldauer: 91 Minuten

 

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Gruft der Vampire erscheint als Mediabook mit zwei unterschiedlichen Covern sowie als Softbox im Hause Anolis Entertainment, wobei man das Label zu dieser gelungenen Veröffentlichung wieder einmal nur beglückwünschen kann. Die Scheibe weiß nicht nur auf technischem Gebiet zu überzeugen, sondern hat wie immer auch wieder Einiges an interessanten Extras zu bieten. Das Bild wird in High Definition Widescreen (16:9; 1,85:1) 1920x1080p präsentiert und sieht wunderbar aus. Bei der Qualität der beiden angebotenen Tonspuren (Deutsch und Englisch DTS HD-MA 2.0 Mono) gibt es ebenfalls keine Beschwerde anzumelden. Wer den Film in der Originalsprache anschauen möchte, dem Englischen aber nicht mächtig ist, hat die Möglichkeit deutsche Untertitel zuzuschalten. Der Transfer beinhaltet alle zuvor geschnittenen Szenen, wie zum Beispiel die oben genannten Enthauptungs-Pfählungs-Sequenzen, so dass es sich hier um die vollständigste Version des Streifens handelt. Neben dem Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen und Volker Kronz, der wie gewohnt sehr informativ ist, wissen Ingrid Pitt, Tudor Gates und Roy Ward Baker in einem weiteren AK über Fakten und Zahlen der Produktion zu berichten sowie sich an die Atmosphäre am Set und Anekdoten von den Dreharbeiten zu erinnern. Die Dokumentation „Resurrecting the Vampire Lovers“ gibt zusätzlich einen gründlichen sowie informativen Rückblick auf die Umstände der Produktion und der Veröffentlichung des Films. Darüber hinaus kann man in einem Interview mit Madeline Smith über deren Einstieg ins Filmgeschäft und ihre Eindrücke bei den Dreharbeiten erfahren. Weiterhin halten die Extras einen deutschen und amerikanischen Kinotrailer, US-Radio Spots, Werberatschläge, Filmprogramme, eine Bildergalerie und Ingrid Pitt liest Carmilla bereit. Das 36-seitige Booklet, geschrieben von Dr. Rolf Giesen, Uwe Huber & Guiskard Oberparleiter sowie Uwe Sommerlad ist exklusiv nur im Mediabook enthalten und liegt zu einer Beurteilung leider nicht vor. Wir freuen uns über die tolle Veröffentlichung eines in der Vergangenheit oft zu Unrecht geschmähten Abgesangs der verehrten Gothik-Formel und sind bereits auf viele weitere „Gruselfilme“ aus dem Hause Hammer beziehungsweise Anolis gespannt!

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Diese BluRay sowie das Bildmaterial wurde uns freundlicherweise von Anolis Entertainment zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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