DOLLMAN – Der Space Cop

Eine wilde Verfolgungsjagd im All mit seinem Erzfeind schrottet sein Raumschiff und zwingt ihn zur Notlandung auf der Erde. Dort wird er zum „Dollman“, denn die Menschen sind für ihn wie Riesen. Winzig und ohne Treibstoff für die Rückkehr auf seinen Heimatplaneten stellt sich Dollman seinem Widersacher und einer Gangsterbande. Er bringt Recht und Ordnung auf die Erde und hilft einer wehrlosen jungen Frau und ihrem Sohn, sich gegen permanente Angriffe zu verteidigen. Dollman mag zwar klein sein, aber seine Knarre schießt gewaltige Löcher – in jeden! (Wicked-Vision Media)

Während der Video-Ära gab es eine Periode, in der beinahe jede Woche ein neuer Film von Albert und Charles Bands Full Moon Company herausgebracht wurde. Viele dieser Filme sind noch immer immens unterhaltsam, obwohl sie zumeist eine Mischung aus eigentlich ganz gut und gleichzeitig wirklich schlecht darstellen. So verhält es sich auch bei Dollman, dessen Handlung bereits damals ziemlich verschlissen war und der noch zusätzlich mit äußerst schlechten Spezialeffekten versehen wurde. Allerdings war das Budget auch offensichtlich so niedrig, dass schon von vorneherein ganz einfach keine Chance bestand, die meisten Dinge, die in Dollman passieren, vernünftig und erfolgreich umzusetzen. Das Ganze versprüht jedoch eine Menge an entzückender Schrulligkeit und besitzt so seinen ganz eigenen, bezaubernden Charme. Der Streifen versteht es oftmals wirklich witzig zu sein, sei es nun absichtlich oder unfreiwillig, vermittelt aber stets das Gefühl einer gewissen präsenten Gefahr. Regisseur Albert Pyun (Talon im Kampf gegen das Imperium, Cyborg), ein Filmemacher, der für alle Ewigkeit in der „B“-Film-Hölle (oder Himmel, je nach Einstellung) festzustecken scheint, gelingt es die recht unterschiedlichen Aspekte des Films zu einem glatten Ganzen zusammenzufügen – auch wenn es manchmal den Anschein hat, als hätte er viel lieber ein sozial-realistisches Drama über das Leben in der South-Bronx gedreht.

Man muss schon zugeben, dass die erste Einstellung einer Stadt auf Arturus wirklich beeindruckend und sehr überzeugend rüberkommt. Doch wahrscheinlich ist ein Großteil des Budgets in diese frühen Szenen geflossen, vergleicht man sie mit der Minderwertigkeit der folgenden Special-Effekt-Sequenzen. Gleich die erste Szene kann als Parodie auf Dirty Harry gedeutet werden, in der Dollman (wie Callaghan) aus dem Nichts auftaucht, um eine Geiselnahme aufzulösen, während sich seine Chefs um Kollateralschäden und die daraus resultierende schlechte Publizität sorgen. Hier spricht Thomerson sogar genau wie Clint Eastwood, was er den Rest des Films über nicht mehr tut. Brick Bardo aka Dollman geht natürlich äußerst cool und professionell mit der Situation um und kann die Geiseln retten. Anschließend trifft er sich mit dem bösen Sprug (Frank Collison), der nach mehreren Konflikten mit Bardo bereits einige Körperteile verloren hat, sodass er jetzt nur noch aus seinem Kopf, der auf einem schwebenden Düsentriebwerk befestigt ist, besteht. Bardo erschießt Sprugs Komplizen und da seine Waffe “the most powerful handgun in the universe” repräsentiert, explodieren die Bösewichte dabei blutig in tausend Stücke. Dann plötzlich, ohne Übergangsszene (vielleicht stand sie im Drehbuch, doch es fehlte das Geld, sie zu verwirklichen), finden sich die beiden Kontrahenten im Weltraum in eine „wilde“ Verfolgungsjagd verwickelt wieder (die mit Filmmaterial der Fernsehserie Buck Rogers von 1979 realisiert wurde), bevor sie durch ein paar grelle Lichter fliegen und auf der Erde abstürzen, wobei der tatsächliche Crash selbstverständlich offscreen stattfindet.

Stattdessen bekommt man erstmal eine längere Montage der South-Bronx präsentiert, die sogar recht stilvoll geraten ist. Wahrscheinlich wollte Pyun damit die Umgebung etablieren (in der sich Dollman nun befindet) und den ohnehin schon kurzen Film (für sehr wenig Geld) um ein paar Minuten verlängern. Die bösen Bandenmitglieder kommen, obwohl vollkommen überzeichnet, einigermaßen einschüchternd rüber, doch jeder Versuch an wirklichem Realismus wird durch die alleinerziehende Mutter Debi zunichte gemacht, die von Kamala Lopez mehr schlecht, als recht gespielt wird. Sie möchte etwas gegen alle Gangster in der Gegend unternehmen, wobei die Polizei keine Hilfe darstellt, da sie mit der Situation in den Brennpunktvierteln hoffnungslos überfordert ist. Natürlich ist sie es, die Bardos abgestürztes Raumschiff auffindet und mit nach Hause nimmt. Eventuell könnte er derjenige sein, der die Dinge im Viertel regeln kann, obwohl der einst unbesiegbare faschistisch angehauchte Space-Cop jetzt die Größe einer Big-Jim Spielzeugpuppe (ähm Verzeihung … Actionfigur) hat. Seine Wumme, die nun genauso winzig ist, wie Dollman selbst, ist nämlich noch immer in der Lage große Löcher in Dollmans Gegnern zu hinterlassen. Selbstverständlich treibt Sprug auch noch sein Unwesen, indem er die bösen Jungs eine Weile lang manipulieren kann, bevor er von deren Anführer (Jackie Earle Haley, Die Bären sind los, Die Bären bleiben am Ball und Die Bären sind nicht mehr zu bremsen) einfach auf dem Tisch zerquetscht wird. Die interdimensionale Bombe, die er nach seinem Ableben zurücklässt, hätte die Geschichte eigentlich gar nicht mehr gebraucht. Viele Schießereien und die immer mürrischen Bemerkungen Bardos auf seine Kleinheit bezogen, sowie die Reaktionen anderer Charaktere auf seine Größe nehmen den größten Teil der Laufzeit in Anspruch, wobei es gerade noch dazu reicht, eine wachsende Freundschaft zwischen Bardo und Debi aufzubauen (Bardo zu Debi: “Debi, tell me size doesn’t count”).

Tatsächlich steckt Dollman voller amüsanter Zeilen, die dazu beitragen, das Ganze lebendig zu halten, während sich die Geschichte nicht wirklich auf interessante Art und Weise entwickelt. Die Möglichkeiten der Spezialeffekte sind dabei aufs absurdeste begrenzt, weswegen sich Fans von handgefertigten Effekten der alten Schule die Frage stellen werden: Wie konnten die verantwortlichen Filmemacher nur glauben, sie könnten ihr Vorhaben mit dem Geld und den vorhandenen Ressourcen auch nur ansatzweise vernünftig umsetzen!? Dollman selbst ist nur sehr selten in der gleichen Einstellung mit anderen Menschen zu sehen und wenn das doch mal der Fall sein sollte, präsentiert sich die Mattierung (r)echt schlecht. Es ist schmerzhaft offensichtlich, dass für eine frühe Szene auf dem Planeten Arturos derselbe heruntergekommene Drehort verwendet wurde, wie für sehr viele spätere Sequenzen auf der Erde. Doch es sind auch wirklich lustige Szenen vorhanden, wie zum Beispiel die, in der Bardo aus einem Fenster im dritten Stock auf ein fahrendes Auto springt und dabei eine bewegungslose Puppe (ähnlich wie bei Pan Tau) für eine Einstellung zum Einsatz kommt. Was diesen Film so spaßig macht (und generell Filme, wie dieser, besser machen, als die meisten vergleichbaren Streifen von heute), ist, dass die Filmemacher wussten, der Film würde teilweise wie Müll aussehen, doch nur bis zu einem bestimmten Punkt in der Tatsache schwelgen. Sie versuchen die Geschichte wenigstens ein bisschen ernst zu nehmen und das Publikum für die Charaktere zu interessieren. Dieser Drahtseilakt gelingt bei Dollman überraschend gut.

Dollman wurde größtenteils in Braun- und Orangetönen sowie mit vielen der Pyun-typischen Rauch- und Lichteffekten aufgenommen, was eigentlich nicht sehr schön anzusehen, jedoch wohl eindeutig intendiert ist. Thomerson wirkt gelegentlich ein bisschen gelangweilt, spielt aber okay, indem er einfach wieder Jack Deth aus Trancers mimt, während Jackie Earle Haley als fieser und leicht verrückter Bandenchef zu unterhalten weiß. Anthony Riparettis Synthesizer-Musik verleiht dem Streifen den letzten Schliff für kitschigen Retro-Charme. Dieser unglaublich „doofe“ und sehr exzentrische Film repräsentiert mit Sicherheit keinen B-Film-Klassiker wie Trancers, lässt den geneigten Zuschauer allerdings mit einem breiten, albernen Grinsen zurück. Natürlich hätte Dollman mit einem höheren Budget erheblich besser werden können, hätte dadurch aber auch eine Menge seines speziellen Charmes verloren. Die Verantwortlichen haben mit Sicherheit ihr Bestes gegeben, um Dollman verwirklichen zu können, was auf jeden Fall Anerkennung verdient hat.

Wicked-Vision Media veröffentlicht Dollman als Nummer 01 ihrer Full Moon Classic Selection in einer Scanavo Box auf BluRay. Bild (1,78:1/1080p) und Ton (deutsch + englisch DTS-HD Master Audio 2.0) bewegen sich auf hohem Niveau, da gibt‘s nichts zu meckern. Deutsche oder englische Untertitel können zugeschaltet werden. Extras: Wendecover mit Original-Artwork; Deutscher Trailer und Originaltrailer; Bildergalerie, Original-Videozone; Videozone (Rohschnitt 1991) und Interview mit Charles Band & Tim Thomerson (Videocast 2013). Insgesamt handelt es sich bei Dollman um eine äußerst gelungene Edition, die in keinem Regal von B-Film-Liebhabern und Full Moon-Freunden fehlen sollte.

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Darsteller: Tim Thomerson, Jackie Earle Haley, Kamala Lopez, Nicholas Guest, Humberto Ortiz
Regisseur(e): Albert Pyun
Untertitel: Deutsch, Englisch
Region: Alle Regionen
Bildseitenformat: 16:9 – 1.77:1
FSK: Freigegeben ab 16 Jahren
Studio: Wicked-Vision Media
Produktionsjahr: 1991
Spieldauer: 82 Minuten

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Diese BluRay wurde uns freundlicherweise von Wicked-Vision Media zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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