Nachts, wenn Dracula erwacht / Il conte Dracula / Count Dracula

Nachdem der angehende Anwalt Jonathan Harker bei seinem Aufenthalt im Schloss des Grafen Dracula die schreckliche Identität seines blutsaugenden Gastgebers erkannt hat, stürzt er sich in panischer Angst aus dem Fenster. Wieder bei Sinnen findet er sich in der Klinik des Dr. Van Helsing wieder. Dieser hat bereits nach Jonathans Verlobter Mina geschickt, die in Begleitung ihrer Freundin Lucy anreist, um ihrem Liebsten bis zur Genesung beizustehen. Weder Jonathan noch Van Helsing ahnen, dass sich der Vampirgraf in dem alten Gemäuer gegenüber der Klinik eingenistet hat und die Ankunft der jungfräulichen Damen kaum erwarten kann … (Wicked Vision Distribution GmbH)

Rechtsanwalt Jonathan Harker (Fred Williams) reist nach Osteuropa, um einem gewissen Grafen Dracula (Christopher Lee) bei der Suche nach einem Grundstück in London behilflich zu sein, da der Graf plant nach England umzusiedeln. Als er einem Mitreisenden gegenüber erwähnt wohin er unterwegs ist, fällt dessen Reaktion ziemlich beunruhigend aus. Auch im Gasthaus in der Nähe von Draculas Schloss wird er vom Wirt so behandelt, als wäre er eine dem Untergang geweihte Seele, während ihm dessen Frau mitteilt, es sei sehr unklug sich in der St.-Georgs-Nacht an diesen Ort zu begeben.

Das Publikum weiß natürlich sehr genau warum dem so ist, doch die Einheimischen halten sich seltsamerweise enorm zurück Mr. Harker gegenüber weitere Ratschläge auszusprechen, möglicherweise weil sie es sehr gerne sehen würden, dass der Graf (mit Harkers Hilfe) so schnell wie möglich aus ihrer Nachbarschaft verschwindet. Allerdings erklärt das nicht so richtig, warum sie dennoch kurz davor stehen Harker zu warnen, er solle das Gebiet ein für alle Mal verlassen. Naja, hierbei handelt es sich ja um einen Jess Franco Film, wo man immer mit einem gewissen Grad an Unlogik rechnen muss, obwohl der Produzent Harry Alan Towers damals behauptete diese Version halte sich sehr nahe an Bram Stokers Original (1970 hat wohl niemand überprüft, ob dem wirklich so ist). Eine Zeit lang sieht es auch tatsächlich so aus, als würde Towers rechtbehalten, doch dann kommen die ausgestopften Tiere.

Eigentlich gibt es schon vorher Abweichungen vom Original zu bemerken, doch vieles deutet gleichzeitig darauf hin, dass hier ganz bewusst versucht worden ist dem klassischen Gruselroman gerecht zu werden. Es fehlte eben nur das Geld, um eine aufwändig montierte Fassung so anzufertigen, wie es wirklich nötig gewesen wäre. Dementsprechend hat der Streifen ein recht spärliches Erscheinungsbild, schlechte Spezialeffekte und eine seltsame, weltentrückte Atmosphäre zu bieten, der die vollblütige Leidenschaft fehlt, die eine solche Geschichte erfordert. Franco demonstriert mit Nachts, wenn Dracula erwacht eben seinen eigenen besonderen Weg mit solchem Material umzugehen. Das heißt, seine Arbeit mit einer umherwandernden Kamera steht im Vordergrund, zoomt in Gesichter, schwenkt durch Räume, lässt sich nach der Hälfte einer Szene von irgendetwas ablenken und tut im Allgemeinen wenig, um den Mangel an Budget verbergen zu können, das sehr wahrscheinlich hauptsächlich in die Besetzung investiert werden musste.

Christopher Lee war bekanntermaßen nur daran interessiert zu der Rolle zurückzukehren, die ihn weltberühmt gemacht hatte, wenn die sich vollständig von Bram Stokers Roman ableiten ließe, wobei das Ergebnis hier wirklich nicht viel besser (wenn auch in einem europäischeren Stil) ausgefallen ist, als bei dem Hammer Flick, den er ungefähr zur gleichen Zeit gedreht hat, nämlich Scars of Dracula (Dracula – Nächte des Entsetzens). Sicherlich war es als ein großer Coup anzusehen, sich seine Dienste sichern zu können, obwohl er in der Rolle des Grafen Dracula auch gerade mit den Hammer-Studios zusammenarbeitete. Im Endeffekt konnte man jedoch nicht verschleiern, dass der Graf im Roman eigentlich gar nicht die Hauptrolle spielt und die restlichen Charaktere von Seite eins bis zum großen Finale hauptsächlich über ihn sprechen. Was Franco und Towers jedoch richtig gemacht haben, war die Auswahl der Schauspieler für Renfield – den insektenfressenden Wahnsinnigen, der eine Verbindung zum Vampir hat – und Van Helsing, den älteren Professor, der nur zu gut weiß, wie man die Pläne des Grafen durchkreuzen kann.

Klaus Kinski verkörpert Renfield, wobei er sich (einigen Berichten zufolge) so sehr in seine Rolle hineinsteigerte, sodass er die Fliege in einer seiner Szenen tatsächlich „verschlungen“ haben soll. Für diesen Part hätte man sich keinen besseren Schauspieler wünschen können, obwohl Kinski kein einziges Wort spricht, weswegen die großartigen Dialoge bzw. Monologe, die Stoker für den Wahnsinnigen geschrieben hat, hier leider fehlen. Was Van Helsing betrifft, tut Herbert Lom sehr gut daran der Produktion die dringend benötigte Würde zu verleihen, wenn immer Christopher Lee (mit dem er keine einzige gemeinsame Szene hat) nicht auf dem Bildschirm zu sehen ist. Maria Rohm (Harry Alan Towers Ehefrau, als Mina) und Soledad Miranda (Francos damalige Partnerin, als Lucy) stellen keine allzu überraschenden Ergänzungen zu der restlichen Besetzung dar, sehen ihren Charakteren aus dem Buch allerdings kaum ähnlich, kommen zu wenig zum Einsatz und sind vielleicht sowieso fehlbesetzt worden. Sollte man detailverliebt sein, so könnten sich einige Aspekte des Streifens ziemlich frustrierend auswirken, während er dem Original doch recht nahe kommt, sich allerdings nicht mit der erforderlichen Souveränität präsentieren kann oder aus der Bahn gerät, wenn Franco seine eigenen „Verbesserungen“ einbaut. Nachts, wenn Dracula erwacht hat diese Atmosphäre inne, die typisch für Francos Produktionen ist, kommt aber ziemlich blutarm rüber. Bruno Nicolais Musik präsentiert sich enorm Zither lastig.

Wicked-Vision veröffentlicht Nachts, wenn Dracula erwacht als Nummer 48 ihrer Collector’s Edition im Mediabook (Blu-ray + 3 DVDs) mit vier verschiedenen Cover-Motiven, die jeweils auf 333 Stück limitiert sind. Bild (1,33:1; 1080p / 1,44:1; Vollbild) und Ton (Deutsch + Englisch DTS-HD Master Audio 2.0 / Dolby Digital 2.0) bewegen sich (dem Alter entsprechend) auf ziemlich zufriedenstellendem Niveau, da kann man sich nicht beschweren. Deutsche oder englische Untertitel können auch zugeschaltet werden. Insgesamt handelt es sich bei Nachts, wenn Dracula erwacht wieder einmal um eine äußerst gelungene Mediabook-Edition mit nettem und extrem umfangreichem Bonusmaterial (knapp 15 Stunden + dem Bonusfilm Cuadecuc Vampir von 1971 sowie der Dokumentation Dracula Barcelona), die bei Liebhabern und Freunden von Jess Francos Filmen enorm gut ankommen sollte, allerdings mit Sicherheit nicht jedermanns Sache sein dürfte.

Bonusmaterial:

• 24-seitiges Booklet von Christoph N. Kellerbach —> hier kann man so Einiges über die „Entstehung von Jess Francos ambitionierter Bram-Stoker-Umsetzung“, die Probleme, die mit der Produktion verbunden waren sowie die sinnliche Freude von Cuadecuc Vampir, nachlesen

Disc 1: Hauptfilm (Blu-ray)

• Audiokommentar mit Dr. Rolf Giesen und Dr. Gerd Naumann —> wie von den beiden Herren bereits gewohnt, ein enorm interessanter, informativer sowie unterhaltsamer AK
• Audiokommentar mit Fred Williams, Frank Stein und Peter Blumenstock —> die drei Herren führen ein sehr interessantes Gespräch über den Film und Herrn Williams‘ Schaffen
• Audiokommentar mit David Del Valle und Maria Rohm [inkl. dt. Untertitel]
Christopher Lee liest Bram StokersDracula
• „Nachts, wenn Dracula erwacht“ – Deutsche Kinofassung (98 min.)
• Featurette: „Stake Holders“ – Regisseur Christophe Gans würdigt Jess Francos „Nachts, wenn Dracula erwacht“ (9 min.)
• Featurette: „Handsome Harker“ – Interview mit Fred Williams (27 min.) —> sehr interessant, Herr Williams erinnert sich an die Produktion und hat einige Anekdoten dazu auf Lager
• Featurette: Im Gespräch mit Jack Taylor (10 min.)
• Deutscher Kinotrailer (4 min.)
• Bildergalerie (11 min.)

Disc 3: Bonusmaterial (DVD)

• Featurette: Unfaithful Count? über die Werktreue von Jess Francos Nachts, wenn Dracula erwacht (20 Min.) —> Lars Dreyer-Winkelmann würdigt den Film
• Featurette: „Beloved Count“ – Interview mit Jess Franco (ca. 25 Min.)
• Featurette: „Mein Name ist Jack“ – Interview mit Jack Taylor (ca. 15 Min.)
• Audio-Interview mit Jess Franco von Dr. Gerd Naumann geführt (23 Min.)
• Soundtrackunterlegte Bildergalerie (45 Min.)
• Deutsche Super-8-Fassung (ca. 33 Min.)
• Deutscher Vorspann (ca.2 Min.)
• Französischer Vorspann (ca. 2 Min.)
• Italienischer Vorspann (ca. 2 Min.)
• Spanischer Vorspann (ca. 2 Min.)

Disc 4: Bonusfilme (DVD)

  • Cuadecuc Vampir (67 Min.); Sprache: Englisch; Untertitel: Deutsch
  • Dokumentation: Dracula Barcelona (86 Min.)
  • Sprache: Spanisch / Englisch
  • Untertitel: Deutsch, Englisch, Spanisch
  • Trailer: Nachts, wenn Dracula erwacht (4 Min.)

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Freigabe: 16
Ländercode: A,B,C / 0
Laufzeit: 98 Minuten (ungekürzt) / 94 Minuten (ungekürzt)
Bildformat: 1,33:1 (1080p) / 1,44:1 (Vollbild)
Sprache: Deutsch, Englisch
Tonformat: DTS-HD Master Audio 2.0
Untertitel: Deutsch, Englisch
Untertitel Extras: Deutsch, Englisch
Verpackung: Mediabook
Discs: 4
Format: Blu-ray & 3 DVDs
Studio: Wicked Vision Distribution GmbH

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Diese Edition wurde uns freundlicherweise von Wicked-Vision zur Verfügung gestellt.

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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