Der Vampir von Notre Dame / I Vampiri / Evil’s Commandment

Ein schrecklicher Fund an der Seine. Eine junge Frau wird tot im Pariser Fluss entdeckt. Alles Blut wurde aus ihr herausgesaugt. Die Polizei ist alarmiert und macht sich auf die Suche nach einem wahnsinnigen Serienkiller. Der junge Journalist Pierre Lantin will dem gruseligen Mord auf eigene Faust nachgehen. Nacht für Nacht streicht er durch die Gassen rund um Notre Dame, um den Spuren des Mörders zu folgen. Sie führen ihn zu einer mysteriösen Herzogin, die ein unheimliches Geheimnis verbirgt. (Plaion Pictures)

Der Vampir von Notre Dame ist aus mehreren Gründen als bemerkenswert zu bezeichnen, denn hierbei handelt es sich nicht nur um den ersten italienischen Horrorfilm nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch den ersten unter der Regie von Mario Bava, der für Riccardo Freda eingesprungen war, als der sich von dem Projekt zurückgezogen hatte. Das fertige Produkt repräsentiert einen wunderbaren kleinen Gothic-Horror-Streifen, der sich als sehr atmosphärisch erweist und selbstverständlich von Bavas großartiger Kameraarbeit profitiert, die es wirklich bestens verstand mit niedrigeren Budgets umzugehen und den Film somit besser aussehen ließ, als man es sich vorher hätte wünschen können.

Der Vampir von Notre Dame dreht sich um die bedauernswerte Herzogin Giselle du Grand (Gianna Maria Canale), die – wie alles im Laufe der Zeit – älter wird und diesen Umstand für inakzeptabel erachtet. Warum sollte sie wie alle anderen Menschen alt werden müssen? Deshalb beauftragt sie Professor Julien du Grand (Antoine Balpêtré) damit ein Heilmittel für ihre missliche Lage zu finden, was der dann auch tut. Die Heilung bzw. Verjüngung funktioniert jedoch nur mit dem Blut von Jungfrauen, weswegen diese aufgrund ihres verjüngenden Lebenssaftes entführt werden. Das Verschwinden von jungen unbefleckten Frauen bleibt natürlich nicht unbemerkt und schon bald müssen sich die Herzogin sowie deren Helfer für ihre Verbrechen verantworten. Für einen Film mit Kleinstbudget – der in nur zwölf Tagen abgedreht worden ist – leisteten die Besetzung sowie das Team solch bemerkenswerte Arbeit, sodass man beinahe meinen könnte, es handele sich um einen Spielfilm mit durchaus größerem Etat. Vieles davon ist natürlich Bava zu verdanken, dessen außergewöhnliche Ausleuchtungstechniken effektiv dazu beigetragen haben, die schreckliche Verwandlung der Herzogin überzeugend zu realisieren.

In diesem Film sieht alles grandios aus, größer oder besser als es eigentlich ist, egal ob es sich um die Kostüme der Schauspieler oder die Bühnenbilder handelt, vor denen sie auftreten. Am beeindruckendsten gestaltet sich dabei das riesige Foyer, in dem die Herzogin am Ende ihre „Gäste“ empfängt. Hätte Bava seine Arbeit nicht so gut gemacht, wäre die Atmosphäre des Films und das dazugehörige Gothic-Element möglicherweise verloren gegangen. Zum Glück konnte man den Mann schon in seinen frühen Tagen als einen wahren Meister seines Fachs bezeichnen. Der interessanteste Aspekt des Films ist sicherlich, dass es gar keinen richtigen Vampir zu sehen gibt, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Die Herzogin hat außer ihrem noch immer messerscharfen sowie bissigen Verstand, keine Reißzähne aufzubieten. Es wird zwar Blut abgezapft und konsumiert, jedoch nur durch Transfusionen, damit der Herzogin mit Hilfe des „magischen Serums“ ein jüngeres Antlitz verliehen werden kann.

Dieses verjüngte Aussehen hilft ihr außerdem dabei, in der Lage zu sein Dario Michaelis‘ Charakter des Journalisten Pierre Lantin – als ihre Nichte Giselle getarnt – umwerben zu können, den Sohn ihrer großen, jedoch auch verlorenen Liebe aus längst vergangener Zeit. Das kommt zwar ein wenig reißerisch rüber, trägt aber letztendlich zu dem unorthodoxen Vampir-Aspekt des Films bei. Um an ihre Opfer zu kommen, machen der mittlerweile für Tod gehaltene Professor du Grand und sein Igor-artiger Gehilfe (Renato Tontini) einen gewissen Joseph Signoret (Paul Muller) von Drogen abhängig, damit der für sie junge Frauen entführt, um an seine nächste Dosis zu kommen. Die Art und Weise, wie die Herzogin alles und jeden um sie herum manipuliert sowie ausnutzt, ist von Gianna Maria Canale meisterhaft umgesetzt worden und spiegelt gleichzeitig wider, wie böse ihre Natur wirklich ist. Das Tempo des Streifens erweist sich als überwiegend langsam, vor allem in der ersten Hälfte, was einige Zuschauer ein wenig abschrecken könnte, doch am Ende zahlt es sich mehr als aus, bis zum Schluss „durchgehalten“ zu haben. Der Vampir von Notre Dame hat viele Vorzüge zu bieten, wie zum Beispiel sein schickes Aussehen, die tolle Atmosphäre und die wunderschöne Gianna Maria Canale, wobei es eben die Kombination aus all diesen Dingen ist, die diesen Film so gut macht, der ein großartiges Beispiel für frühen italienischen Gothic-Horror repräsentiert.

Altersfreigabe: 16
Bildformat: 2.35:1 (16:9)
Darsteller: Carlo D’Angelo, Gianna Maria Canale, Paul Muller
Exclusive: Ja
Filmlänge: ca. 81 Minuten
Genre: Gothic – Horror
Produktart: Digipacks
Produktionsjahrzehnt: 1950
Regisseur: Mario Bava, Riccardo Freda
Sprachen: Deutsch, Italienisch
Tonformat: PCM 2.0
Untertitel: Deutsch
Label: Plaion Pictures

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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