Evil Judgment

Die junge sowie hübsche Janet (Pamela Collyer) will ihrem tristen Leben als unterbezahlte Kellnerin unbedingt entfliehen und wendet sich deswegen widerwillig der Prostitution zu. Doch bei ihrem ersten „Auftrag“ geschieht etwas erschreckend Verstörendes, denn ihre Freundin – die Prostituierte April (Nanette Workman) – und der wohlhabende Richter Ron (Walter Massey) – ihr Kunde – werden beide brutal ermordet! Nach einer seltsam feindseligen Befragung durch Kommissar Armstrong (Roland Nincheri) deckt Janet – gemeinsam mit ihrem Freund Dino (Jack Langedijk) – eine grausige Verschwörung inklusive bestialischen Morden, gemeingefährlichem Wahnsinn und Vertuschungen von offizieller Seite aus auf. Während sich um sie herum brutal verstümmelte Leichen auftürmen, stellt Janet plötzlich das Ziel sowohl des Skalpell schwingenden Wahnsinnigen als auch der korrupten Polizei dar!

Dieser kanadische Slasher-Film / Verschwörungsthriller stammt eigentlich aus dem heiligen Slasher-Jahr 1981, musste aber bis 1984 im Regal verstaut werden, bevor er – eigentlich ziemlich unverdient – zunächst einmal in Vergessenheit geraten ist. Evil Judgment versucht, wie viele weitere kanadische Thriller aus den frühen 80er Jahren, ganz offensichtlich, sich als einer seiner amerikanischen Cousins auszugeben, die vom italienischen giallo beeinflusst worden sind. Allerdings verbreitet dieser Film, wie auch der andere obskure Canuck-„Klassiker“ aus dieser Zeit – American Nightmare von 1981 – eine seltsam schmierige Atmosphäre, die ihn von vielen Streifen unterscheidet, die damals südlich der Grenze gedreht wurden.

Was in diesem Zusammenhang sofort auffällt und sich als recht ungewöhnlich erweist, ist, dass in Evil Judgment überhaupt keine Teenager auftauchen. Die Hauptfigur Janet (die von Pamela Collyer eher eintönig sowie unausgeglichen dargestellt wird) ist eine unterbezahlte Kellnerin, die davon träumt Tänzerin zu werden. Leider werden ihre Träume durch die Tatsache zunichte gemacht, dass das Trinkgeld, das sie bei ihrem Job in einem schlecht frequentierten griechischen Restaurant verdient, nicht einmal ausreicht, um ihre Miete zu bezahlen. Ihr kleiner Mafioso-Freund Dino (Jack Langedijk) kann sie finanziell auch nicht unterstützen bis er sein nächstes Ding gedreht hat. Allerdings ist ihre beste Freundin April (Nanette Workman) eine Dame der Nacht und schlägt Janet vor sie bei einem Auftrag zu begleiten, um für einen Dreier ordentlich entlohnt zu werden. Schließlich lässt sich Janet von April dazu überreden einem alten Mann in einem abgelegenen Herrenhaus zu Diensten zu sein, da April ihr verspricht sie müsse sich währenddessen einfach nur zurücklehnen und zusehen.

Irgendwo in der Nähe entkommt ein Geisteskranker (Walter Massey) aus einer Nervenklinik, nachdem er einem Arzt das Genick gebrochen und einer Krankenschwester auf blutige Art und Weise den Hals aufgeschlitzt hat. Anschließend entflieht er barfuß in die Nacht. Die beiden Frauen wissen es noch nicht, doch als Janet und April die Villa erreichen, werden sie von eben diesem entflohenen Irren (oder zumindest von seinem Doppelgänger) begrüßt. Janet bekommt kalte Füße und möchte gehen, doch der Mann (der sich Ron nennt) lässt vor Mitternacht niemanden mehr aus dem Haus. Kurz bevor er mit den Damen zur Sache kommen kann, gehen jedoch plötzlich die Lichter aus. Ron macht sich daraufhin auf den Weg, um den Sicherungskasten zu inspizieren, kommt aber nicht zurück – weswegen sich April auf die Suche nach ihm begibt.

Nachdem auch April nichts mehr von sich hören lässt, stellt Janet schließlich selbst Nachforschungen an und findet ihre Freundin mit aufgeschnittener Kehle vor. Während ihrer Flucht aus dem Haus trifft sie auf Ron, der ebenfalls ziemlich übel zugerichtet worden ist und ihr wird klar, dass sich noch jemand anderes im Haus aufhalten muss! Es gelingt ihr aus der Villa zu entkommen, allerdings wird sie von jemandem mit schwarzen Lederhandschuhen von hinten gepackt und fällt sofort in Ohnmacht. Janet wacht erst im Krankenhaus wieder auf und sieht sich dort mit einem mürrischen Polizisten (Roland Nincheri aus Todesparty 3 / Monster im Nachtexpress, 1980 und Das Horror-Hospital, 1982) konfrontiert. Der berichtet ihr, sie habe einen Selbstmordversuch unternommen, da man sie mit aufgeschlitzten Handgelenken sowie Drogen im Blut vorgefunden hat. Ihre Geschichte mit den beiden Mordopfern tut er als drogeninduzierte Halluzinationen ab. Nun wird Janet dazu gezwungen ihren Verstand einzuschalten, um die Wahrheit beweisen zu können. Also streift sie sich ihre Beinstulpen über und verwandelt sich in Nancy Drew, um den wahnsinnigen Mörder zu finden, bevor er sie findet.

Evil Judgment erinnert ein wenig an den Nicht-Slasher Lies – Lügen (1983, ein weiteres raffiniertes, kleines, in Vergessenheit geratenes Juwel), in dem sich eine Frau gezwungen sieht die Ereignisse zu durchleuchten, die um sie herum außer Kontrolle geraten. Janet begreift schnell, dass sie zu einer Schachfigur in einem äußerst gefährlichen Spiel geworden ist und sich inmitten verfeindeter Fraktionen befindet. Collyer verkörpert Janet zeitweise zufriedenstellend, doch zuweilen gestaltet sich ihre Vorstellung flacher als ein Pfannkuchen – was den Film zwar nicht ins Wanken bringt, ihm aber auch auf keinen Fall weiterhilft. Zum Glück spielt die Nebenbesetzung sehr viel besser auf: Jack Langedijks Dino entwickelt sich von einem richtigen Mistkerl (er wirft die nackte Janet aus seiner Wohnung, nachdem sie sich gestritten haben) zu einem mitfühlenden Individuum, das ihr in ihrer Notlage couragiert zur Seite steht. Außerdem kommt Nanette Workman ganz hervorragend als Prostituierte mit Herz rüber.

Evil Judgment verfügt über ein relativ interessantes Mysterium und vermischt seine Subgenres auf geschickte Art und Weise. Hier gibt es einige angenehm verrückte Aspekte zu bestaunen, die den Streifen von den meisten amerikanischen Horrorfilmen seiner Zeit abheben. Oder habt Ihr schon einmal einen Film gesehen, in dem ein verärgerter Kunde im griechischem Diner doch tatsächlich auf seinen Teller uriniert, weil er meint seine Suppe schmecke nach Pisse!? Die Slasher-Action kann als gut umgesetzt bezeichnet werden, während gleich eine ganze Reihe an Szenen ausgezeichnete Spannungsmomente zu bieten haben (vor allem, wenn der Mörder Janet durch ihre Wohnung jagt). Die schwarzen Lederhandschuhe des Mörders stellen offensichtlich nicht sehr viel mehr dar, als nur eine Anspielung auf den italienischen giallo, wobei es auch schön ist, mal einen Slasher aus dem Jahr 1981 zu sehen, der von der Zensur nicht in Stücke geschnitten wurde. Evil Judgment ist auf jeden Fall einen Blick wert und trotz seiner durchaus auch vorhandenen Mängel ein Slasher-Film, der es verdient hat vor dem Verschwinden in Vergessenheit bewahrt zu werden.

Extras und Besonderheiten:

• Region Free Blu-ray
• Newly scanned & restored in 4K from its 35mm original camera negative
• Commentary track with director/producer/co-writer Claudio Castravelli, production manager/associate producer Pietro L. Serapiglia and co-writer Victor Montesano
• Commentary track with The Hysteria Continues!
The Executioner (18 min) – an interview with director/producer/co-writer Claudio Castravelli
Getting It Done (8 min) – an interview with production manager/associate producer Pietro L. Serapiglia
It’s About Vibes (17 min) – an interview with composer Corky Laing
Canadian Giallo (21 min) – writer and filmmaker Caelum Vatnsdal on Evil Judgment and the influence of the giallo genre on Canadian exploitation cinema
• Reversible sleeve artwork
• English SDH subtitles

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Regisseur: Claudio Castravelli
Besetzung: Pamela Collyer, Jack Langedijk, Walter Massey, Nanette Workman, Roland Nincheri, Suzanne DeLaurentiis
Jahr: 1984
Lauflänge: 93 min
Bild: 1.85:1
Ton: English 1.0 Mono
Program Content © 1984 Taurus 7 Film Corporation, renewed 2022 Vinegar Syndrome LLC.

Die Screenshots stammen von Vinegar Syndrome !!!

Bluntwolf

Bluntwolf ist ein Filmliebhaber aus der goldenen Mitte Deutschlands. Sein Spezialgebiet ist das italienische Kino der 60er bis 80er Jahre, insbesondere Italowestern, Giallo und Polizio. Er ist der Chefredakteur von Nischenkino und gehört dem Redaktionsteam der Spaghetti-Western Database an.

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